In der aktuellen RadMarkt-Ausgabe 5/2020 sind wir bereits auf das vom Corona-Virus profitierende Indoorcycling-Geschäft eingegangen. Vor allem in Zeiten von Ausgangssperren war das Daheim-Radeln extrem angesagt. Einer der größten Profiteure des virtuellen Indoor-Sportbooms ist der erst seit September 2019 an der Börse notierte Spinning-Bike-Anbieter Peloton Interactive Inc. Die diese Woche vorgelegten Verkaufszahlen des dritten Verkaufsquartals des Geschäftsjahres 2019/2020 (endet am 30.6.2020) belegen, dass sich der erst 2012 gegründete Anbieter jetzt schon zu einer international führenden interaktiven Fitness-Plattform entwickelt hat, der mittlerweile weitaus mehr bietet als sein »virtuelles Luxus-Spinning-Bike mit Touch-Screen«.
Nach dem Börsengang im September 2019 sackte der Peloton-Aktienkurs erst einmal ab. Mit Einsetzen des Winters stieg aber auch die Nachfrage nach Indoor-Aktivität. So kletterte der Kurs auf ein Jahreshoch, konnte sich dann aber auch nicht so richtig entscheiden, bevor er dann Ende Januar – mit den ersten Frühlings- und Outdoor-Gefühlen seiner Sportgemeinde im Rücken, langsam wieder unter den Wert seines Börsengangs sackte. Dann aber kam Corona. Seit Mitte März kennt die Peleton-Aktie nur eine Richtung – und die geht nach oben.
Home-Fitness in der virtuellen Gruppe
Fakt ist: Ohne Corona-Pandemie wären die Fitness-Studios dieser Welt geöffnet gewesen. Weil sie aber auch vom Lock-Down betroffen waren, wichen viele Sportler auf das virtuelle Komplettpaket des Newcomers aus. Das besteht mittlerweile dank oben genannten Spinning-Bikes, dem Laufbänder und diverse anderen Workouts folgten und die alle in Verbindung mit dem Einsatz modernster Technologien stehen, aus einem virtuellen Rundum-Studioerlebnis in den eigenen vier Wänden.
Livestream-Hype
Mit einer Peloton-Mitgliedschaft erhalten Konsumenten direkten Zugang zu einer Vielzahl von Live- und On-Demand-Kursen unterschiedlicher Länge und Intensität. Eigenen Angaben zufolge bietet das Unternehmen täglich nahezu 50 unterschiedliche Kurse, an denen Konsumenten via Livestream aus dem Wohnzimmer heraus teilnehmen. In Corona-Zeiten haben hier und dort (wohl auch durch die Fernsehwerbung gepuscht) auch schon einmal über 10.000 Personen weltweit an einigen Livestreams teilgenommen.
Studios dicht, Home-Studios offen
So erklärt auch Peloton-Mitbegründer und -CEO John Foley, dass man während der Covid-19-Krise eine beträchtliche Anzahl von Veränderungen im Unternehmen vorgenommen habe: »Unsere Mitarbeiter in unseren Firmenzentralen in New York City und London haben unglaubliche Stärke und Flexibilität gezeigt, als sie sich fast über Nacht an eine 100-prozentige Heimarbeitsumgebung anpassten. Obwohl wir unsere 97 globalen Studios am 16. März geschlossen haben, sind unsere E-Commerce- und internen Vertriebskanäle offen geblieben, sodass wir unsere Connected-Fitnessprodukte auch in einer Zeit, in der sie vielleicht am dringendsten benötigt werden, weiterhin verkaufen können. Da unsere Studios voraussichtlich noch einige Wochen geschlossen bleiben werden, helfen unsere Einzelhandels-Verkaufsspezialisten in dieser Zeit anderen Bereichen unseres Unternehmens, die zusätzliche Unterstützung benötigen. Wir zahlen weiterhin die vollen Gehälter und Sozialleistungen für alle unsere Mitarbeiter und leisten alle Mietzahlungen an unseren Einzelhandels- und Studiostandorten.«
Dank Corona: Pelotons Connected Fitness-Abostamm wächst
Dank der Corona-Pandemie ist auch der weltweite Abonnentenstamm im Peloton-Bereich Connected Fitness im dritten Verkaufsquartal deutlich gestiegen: »Unser Wachstum wurde durch die steigende Nachfrage nach unseren Produkten unterstützt, die durch die außergewöhnlichen Umstände, denen sich unsere globale Gemeinschaft mit der Covid-19-Krise gegenübersah, ausgelöst wurde.«
Umsatzwachstum 01-03/2020: 66 Prozent
Heißt auch, dass der Gesamtumsatz in den Monaten Januar bis März 2020 auf 524,6 Millionen US$ (485,84 Millionen Euro) hochgespurtet ist. Im Vergleich zum dritten Verkaufsquartal des vorherigen Geschäftsjahres 2018/2019 ist das ein Plus von 66 Prozent: »Der Umsatz mit an uns angeschlossenen Fitnessprodukten betrug 420,2 Millionen US$ (389,16 Millionen Euro), was einem Wachstum von 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einem Anteil von 80 Prozent am oben genannten Gesamtumsatz entspricht.
