Die in der Corona-Krise von führenden Köpfe aus mittelständischen Fahrrad-Handelsunternehmen ehrenamtlich als Wissens-Plattform gegründete Pro-Bono-Initiative »Händler helfen Händlern« hat gestern (31. Mai) offiziell Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Novelle des Infektionsschutzgesetzes – der sogenannten »bundeseinheitlichen Notbremse« – eingereicht. Dabei geht es weniger um den zurückliegenden Umgang der Geschäftspolitik in der Corona-Pandemie, sondern eher um den zukünftigen Umgang mit anderen Infektionskrankheiten und der damit verbundenen Geschäftspolitik »für Händlern, Gastronomen oder Kulturtreibenden«.
Vertreten durch zehn Beschwerdeführer – darunter neben Rose Bikes auch Handelsunternehmen wie Engelhorn, Ernsting‘s family, Tom Tailor sowie der sportliche Einkaufsverband Intersport – hat die Initiative in Zusammenarbeit mit der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek und dem Verfassungsrechtler Prof. Dr. Josef Franz Lindner von der Universität Augsburg die Anträge verfasst und gestellt.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde greift die Händlergruppe im Wesentlichen den § 28b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 IfSG an. Hierbei handelt es sich um die sogenannte »bundeseinheitliche Notbremse«.
Diese regelt, dass »die Öffnung von Ladengeschäften und Märkten mit Kundenverkehr für Handelsangebote bei Überschreitung der Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen untersagt ist«.
Die Beschwerdeführer sehen sich durch dieses Gesetz unmittelbar in ihren Grundrechten verletzt und berufen sich vorrangig auf eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG), eine Verletzung des Eigentumsrechts (Art. 14 GG) und eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 I GG).
»Der Schutz des Lebens und der Gesundheit des einzelnen hat oberste Priorität. Und die Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeiter stellen wir über jede Öffnungsabsicht – ganz egal, wie hart auch die wirtschaftliche Situation im Handel gerade ist«, erklärt Rose Bikes-CEO Marcus Diekmann in seiner Rolle als Initiator von »Händler helfen Händlern.«
Laut Intersport Deutschland-CEO Alexander v. Preen habe man allerdings bewusst von einem Beschwerde-Eilantrag abgesehen: »Mit unserer Initiative wollen wir nicht in einen Topf geworfen werden mit den vielen anderen Eilanträgen aus dem Handelsumfeld, die allzu forsch auf Wiederöffnung geklagt haben. Wie im Vorfeld angekündigt ist unser Anliegen vielmehr, auf die handwerklichen und damit inhaltlichen Fehler im Bundesgesetz hinzuweisen, die in Summe zur Verfassungswidrigkeit führen.«
Im Vordergrund der Verfassungsbeschwerden stehen drei maßgebliche und von der Händlergruppe adressierte Einwände:
– Verletzung der Berufsfreiheit
– Verletzung des Eigentumsgrundrechts
– Verletzung des Gleichbehandlungs-Grundsatzes
In seiner jetzigen Ausführung und letzten Konsequenz würde das aktuelle Gesetz »den zukünftigen Umgang mit anderen Infektionskrankheiten wie einer Influenza vorzeichnen und damit die Geschäftspolitik von Händlern, Gastronomen oder Kulturtreibenden stark beeinflussen«.
O-Ton Diekmann: »Wenn wir das Infektionsschutzgesetz eng auslegen, könnte uns in Zukunft jede normale Grippe wieder in den Lockdown schicken. Spätestens das zeigt, dass einige Punkte in dem Gesetz nicht zu Ende gedacht wurden.«
Text: Jo Beckendorff/Händler helfen Händlern