Wenn eine Firma seit 120 Jahren besteht, wie die Hermann Hartje KG in Hoya, kann man wahrlich von einem Traditionsunternehmen sprechen. Die bewegte Firmengeschichte begann mit der Gründung 1895 durch Hermann Hartje, den Großvater des heutigen Inhabers mit gleichem Namen.
Am Anfang bestand das Geschäft aus dem Ein- und Verkauf von Fahrrädern und auch erste Eigenmarken wie Weserwoge (1904) oder Prinzenrad gehörten zum Angebot. Weitere Geschäftsfelder taten sich durch die steigende Nutzung von Automobilen und Motorrädern auf wie Fuhrdienst, Reparatur, Tankstelle und Reifendepot. Vom originären Geschäftsfeld des Leder- und Schuhmachereibedarfshandels trennte man sich allerdings noch vor dem zweiten Weltkrieg.
Zwei von vier Söhnen waren damals an strategisch wichtigen Positionen eingesetzt: Wilhelm (Leiter des Auto- und Zweirad-Einzelhandels) und Friedrich (Leiter des späteren Fahrradgroßhandels). 1928 übernahm Friedrich als persönlich haftender Gesellschafter die H. Hartje OHG. Er hatte maßgeblichen Anteil am Ausbau des Unternehmens, speziell des Zweiradgroßhandels. Nach Wiederaufnahme des unternehmerischen Handelns 1948 im Zuge der Währungsreform zählte erneut der Fahrradhandel zur umsatzstärksten Säule, gefolgt vom Handel mit Kfz- und Motorrad-Ersatzteilen.
Mit der Expansion des Unternehmens stieg auch der Platzbedarf, was 1968 zum Umzug innerhalb der Deichstraße führte. Das Stammhaus findet sich heute noch in der Nr. 120 – 122. Mit bereits 50 Mitarbeiter und einem eigenen Fuhrpark wurden die erweiterten deutschen Verkaufsgebiete beliefert.
Generationenwechsel
Hermann Hartje, Sohn von Friedrich Hartje, trat 1969 nach Abitur und Banklehre und Arbeitsaufenthalt im Ausland in das Unternehmen ein. Als gleichberechtigte Komplementäre wandelten beide 1973 die Firma von einer offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft um. Hermann Hartje leitet seitdem die Geschäfte.
In den 1970er Jahren startete der hauseigene Schnelldienst mit täglichen Auslieferungsfahrten für Kunden im regionalen Stammhaus-Umfeld und der persönliche Service im telefonischen Auftragsdienst wurde erweitert. Seit 1978 finden im Stammhaus und in den regionalen Verkaufsbüros teils zwei Mal jährlich eigene Ordermessen statt. Das erste Verkaufsbüro wurde 1987 in Bielefeld eröffnet, 16 sind es aktuell in Deutschland, Österreich, Holland und Dänemark, dazu eine weitere Niederlassung in Potsdam.
Stetiges Wachstum
Das Unternehmen wächst stetig. Am Stammsitz werden seit Mitte der 1990er Jahre Büro- und Lagerflächen laufend um- oder angebaut beziehungsweise neu erschlossen. Hartje liefert von Hoya aus sowohl Fahrräder, Ersatzteile und Zubehör als auch motorisierte Zweiräder an Fachhändler in ganz Deutschland, Benelux, Österreich, Dänemark sowie in die Grenzgebiete weiterer Nachbarländer. Regional stark aufgestellt sieht sich das Unternehmen auch im Bereich Autoteile, Werkstatteinrichtung und Werkzeuge mit einem rund 35.000 Teile starken Vollsortiment. Norddeutsche Autohäuser und Werkstätten werden bis zu drei Mal täglich mit Ware versorgt.
Im Logistikzentrum in der Hertzstraße in Hoya, das 2006 entstand und 2013 logistisch neu strukturiert und erweitert wurde, ist das Räderlager untergebracht mit einer Kapazität von zirka 75.000 Fahrrädern. Auch die dort untergebrachte Hartje Manufaktur profitiert seither von modernen und räumlich deutlich erweiterten Fertigungsstätten. Neben zahlreichen Einzelarbeitsplätzen für die drei Hartje-Manufaktur-Marken wurden zwei zusätzliche Montagebänder für die Serienfertigungen ausgewählter Modelle von Conway, Victoria oder Isy installiert. Aktuell bietet Hartje 14 Fahrradmarken an, inklusive der Eigenmarken Contoura, Hartje und Excelsior sowie die Faltradmarke Tern.
Eine außerordentlich positive Entwicklung beschreibt Hartje auch für den Geschäftsbereich Fahrradteile. Mit Contec wurde erfolgreich eine Eigenmarke aufgebaut, für die unter anderem ein eigenes SB-Wandsystem angeboten wird. Unter dem Label Quality Brands werden High-End-Marken sowohl exklusiv wie auch semi-exklusiv vertrieben.
Modernität und Werte
Insgesamt beschäftigt die Hermann Hartje KG nach eigenen Angaben heute rund 550 Mitarbeiter und 100 Saisonarbeitskräfte am Stammsitz in Hoya und rund 250 Mitarbeiter in den Verkaufsbüros. Der Nachwuchs wird selbst ausgebildet; in jedem Jahr werden zwischen 5 und 10 Auszubildende neu eingestellt, neuerdings auch im Berufsbild Zweirad-Mechatroniker.
Angesichts der dynamischen Entwicklung des Traditionsunternehmens besonders in den letzten zehn Jahren ist es Inhaber Hermann Hartje wichtig, seine Maxime deutlich zu machen: »Unser Bestreben ist es, neben aller Technisierung in der von Computern geprägten Zeit an wertvollen traditionellen Werten festzuhalten. Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und nicht zuletzt der faire und persönliche Umgang mit unseren Geschäftspartnern gehören unverrückbar zu unserer Firmenphilosophie für die meine Mitarbeiter und ich jeden Tag aufs Neue stehen. Tägliche Telefonkontakte, Betreuung durch insgesamt über 90 Außendienstmitarbeiter und nicht zuletzt die Warenlieferungen mit eigenen Mitarbeitern sind in der heutigen Zeit von unschätzbarem Wert.«
Seit Oktober 2014 ist Dirk Zwick Mitglied der Geschäftsleitung. Er sieht bei Hartje die Entwicklung zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen: »Mit unseren Service-Partnerschaften für SRAM, Rock Shox, Avid, 3T, Crankbrothers, Fallbrook und Tektro unterstreichen wir die Kompetenz und Leistungsfähigkeit als Partner des Fachhandels, den wir von Beratung, Verkauf und Lieferung bis hin zu Wartung und Reklamation umfassend betreuen.«
Auch zukünftig werde die Hermann Hartje KG als Traditionsunternehmen nachhaltig weitergeführt werden, heißt es aus Hoya. »Das Firmencredo war und wird stets an den Eckpfeilern Kontinuität, Partnerschaftlichkeit und der Offenheit für Neuerungen orientiert sein.«
Fotos: Hartje