Abo-Umsatz
Die Abonnement-Einnahmen beliefen sich im dritten Verkaufsquartal auf 98,2 Millionen US$ (90,94 Millionen Euro) – was einem Wachstum von 92 Prozent im vergleichbaren Jahreszeitraums sowie einem Anteil von 19 Prozent am eingefahrenen Gesamtumsatzes entspricht: »Der Anstieg der Abonnementseinnahmen war das Ergebnis eines starken Wachstums unseres Abonnentenstamms im Bereich Connected Fitness, der bis zum Ende des dritten Quartals bei über 886.100 lag.« Das entspricht im Vergleich zu Januar bis März 2019 einem Wachstum von 94 Prozent.
Zum Engagement der Mitglieder im dritten Verkaufsquartal weiß Peloton folgendes zu berichten: jeder angeschlossene Fitness-Abonnent nahm durchschnittlichen an 17,7 monatlichen Trainingseinheiten im Monat teil (01-03/2019: 13,9 Trainingseinheiten): »Unsere Connected Fitness-Abonnenten trainierten 44,2 Millionen Mal mit uns, gegenüber 18,0 Millionen Trainings im Vorjahreszeitraum, was im Jahresvergleich einem Zuwachs von 145 Prozent entspricht. Darüber hinaus schlossen wir das Quartal mit 176.600 zahlenden Digital-Abonnenten ab, was einem Zuwachs von 64 Prozent entspricht.«
Bekleidungs-Umsatz
Der sonstige Umsatz besteht in erster Linie aus dem Verkauf von Bekleidung der Marke Peloton. Er belief sich im dritten Verkaufsquartal auf 6,1 Millionen US$ (5,65 Millionen Euro, plus 53 Prozent): »Das Wachstum des Bekleidungsumsatzes wurde erheblich durch die Rabatte in unserem Empfehlungsprogramm ausgeglichen, das dazu beiträgt, Kaufempfehlungen für Fitnessprodukte durch Mund-zu-Mund-Propaganda von unserem wachsenden Mitgliederstamm zu erhalten.«
Verdoppelter Bruttogewinn, aber weiter Nettoverlust
Der Bruttogewinn belief sich im dritten Quartal auf 245,8 Millionen US-Dollar (227,69 Millionen Euro), was einem Wachstum von 104 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Allerdings sind die operativen Ausgaben inklusive Marketingausgaben in Höhe von 304,2 Millionen US$ (281,81 Millionen Euro) immer noch sehr hoch. Immerhin liegen sie bei einem 58,1 Prozent-Anteil vom Gesamtumsatz! Somit weist Peleton für sein drittes Verkaufsquartal einen Nettoverlust von 55,6 Millionen US$ aus (51,52 Millionen Euro – 01-03/2019: 38,6 Millionen US$ = 35,77 Millionen Euro Verlust).
Trotzdem will der Newcomer weiterhin bedeutende Investitionen in seine Fitness-Plattform stecken: »Wir beendeten das dritte Quartal mit 1,4 Milliarden US$ (1,3 Milliarden Euro) an liquiden Mitteln und Investitionen in marktgängige Wertpapiere, verglichen mit 439,3 Millionen US$ (407,18 Millionen Euro) im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Wir verfügen über zusätzliche Liquidität in Form einer revolvierenden Kreditfazilität in Höhe von 250,0 Millionen US$ (231,72 Millionen Euro), die bis heute nicht in Anspruch genommen wurde. Bis zum dritten Quartal betrug der Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft für das laufende Geschäftsjahr 49,1 Millionen US$ (45,22 Millionen Euro). Die Investitionsausgaben beliefen sich auf 110,1 Millionen US$ (102,08 Millionen Euro) – wovon der Großteil mit dem weiteren Ausbau unserer neuen Peloton-Studios in New York City und London, unserem Hauptsitz in New York City und neuen Ausstellungsräumen zusammenhängt.«
Prognose für das vierte Verkaufsquartal 2019/2020
Für das vierte Verkaufsquartal des laufenden Geschäftsjahres 2019/2020 erwarten die US-Amerikaner »eine erhebliche Senkung der Vertriebs- und Marketingausgaben aufgrund geringerer Werbeausgaben bei gestiegenen Verkaufszahlen, die teilweise ausgeglichen werden«. Heißt wohl auch, dass die oben genannten Investitionen erst im neuen Geschäftsjahr 2020/2021 getätigt werden.:
Prognose für das Geschäfts-Gesamtjahr 2019/2020
Alles in allem will man das bis 30. Juni 2020 laufende Geschäftsjahr 2019/2020 mit einem Connected Fitness-Abonnentenstamm »zwischen 1,04 Millionen bis 1,05 Millionen« beenden – was einem Wachstum von 104 Prozent (also etwas mehr als einer Verdoppelung) entspräche. Bei den Gesamteinnahmen geht man von einem Wert zwischen 1,72 und 1,74 Milliarden US$ (1,50 und 1,61 Milliarden Euro) aus (plus 89 Prozent).
Text: Jo Beckendorff, Fotos und Tabellen: Peloton Interactive