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Insolvenzen schrecken derzeit auch nicht vor traditionellen Namen zurück
Nachdem die niederländische Titanbike-Manufaktur Pilot Cycles B.V. wie berichtet nach kurzfristig gescheiterter Übernahme am 24. Dezember Insolvenz anmelden musste, hat es kurz darauf im alten Jahr auch noch einen deutschen Fahrrad-Hersteller erwischt. Laut dem Portal zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen der Insolvenzgerichte aller Bundesländer hat sowohl die Sprick Cycle GmbH als auch die Mutter Sprick Holding GmbH am 27. Dezember angesichts finanzieller Schieflage einen Insolvenzantrag stellen müssen. 
Foto: Sprick Cycle

In beiden Fällen wurde der Rechtsanwalt Axel Geese von der Anwaltssozietät Streitbörger PartGmbB (Standort Bielefeld) zum Insolvenzverwalter bestellt.
Geschäftsführer beider in Gütersloh gemeldeten Fahrrad-Unternehmen sind Marc und Jochen Hanhörster. Laut Informationen aus der lokalen Presse wies der letzte veröffentlichte Konzernabschluss des Sprick-Geschäftsjahres 2022/2023 bereits sowohl ein Millionen-Defizit als auch Hinweise auf eine sich verschlechternde Liquidität sowie Absatzprobleme hin.
Sicher ist, dass sowohl das ODM- als auch Markengeschäft von der aktuell angespannten Marktsituation direkt betroffen ist. Gerade branchenfremde Großkunden haben sich schon gleich zu Beginn der weltweiten Fahrradbranchen-Krise aus diesem Geschäft zurückgezogen. Somit ist auch Sprick direkt betroffen.
Sprick Cycle und Sprick Holding
Während die Sprick Cycle GmbH für Vertrieb, Einkauf, Service und alle administrativen Aufgaben verantwortlich ist, rollt die 1994 fertig gestellte Produktionsstätte Sprick Rowery Spółka z o.o. mit Sitz in Swiebodzin (80 Kilometer östlich von Frankfurt an der Oder bzw. 100 Kilometer westlich von Posen) unter dem Mutterdach Sprick Holding GmbH. Für die sollen alles in allem mehr als 500 Mitarbeiter tätig sein.
In Polen werden hauptsächlich Fahrräder im Namen und Auftrag von (EU)-Kunden marktnah produziert. Als zusätzliche Serviceleistung bietet das Familienunternehmen Sprick Cycle seiner (oftmals branchenfremden) Großkundschaft aber auch Fahrräder unter urheberrechtlich von den Güterslohern geschützten Markennamen wie Anno 1900, Crown, Fashionline, Performance und Senator an.
Was den hochwertigeren Fahrrad-Sektor betrifft, konnte der Anbieter im Jahr 2021 zum Beispiel den österreichischen Kinder- und Jugendrad-Anbieter Woom GmbH für sich gewinnen. Dem wurde im polnischen Werk sogar eine eigene Lager- und Fertigungshallen zur Verfügung gestellt.
Laut Angaben aus Österreich deckte die polnische Woom-Endmontage bei Sprick Rowery im Jahr 2022 in etwa 50 Prozent des europäischen (Woom-)Absatzmarktes ab. Die Zusammenarbeit mit Sprick gilt bei Woom erster Schritt Richtung marktnahem Produktionskapazitäten-Ausbau nach Europa.
Traditionsreicher Name deutscher Fahrrad-Geschichte
Mit Sprick ist ein traditionsreicher Fahrrad-Name in die Bredouille geraten. 1922 als Großhandel für Fahrräder und Fahrrad-Teilen durchgestartet, fing der Sohn des Firmengründers Julius Sprick jun. 1958/59 mit einer Fahrradproduktion an. Nachdem diese über die Jahre florierte, machte sich zur Jahrhundertwende erstmals Katzenjammer breit. Ende 2003 mussten die Sprick Fahrräder GmbH und deren damalige Produktions-Tochtergesellschaft Merkers Rad GmbH & Co. KG in Thüringen Insolvenz anmelden.
Dieser Insolvenz entsprang die Sprick Cycle GmbH mit Sitz in Gütersloh. Wie es nun mit dem von Marc und Jochen Hanhörster aufgebauten Familiengeschäft weitergeht, bleibt abzuwarten.
Der bestellte Insolvenzverwalter Axel Geese war zum Zeitpunkt dieses Schreibens leider nicht zu erreichen gewesen.

Text: Jo Beckendorff

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