Ein halbes Jahr zuvor war die Porsche AG mit einem Anteil von 20 Prozent bei Fazua eingestiegen. Der Stuttgarter Sportwagenhersteller übernahm den Ottobrunner Hersteller später komplett in seine neu gegründete Porsche Ebike Performance GmbH.
Porsche Ebike Performance hat nun seit über zwei Jahren die Federführung und plant, 2026 den ersten Pedelec-Antrieb unter der Marke Porsche auf den Markt zu bringen. Fazua wird aber als eigenständige Antriebsmarke parallel weiter existieren.
Neuartige Antriebsidee
Die ursprüngliche Idee hatte Mitgründer Johannes Biechele 2011 im Rahmen eines Hochschulprojekts. Es ging um ein formschönes, minimalistisches Antriebssystem. Motor und Akku sind in einem schlanken Paket vereint, das sich unauffällig ins Unterrohr integrieren lässt und mit seiner Verbrauchseffizienz und geringen Geräuschentwicklung den Nerv der Hersteller von sportlichen Elektrorädern, insbesondere E-Mountainbikes, traf. Zudem bestach das Evation-System durch die Möglichkeit, die komplette Antriebseinheit (Drive Pack) abzunehmen und so mit wenigen Handgriffen ein unmotorisiertes Fahrrad daraus zu machen. Große Marken wie Cube oder Focus waren schnell dabei; die ersten Auslieferungen erfolgten 2017. So wurde Fazua zum Pionier des neuen Segments der leichten E-Bikes.
Vom Ride 50 bis heute
Mit dem Umzug an den heutigen Standort in Ottobrunn bei München und der weiteren Professionalisierung wuchs die Zahl der OEM-Kunden. Zudem wurden die Evation-Antriebe vermehrt in urbanen Modellen eingesetzt, da hier neben der schlanken Optik die Transportmöglichkeit wichtig war. 2021 folgte mit Ride 50 Trail (und Street) die Weiterentwicklung: mehr Leistung bei noch weniger Gewicht. Im Frühjahr 2022 folgte die Markteinführung des Ride 60, das in puncto Gewicht, Integration und intuitiver Bedienung erneut Maßstäbe setzte. Nur 4,26 Kilogramm wogen Motor, Batterie sowie die integrierte Sensorik – bei nunmehr 60 Newtonmetern Drehmoment.
Das natürliche Fahrgefühl bei herausragender Energieeffizienz und angenehmer Geräuschkulisse sorgt bislang noch für ein gewisses Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt der leichten Modelle. Kürzlich kündigte Porsche an, ab 2025 neben Fazua Energy 430 eine neue Batterieoption mit 480 Wattstunden sowie eine alternative Lenkerfernbedienung fürs Ride 60 System anzubieten.
Produktion vor Ort
Einige Montageschritte wurden inzwischen im Sinne der Qualitätssicherung teilautomatisiert. Ein umfassendes ESD-Konzept (Electro Static Discharge), das spezielle Arbeitskleidung, Arbeitsplatzeinrichtungen und Bodenbeläge umfasst, verhindert Schäden durch elektrostatische Entladungen. Darüber hinaus wurde ein neues Prüfkonzept in der Fertigung umgesetzt: Jedes Produkt durchläuft eine End of Line-Prüfung. Derzeit können pro Schicht rund 200 Antriebseinheiten gefertigt werden.
Ein unscheinbarer Prüfstand wird durch eine Software der Porsche-Tochter MHP auf ein neues Niveau gehoben. Sie wertet die Daten von Körperschallmessungen mit Hilfe künstlicher Intelligenz aus und kann frühzeitig Abweichungen vom Sollwert in der Antriebseinheit erkennen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen auch in die Entwicklung des Porsche-Motors einfließen.
Kapazitätsgrenzen und Personalzuwachs
Die Remotes zum Ride 60 werden ebenfalls vor Ort hergestellt. Die Batterien werden extern gelagert. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter ist seit der Übernahme durch Porsche von knapp 140 auf über 270 gestiegen. Die in der Produktion Beschäftigten kommen aus knapp 15 Nationen, der Frauenanteil liegt zwischen 35 und 40 Prozent.
Rechnet man den kroatischen Standort der Porsche Ebike Performance Group, den ehemaligen Fahrradhersteller Greyp, mit seiner bereitgestellten Technologiebasis hinzu, ist die Gesamtzahl der Mitarbeiter von rund 250 auf heute knapp 400 gestiegen.
Test- und Prüfstände
Im Prototypenbereich gewinnen die Versuchsingenieure wichtige Erkenntnisse über neu eingebaute Teile, bevor sie in Serie gehen. Nächste Station ist eine Kabine für Akustiktests, damit die Antriebseinheit so leise wie möglich ist. Da die Akustik des Ride 60 bei unterschiedlichen Rahmenkonstruktionen variiert, werden oft komplette Räder in die Kabine genommen.
Auf den im Frühjahr 2024 angeschafften Dauerlaufprüfständen werden Lebenszyklen komprimiert auf drei Monate durchlaufen. Dabei werden die Motoren extremen Bedingungen wie Kälte, Hitze, Nässe oder Wind ausgesetzt.
www.fazua.com
www.porsche-ebike-performance.com
Text: Tobias Jochims
Fotos: Fazua
Die Kommunikation mit Fazuas Ride 60 erfolgt via Smartphone-App. Das Update 2.2 bietet auch erweiterte Statistik-Funktionen.
Mit dem im Frühjahr 2022 eingeführten Motor Ride 60 setzt Fazua auf niedriges Gewicht, Integration sowie intuitive Bedienung.