Zieht man die zuletzt getroffenen Aussagen von Gabriel Felbermayr zurate, dann werden die derzeit von den Fahrradanbietern vorsichtig kommunizierten Preiserhöhungen bei weitem nicht ausreichen, um die gegenwärtigen Kostenerhöhungen aufzufangen. Der Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) geht davon aus, dass vor allem bei den aus Asien kommenden Produkten, die sich einer starken Nachfrage erfreuen, wegen der vor allem durch Container-Engpässe verursachte Lieferketten-Problematik »vieles 20 Prozent teurer wird«.
Wenn es in Asien Lieferengpässe gibt, hat das bei uns laut Feldbermayr – immerhin einer der wichtigsten Experten für den Welthandel aus dem deutschsprachigen Raum – direkte Auswirkungen auf den Preis. »Wenn Güter knapp sind, regelt der Markt das über den Preis. Derjenige mit der höchsten Zahlungsbereitschaft bekommt die Ware. Wir müssen uns darauf einstellen, dass viele Produkte aus Fernost in den kommenden Monaten deutlich teurer werden«, erklärte er gegenüber dem Online-Portal T-Online.de.
Felbermayr geht bei Gütern und (mit Blick auf Weihnachten) Geschenken, die stark nachgefragt werden, von Preisanstiegen von bis zu 20 Prozent aus. Die anziehende Konjunktur würde auch ihren Teil dazu beitragen. Sobald Endverbraucher den Konsum wieder ankurbeln, steigt die Nachfrage bestimmter Güter um weitere Prozentpunkte – und damit automatisch (Stichwort Angebot und Nachfrage) auch der Preis.
Außerdem geht Felbermayr davon aus, dass der deutschen Wirtschaft bei der Wertschöpfung alleine durch die Lieferengpässe 25 Milliarden Euro (= 1 knappes Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung) durch die Lappen gehen. Auf Industrie-Seite sei dieser Anteil sogar deutlich höher: »Wir erwarten, dass fünf bis sechs Prozent der Industriewertschöpfung wegen der Lieferschwierigkeiten nicht erzielt wird.«
Der Weltwirtschafts-Experte sieht aber nicht nur Schwarz: viele Aufträge und Einkäufe, die jetzt in der Pipeline sind, würden sich einfach nur verzögern »Wenn Sie jetzt ein neues Auto bestellen, kommt es womöglich statt im Oktober 2021 erst im Februar 2022 – aber es kommt, und Sie brauchen es ja weiterhin. Für die deutsche Wirtschaft heißt das: Die Industrieproduktion wird weiter anziehen und ein Treiber des Aufschwungs bleiben, nur eben etwas zeitverzögert«, erklärte Felbermayr gegenüber T-Online.de.
Bleibt die Frage, ob die aktuellen Engpässe in der Fahrradindustrie auch »nur« zu den zitierten vier Monaten Verspätung führen. Mit Blick auf die bereits bei der Order angekündigten Liefertermin-Verspätungen diverser Fahrrad-Teile gehen Branchenkenner davon aus, dass es weitaus längere Wartezeiten geben wird. Mit vier Monaten wäre man da noch sehr gut bedient.
Text: Jo Beckendorff