Leider kein Aprilscherz: gestern (1. April) hat der seit Ende 2018 unter dem Dach von Signa Retail und deren Tochter Signa Department Store Group gehörende deutsche Warenhaus-Zusammenschluss Galeria Karstadt Kaufhof beim zuständigen Amtsgericht Essen einen Antrag auf Einleitung einer Insolvenz im Schutzschirmverfahren gestellt. Auch davon betroffen: die Tochtergesellschaft Sportfilialist Karstadt Sports.
Seit 18. März sind auf behördliche Anordnung hin auch sämtliche Warenhäuser des Anbieters geschlossen. Seitdem verliert Galeria Karstadt Kaufhof eigenen Angaben zufolge »jede Woche mehr als 80 Millionen Euro Umsatz, während wesentliche Kosten weiterlaufen. Bis Ende April wird sich der Umsatzausfall auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summieren«.
Nach Zusammenschluss und vor Corona auf einem guten Weg
Laut Galeria Karstadt Kaufhof-CFO Miguel Müllenbach war die Sanierung und Zusammenführung der Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof vor der Corona-Krise auf einem sehr guten Weg: »Wir haben uns dieser historischen Aufgabe gestellt und sehr hart daran gearbeitet, dem Warenhaus in der deutschen Innenstadt eine langfristige Zukunft zu geben. Digitalisierung, moderne Logistik, Cross-Channel, neue Sortimentsformate – auf vielen Feldern haben wir in wenigen Monaten enorme Fortschritte erzielt. Unser Unternehmen war durch die Beiträge unseres Gesellschafters de facto schuldenfrei, die eingeleiteten Maßnahmen zeigten Wirkung. Das Unternehmen hatte sich durch den Zusammenschluss von Karstadt und Galeria Kaufhof zukunftsfähig neu konstituiert. Für das laufende Geschäftsjahr rechneten wir wieder mit einem Ebitda von mehr als 100 Millionen Euro. Nun tun wir unter dem Schutzschirm alles dafür, dass wir diesen Weg weitergehen können. Das werden wir auch schaffen!« Daher sei das Schutzschirmverfahren der richtige Schritt in die Zukunft – »aus Verantwortung für das Unternehmen, seine Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und auch für die deutschen Innenstädte.«
Staatliche Hilfen: Knackpunkt Langwierigkeit
Eine Insolvenz im Schutzschirmverfahren verbindet die vorläufige Eigenverwaltung mit dem Ziel des Unternehmens, einen frühzeitigen Insolvenzplan zur Sanierung vorzulegen. Mit diesem Schritt will die Unternehmensleitung das Unternehmen schützen. Die derzeitige Notlage sei »auf die harten wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise für den innerstädtischen Non-Food-Handel« zurückzuführen. Zudem habe die laut Galeria Karstadt Kaufhof »langwierige Umsetzung staatlicher Hilfe über die Hausbank« diesen Schritt notwendig gemacht.
Die bestehende Geschäftsführung behält im Rahmen des Schutzschirmverfahrens die Kontrolle. Sie wird dabei durch den erfahrenen Restrukturierungsexperten Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigter unterstützt. Außerdem hat das Gericht dem Antrag des Unternehmens auf Einsetzung des Sachwalters Dr. Frank Kebekus entsprochen.
Ziel des Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung ist jetzt »die Nutzung bestehender rechtlicher Möglichkeiten, um die behördlich angeordneten Filialschließungen und die damit verbundenen hohen Umsatzausfälle ohne eine massive Neuverschuldung zu bewältigen«.
Mutter Signa investiert weitere Millionen
Zur Neuausrichtung des innerstädtischen Warenhaus-Zusammenschlusses Galeria Karstadt Kaufhof hatte Gesellschafter Signa bereits in den letzten Monaten bereits mehr als 500 Millionen Euro investiert. Zusätzlich hat Signa in dieser Woche und eigenen Angaben zufolge »zur Unterstützung des Unternehmens noch einmal weitere 140 Millionen Euro überwiesen«. Im Schutzschirmverfahren will die langjährige Geschäftsführung die Restrukturierung fortsetzen und das Unternehmen zukunftsfähig neu aufstellen.
Dazu noch einmal Müllenbach: »Wir haben uns ab dem ersten Tag des Shut-Down mit aller Kraft auch um die versprochene staatliche Hilfe bemüht. Wir wertschätzen die Zusagen der Politik für Unternehmen in dieser historischen Krise sehr, sie sind unverzichtbar. In der Umsetzung der staatlichen Garantien kommt jedoch den Geschäftsbanken die entscheidende Rolle zu. Dieser Prozess ist sehr bürokratisch, kostet wertvolle Zeit, ist mit zusätzlichen Hürden verbunden – und hat deshalb einen ungewissen Ausgang. Dies zeigten die Gespräche mit unserer langjährigen Hausbank. Auf eine Lösung können wir aber nicht noch weitere Wochen der Krise warten, sondern müssen jetzt handeln.« Wichtig: der Gesellschafter Signa werde weiter wie bisher zu seiner Verantwortung stehen und zusätzliche Beträge in dreistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellen.
Es geht auch um mehr als 28.000 Arbeitsplätze
Um einmal die Dimension dieses Unternehmens klar zu stellen: die »deutsche Warenhaus AG“ inklusive Sportfilialist Karstadt Sports beschäftigt mehr als 28.000 Mitarbeiter. Und es geht hier nicht nur um deren Arbeitsplätze, sondern auch um zahllose weitere Arbeitsplätze bei langjährigen Lieferanten, Dienstleistern und Partnern.
Übrigens: der seit letztem Jahr ebenfalls zur Signa Department Store Group gehörende Sportfilialist Sport Scheck ist nicht von dieser Insolvenz im Schutzschirmverfahren betroffen.
Text: Jo Beckendorff, Foto: Karstadt Sports