Seit Dezember 2017 ist Bionx Canada Inc. auf der Suche nach einem Investor. Laut Firmenangaben gab es gute Gespräche, aber letztendlich keinen Verkauf. Nun musste er als einer der Pioniere in Sachen E-Bike-Hinterrad-Antriebe Ende Februar Insolvenz anmelden. Der Betrieb wurde vorübergehend geschlossen und die 80 Beschäftigten nach Hause geschickt. Am 27. Februar ernannte der zuständige Oberste Gerichtshof der Provinz Ontario die Kanzlei Grant Thornton Limited (GTL) zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der soll nun schnellstmöglich einen Käufer finden.
Bei seinen Verkaufsbemühungen wird sich GTL auch auf die von Stronach Consulting Corporation (SCC) vorgelegten Unterlagen stützen. Dieses Unternehmen hatte als Mehrheitseigner der Bionx Canada-Mutter Bionx International Corporation (alias Bionx International) den Insolvenzantrag gestellt. Aus besagten Unterlagen geht hervor, dass SCC 60,5 Prozent an Bionx International Corporation hält. Die restlichen 39,5 Prozent befinden sich in den Händen von Ontario Inc. – einer Gesellschaft, deren Alleineigentümer Bionx Canada-CEO und-Direktor Manfred »Fred« Gingl ist.
Bionx Canada befindet sich zu 100 Prozent unter dem Dach der von SSC und Ontario Inc. gehaltenen Bionx International Corporation. Bionx Canada mit Sitz in Aurora/Ontario (»das Aurora-Werk«) ist nicht nur Produzent der eigenen E-Bike-Systeme, sondern auf Firmenzentrale. Heißt: Die vier Unternehmen Bionx of America Inc., Bionx Europe GmbH, Bionx GmbH sowie Innovator Propulsion Systems Co., Ltd. sind Töchterunternehmen von Bionx Canada.
Laut vorliegendem GTL-Report wird die in Österreich sitzende Bionx Europe GmbH gerade aufgelöst. Sie beschäftigt derzeit eine Person. Wichtig: Dieses Unternehmen ist nicht zu verwechseln mit der in München-Haar bei München sitzenden Bionx GmbH. Dort arbeiten derzeit laut Report elf Voll- und zwei Teilzeit-Beschäftigte.
Trotz guter Auftragslage soll Bionx Canada hohe Schulden haben. Welche Rolle dabei die im Vergleich junge E-Bike Marke Elby spielt, ist zum Zeitpunkt dieser Recherche nicht bekannt. Diese erste laut Eigenangaben »One-size-fits-all«-E-Bike-Marke wurde von Frank Stronach (u.a. Namensgeber des Bionx Canada-Mehrheitsgesellschafters SCC) und des bereits oben genannten einstigen Magna-Managers und Bionx Canada-CEO Fred Gingl entwickelt. Der schillernde österreichisch-kanadische Industrielle und Milliardär Frank Stronach ist Gründer der einstigen Bionx-Mutter Magna International, Gingl ein ehemaliger Magna-Manager. Die in Europa auftretende Elby Bike Europe GmbH firmiert unter derselben Adresse wie oben genannte Bionx GmbH. Und soll Brancheninsidern zufolge auch gut in den Flottenmarkt herein gesurrt sein.
Fakt ist auch, dass Bionx Canada unter anderem einige Antriebe für GM – genauer genommen sowohl für General Motors LLC und General Motors of Canada – montiert hat. Im Gegenzug hat GM Bionx Canada mit speziellen Produktionswerkzeugen und –maschinen ausgestattet. Am 24. Februar ließ GM verlauten, am 26. Februar Zugang zu Bionx Canada erhalten zu wollen. Hintergrund: Aus welchen Gründen auch immer wollte man in der letzten Februar-Woche besagte Produktionswerkzeuge und –maschinen abholen. Kurzfristig kam man mit Hilfe eines Rechtsberaters überein, dass GM zwar Zugang zur Aurora-Facility erhält, aber seine Produktionswerkzeuge und –maschinen nicht einfach konfiszieren darf.
Der verantwortliche Insolvenzverwalter GTL hat nun folgenden Verkaufsplan vorgelegt: In einer ersten Phase (veranschlagter Zeitraum: zehn Tage) wird er noch einmal die bestehenden Vermögenswerte überprüfen. Dann wird er für den Verkaufsprozess ein umfangreiches Bewerbungsschreiben erstellen. Eine sogenannte Vertraulichkeitserklärung für interessierte Käufer ist auch dabei. Zudem wird ein sogenannter »Datenraum« zusammengestellt, der alle für Käufer wichtigen Firmeninformationen enthalten soll.
In Phase Zwei (veranschlagter Zeitraum: 60 Tage) wird GTL oben genanntes Bewerbungsschreiben inkl. Vertraulichkeitserklärung an interessierte Käufer verschicken. Zudem werde man den direkten Kontakt zu Branchenteilnehmern suchen und recherchieren, in wie weit deren Interesse an einem Kauf von Vermögenswerten und/oder dem gesamten Geschäftsbetrieb vorhanden ist. Neben Anzeigen eines Verkaufs von Bionx Canada in kanadischen Zeitungen will man dann auch interessierten Käufern den Zugang zum oben genannten Datenraum ermöglichen. Letztendlich will GTL dann die Angebote interessierter Käufer einsammeln.
In der letzten von GTL kommunizierten Phase Drei (veranschlagter Zeitraum: 20 Tage) wird man sich mit Bionx Corporation-Mehrheitseigner SCC und den in Frage kommenden Kaufkandidaten zusammensetzen und die vereinbarten allgemeinen Geschäftsbedingungen Schritt für Schritt durchsprechen. Dann soll der Verkauf schnellstmöglich über die Bühne gehen.
Wann und ob überhaupt die 80 Mitarbeiter in Aurora wieder loslegen können, ist zum Zeitpunkt dieses Schreibens noch nicht zu sagen. Nur so viel: Der Insolvenzverwalter hat oben genannten Phasen-Verkaufsplan zusammengestellt, um Bionx Canada möglichst schnell wieder zum Laufen zu bringen. Fakt sei: Je länger dieser Verkaufsprozess anhalte, desto geringer seien die Chancen eines (Gesamt-)Verkaufs.
Text: Jo Beckendorff, Fotos: Bionx