Im März 2017 wurde die Werkstatt der Initiative »Fahrräder bewegen Bielefeld« mit Hilfe von Spenden weiter aufgemöbelt. Die neue Werkbank mit drei Zentrierständern wurde von den Möller-Werken gestiftet und ist jetzt das Schmuckstück der Werkstatt. Unter Anleitung des hier ehrenamtlich tätigen Zweiradmechanikers Felix Drasdo erlernen Geflüchtete das Einspeichen und Zentrieren von Laufrädern.
Das Faszinierende an dem Engagement der Initiative »Fahrräder bewegen Bielefeld« sind die vielfältigen Auswirkungen, von der Mobilität der Geflüchteten und anderen Bedürftigen über den Beitrag zur Integration bis zu einer möglichen Gewinnung von Fachkräften. Deswegen hat diese Initiative, die ja nur im Raum Bielefeld wirkt, gleichwohl Vorbildcharakter für andere lokale Engagements.
Am Anfang stand sicherlich das Bestreben aktiver Bielefelder Bürger, den Menschen den Einstieg zu erleichtern, die sich aus Kriegsgebieten bis hierhin durchgeschlagen haben und zunächst vor dem Nichts stehen. In Bielefeld waren es Angelika Wilmsmeier und Stefan Mielke, die den Verein »Fahrräder bewegen Bielefeld« aus der Taufe hoben. Ihnen dürfte nicht von Beginn an klar gewesen sein, welche Verzweigungen sich aus ihren Aktivitäten entwickeln würden.
Ursprünglich ging es darum, Fahrräder zu spenden, um die Geflüchteten mobil zu machen. Natürlich verbanden viele Bielefelder Bürger ihren Wunsch, einen Beitrag zu leisten, mit der willkommenen Gelegenheit, Platz im Keller zu schaffen. Die gespendeten Fahrräder waren also in einem sehr uneinheitlichen Zustand. Das war die Geburtsstunde einer eigenen Fahrradwerkstatt, in denen heute die Zweiradmechaniker Felix Draso und Kasimir Kohlhage die Instandsetzung von Fahrrädern beaufsichtigen und unterstützen. Die Arbeiten werden von Geflüchteten durchgeführt, die von den Profis angeleitet werden, die auch die Endabnahme vornehmen.
Nachdem die Flüchtlingswelle abebbte, wandte sich der Verein weiteren Gruppen von Bedürftigen zu. Über Grundschulen werden vor allem Kinder mit Fahrrädern ausgestattet, deren Eltern ihnen keines kaufen können. Diese Kinder sollen dann mit dem Fahrrad zur Schule und zu anderen Aktivitäten fahren. Es wird auch darauf geachtet, dass die übergebenen Fahrräder nicht verkauft werden.
Mobilität und Arbeit sind die Themen, die sich bei diesem Engagement verknüpfen. Denn die Geflüchteten, die in dieser Werkstatt unterwiesen werden, sollen an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden; sie stellen auch ein Potential dar für die Stellenbesetzung in Fahrradgeschäften. Sie bringen nämlich ein Grundwissen und eine Affinität zum Fahrrad mit, sind also prädestiniert für eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker oder Fahrradmonteur, den beiden aktuellen Berufsbildern. Angesichts des Fachkräftemangels bilden die Geflüchteten ein interessantes Reservoir, denn sie bringen oft gute Grundfertigkeiten und eine hohe Belastbarkeit und Ausdauer mit.
Ein typisches Beispiel dafür ist Fazin Ahmadi, der aus dem Iran nach Bielefeld kam, weil er als Christ in seiner Heimat erheblichen Repressalien ausgesetzt war. Da er schon viele Jahre als Ingenieur gearbeitet hat, fand er rasch in die Fahrradtechnik hinein. Seine Vorbildung hindert ihn nicht daran, wieder von vorn anzufangen; deswegen würde er sich freuen, eine Ausbildungsstelle zu bekommen.
fbb-ev.org
Text/Fotos: Michael Bollschweiler