ADFC: Schlechte Infrastruktur bremst Fahrradindustrie
Solche Situationen schrecken viele Radler ab.

In der am letzten Donnerstag in Berlin vorgestellten Jahresbilanz der Fahrradwirtschaft 2018 wurden für Rekordzahlen die Fahrradbranche bekanntgegeben. Der Fahrradclub ADFC nimmt dies zum Anlass, auf die unzulängliche Rad-Infrastruktur in Deutschland hinzuweisen, die das wirtschaftliche Wachstum der Zweiradbranche bremse. Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeige, dass die Umsätze bei besserem Infrastrukturangebot deutlich höher sein könnten.

Seit mehreren Jahren gehe der Gesamtabsatz von Fahrrädern und Pedelecs in Deutschland zurück – von 4,36 Millionen Stück in 2015 auf 3,85 Millionen Stück in 2017. Den erfreulichen Anstieg im Jahr 2018 auf 4,18 Millionen Stück schreibt man in erster Linie dem sehr guten Wetter zu. Über die gestiegenen durchschnittlichen Verkaufspreise pro Rad von 557 Euro in 2015 auf 756 Euro in 2018 sei zwar eine höhere Bereitschaft der Bundesbürger abzulesen, mehr Geld in Fahrräder zu investieren, aber auch hier zeigen die Niederlande, dass ein wirklich fahrradfreundliches Verkehrsumfeld deutlich höhere Umsätze ermögliche.

Zahlen aus den Niederlanden

Der durchschnittliche Verkaufspreis ist in den Niederlanden mit 1.176 Euro deutlich höher. In Deutschland kommen auf jede Einwohnerin und jeden Einwohner durchschnittlich 0,8 Fahrräder, in den Niederlanden sind es 1,35. Der Marktanteil der etwas teureren Elektro-Räder an allen Fahrrädern liege bei den Nachbarn bei 40 Prozent, in Deutschland bei ausbaufähigen 23 Prozent, so der ADFC. Der Umsatz der Niederländischen Fahrradindustrie 2018 habe bei 1,22 Milliarden Euro gelegen, was einem Pro-Kopf-Umsatz von 71,76 Euro pro Jahr entspricht bei rund 17 Millionen Einwohnern. In Deutschland wurden an Gesamtumsatz 4,18 Milliarden Euro erzielt und der Pro-Kopf-Umsatz pro Jahr liegt bei nur 50,36 Euro.

Nachbarn investieren mehr

Im Ländervergleich schneidet Deutschland bei den Investitionen in die Rad-Infrastruktur nicht gut ab. Laut ADFC investiert der niederländische Staat pro Jahr und Einwohner etwa 30 Euro in das weltweit am besten ausgebaute Radwegenetz, Radschnellwege und großzügige Fahrradparkhäuser. In Deutschland lägen die Investitionen bei unter 5 Euro pro Kopf.
Der Erfolg der niederländischen Investitionen lasse sich auch am Nutzungsverhalten ablesen: Dort legten die Menschen im Durchschnitt über 1.000 Kilometer im Jahr mit dem Rad zurück, in Deutschland nur 400. Erhebliche Differenz auch im Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr: In den Niederlanden liegt er bei knapp 30 Prozent, in Deutschland nur bei elf Prozent.
Die wachsende Unzufriedenheit mit dem Infrastruktur-Angebot und das Unsicherheitsgefühl der Radfahrenden in Deutschland seien durch mehrere Studien belegt, so der Hinweis. Ziel muss es laut ADFC sein, mindestens jede dritte Autofahrt auf das Rad zu verlagern. Das heißt: mehr Platz für den Radverkehr, hochwertige Radwege in durchgängigen Netzen sowie Fahrradparkplätze an allen Gebäuden.

Foto: ADFC

 

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