Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Unfallzahlen 2018 und deren Anstieg belegen, dass sich die Verkehrssicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer weiter verschlechtert hat. Fakt ist, dass die Zahl der getöteten Radfahrer gegenüber jenen im Autoverkehr drastisch angestiegen ist. Somit kritisiert der Fahrradclub ADFC nicht nur das schleppende Tempo beim Radwegebau, sondern fordert ein bundesweites Investitionsprogramm für geschützte Radwege und Kreuzungen.
Weitere Fakten: 17 Prozent mehr Tote, 11 Prozent mehr Verletzte und 4 Prozent mehr verunglückte Kinder. 88.850 Radfahrerinnen und Radfahrer verunglückten 2018 auf deutschen Straßen – das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Unter den Unfallopfern waren auch 10.225 Kinder – das entspricht einem Plus von fast 4 Prozent. 445 Radfahrende kamen 2018 zu Tode, das sind fast 17 Prozent mehr als 2017. Unter den Getöteten waren 21 Kinder, sechs von ihnen starben durch rechtsabbiegende LKW.
»Es ist bedrückend: Täglich stirbt mindestens eine Radfahrerin oder ein Radfahrer auf unseren Straßen und alle halbe Stunde wird eine Person auf dem Rad schwer verletzt. Tendenz steigend, nicht fallend, wie politisch gewünscht. Die oft gehörte Unterstellung, Radfahrende seien an ihrem Unglück selbst schuld, ist zynisch und greift zu kurz. Fakt ist: Hauptunfallgegner ist das Auto, Hauptschuldige sind bei den Kollisionen die Autofahrenden, und die gefährlichsten Orte sind fahrradfeindlich gestaltete Kreuzungen und Einmündungen. Der wahre Grund aber ist unser für den Autoverkehr optimiertes Verkehrssystem, in dem der Radverkehr keinen eigenen, sicheren Raum bekommt. Wir brauchen endlich eine Umgestaltung der Städte, mit durchgängigen, sicheren Radwegen und geschützten Kreuzungen, wie sie in den Niederlanden und Nordamerika bereits gebaut werden! Bisher investiert Deutschland nur Peanuts in den Radverkehr. Wir brauchen endlich Pro-Kopf-Investitionen von mindestens 30 Euro um Deutschland sicher für Radfahrerinnen und Radfahrer zu machen!«, erklärt ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork.
Nach Einschätzung seines Verbands wird sich die Unfallsituation beim Zweiradverkehr im aktuellen Jahr sogar noch weiter verschlechtern. Warum? Weil der Radverkehr in den Städten zunimmt. Dabei wollen immer mehr Menschen Alternativen zum Auto. Gleichzeitig wird es laut ADFC durch die kürzlich zugelassenen E-Stepscooter auf den ohnehin schon unterdimensionierten Radwegen immer enger und gefährlicher. Dazu Stork: »Es ist unverantwortlich, immer mehr Fahrzeuge auf erbärmliche Radwege zu lassen, ohne die Infrastruktur dem gewachsenen Bedarf anzupassen!«
Etwa zwei Drittel aller Fahrradunfälle sind Kollisionen mit Autos. Hauptschuld trägt in den allermeisten Fällen (75 Prozent) der Autofahrer bzw. die Autofahrerin. Bei knapp 20 Prozent der polizeilich erfassten Unfälle ist kein Unfallgegner im Spiel. Bei diesen sogenannten Alleinunfällen kommen Radfahrende oftmals durch mangelhafte Infrastruktur – also Schlaglöcher, Baumwurzelaufbrüche, Abbruchkanten oder Hindernisse auf dem Radweg zu Fall.
Die häufigste Unfallkonstellation für Radfahrende sind Kollisionen mit Kraftfahrzeugen beim Einbiegen, Kreuzen oder Abbiegen. Daher fordert der ADFC, beim Ausbau der Radinfrastruktur besonderes Augenmerk auf Kreuzungen und Einmündungen zu legen: »Wir brauchen aufgeräumte Kreuzungen mit guten Sichtbeziehungen – nicht parkende Autos überall. Wir brauchen separate Radwege auf allen Straßen über Tempo 30, damit auch Kinder, Senioren und Neueinsteiger auf dem Rad sicher fahren können. Wir brauchen getrennte Grünphasen für Geradeausverkehr und Abbieger, damit Rad und Auto sich nicht ständig in die Quere kommen. Sicheren Radverkehr schafft man nicht durch Appelle, sondern nur mit besserer Infrastruktur!«
Text: Jo Beckendorff/ADFC, Foto: ADFC