AGFK-BW kritisiert die StVO-Novelle als zu zaghaft

Die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW), ein Netzwerk von fast 80 Städten, Landkreisen und Gemeinden, hätte sich weitergehende Änderungen in der kürzlich beschlossenen StVO-Novelle vorstellen können und bezeichnet die jetzt geltenden Regelungen als zu zaghaft und nur als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.

»Die Bundespolitik hat die Chance verpasst, die Kommunen durch einen klaren und mutigen gesetzlichen Rahmen bei der Förderung von Rad- und Fußverkehr zu unterstützen«, resümiert der AGFK-Vorstandsvorsitzende Günter Riemer.
Die Straßenverkehrsordnung sei traditionell sehr auf die Bedürfnisse des Autoverkehrs ausgerichtet, so Riemer. Daher begrüße die AGFK-BW die nun beschlossenen Verbesserungen für den Radverkehr, wie zum Beispiel ein rigoroses Halteverbot auf Schutzstreifen oder den Mindestabstand beim Überholen von Radfahrenden. Viele wichtige Themen würden jedoch ausgespart. Statt sich in zahlreichen Einzelmaßnahmen zu verlieren, plädiert die Arbeitsgemeinschaft für einen stimmigen und für die Kommunen einfach zu kommunizierenden Gesamtrahmen. »Statt für die Kommunen schwierig umzusetzende Fahrradzonen einzuführen, würden Städte und Gemeinden enorm davon profitieren, wenn Tempo 30 innerorts zum Standard würde«, sagt Riemer. »Damit würde die Flächenkonkurrenz zwischen den Verkehrsteilnehmern aufgehoben und alle könnten gleichberechtigt und sicher auf den Straßenfahrbahnen unterwegs sein.«

Kritik an Kreuzungsregelungen

Obwohl die meisten schweren Unfälle beim Abbiegen passieren und die Beteiligung von Lkw dabei eine große Rolle spielt, bleibe die Gesetzesnovelle in diesem Punkt eher zurückhaltend: Das Parken im Kreuzungsbereich, das häufig die direkte Sichtverbindung zwischen Fahrzeugführern sowie Radfahrenden und Zu-Fuß-Gehenden verhindert, sei nicht ausreichend geregelt worden. Die in der StVO-Novelle eingeführte Regelung sei für Kommunen in der Umsetzung kompliziert und ignoriere, dass auch Fußgänger von abbiegenden Fahrzeugen gefährdet werden. Hier fordert die AGFK-BW ein generelles Parkverbot im Abstand von 10 Metern zur Abbiegestelle oder Kreuzung.
Ebenso sei der Bund auch der Forderung nach einem Fahrverbot innerorts für Lkw ohne Abbiegeassistenten nicht nachgekommen. Stattdessen müssen Fahrzeuge über 3,5 Tonnen beim Rechtsabbiegen innerorts zukünftig Schrittgeschwindigkeit einhalten. Nach Ansicht der AGFK-BW sei dies nur eine von vielen Änderungen der Novelle, die an Klarheit und Konsequenz vermissen lassen und es den Kommunen schwer machen, Verstöße rigoros zu ahnden.
Auch bei dem Grünpfeil, der auch für Radfahrer eingesetzt wird und Vorteile durch verkürzte Wartezeiten bringt, sieht man mögliche Konflikte mit den Fußverkehr. Dies müsse bei der Planung bedacht und berücksichtigt werden.

Interpretationsspielraum beim Überholabstand

»Wir begrüßen es sehr, dass der in der Rechtsprechung längst durchgesetzte Überholabstand für Radfahrende durch die StVO-Novelle jetzt auch offiziell auf jeweils mindestens 1,50 Meter innerorts und 2 Meter außerorts festgeschrieben wird«, sagt der AGFK-Vorstandsvorsitzende Günter Riemer. Allerdings lasse die Novelle Interpretationsspielraum, ob der Überholabstand bei Schutzstreifen und Radfahrstreifen überhaupt gilt.
Die AGFK-BW hofft deshalb auf die baldige Veröffentlichung einer Verwaltungsvorschrift, die den Kommunen eindeutige Erläuterungen zu den neuen Regelungen an die Hand gibt. Zur Vermittlung der neuen Gesetzeslage wünscht sich die Arbeitsgemeinschaft eine breit angelegte Informationskampagne auf Bundesebene.
www.agfk-bw.de
Foto: Stadt Mühlacker
 

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