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E-Bike-Akkus: sammeln ja – aber ohne festgelegte Recyclingquote
E-Bike-Akkureparatur bei der deutschen BMZ Group.

»Dreckige Wahrheit« lautet die provokante aber auch zutreffende Überschrift eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 24./25. November (Rubrik Mobiles Leben, siehe https://sz.de/1.4218519) zum Thema Recycling von Lithium-Ionen-Akkus – ein wahrlich heiß diskutierter Stoff in Zeiten der sauberen Mobilitätswende.

Fakt sei, dass es »für die enormen Batteriemengen der Mobilitätswende noch gar kein Recycling-System gibt«. Brisant: Die Hälfte aller in den Verkehr gebrachten Geräteakkus verschwindet spurlos. Laut einer Studie des Öko-Instituts für die EU-Kommission landeten 2015 europaweit allein 35.000 Tonnen an tragbaren Batterien im Hausmüll: »Das sind 16 Prozent der 212.000 Tonnen, die 2015 in den Markt gebracht wurden. Zudem werden viele Akkus mitsamt der Kleingeräte entsorgt. Selbst Deutschland verfehlte 2016 die vorgeschriebene Sammelquote für Elektrogeräte in Höhe von 45 Prozent. Ab 2019 schreibt das Batteriegesetz 65 Prozent vor.«
Ein großer Teil verschwindet über dunkle Kanäle. Die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften (Acatech) geht davon aus, dass »25 bis 30 Prozent des in Europa anfallenden Elektroschrotts illegal exportiert wird – inklusive der Akkus. Was in Regionen mit niedrigem Umweltstandards mit dem Sondermüll passiert, will keiner so genau wissen. Das wird sich auch mit Elektrofahrzeugen nicht ändern, die am Ende ihren Lebens nach Afrika oder Osteuropa abgeschoben werden.«

E-Bike-Akkus
Mit E-Bikes kämen große Mengen von Lithium-Ionen-Akkus in den Handel, die viel schwerer sind als jene in Kleingeräten – »aber im Schnitt nicht länger halten«. Laut Hartmut Stahl vom Öko-Institut gibt es trotz der zunehmenden Bedeutung von Lithium-Ionen-Batterien in neuen Technologien wie Pedelecs »weder eigene Sammel- noch separate Recyclingziele«.

Illegale Markteintritte
In einem Seitenkasten verweist SZ-Autor Joachim Becker in diesem Zusammenhang auch noch auf den boomenden Internet-Handel, der mit dem ungesetzlichen Verkauf von Elektrogeräten jährlich 460.000 Tonnen illegal in den Markt drückt: »Verkaufsplattformen wie Amazon kontrollieren nicht, ob die Hersteller bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) registriert sind. Für die Entsorgung muss dann letztlich der Steuerzahler aufkommen«.
Im Internet würden auch E-Bikes angeboten, die nicht bei der EAR angemeldet sind. Für ihre Entsorgung würden also keine Garantien hinterlegt. Und »da es sich bei den Antriebsakkus mit 2,7 Kilogramm Durchschnittsgewicht um sogenannte Industriebatterien handelt, ist keine Sammel- oder Recyclingquote vorgeschrieben.«
Becker weist aber auch darauf hin, dass zumindest in Deutschland mittlerweile 68 Fahrrad-Hersteller die GRS Service GmbH beauftragt hätten, »dem Fahrrad-Einzelhandel einen kostenfreien Abholservice für gebrauchte Akkus anzubieten«. 2017 kamen somit 76 Tonnen zusammen – »nur wenig mehr als die 52 Tonnen aus dem Jahr 2013.
Der RadMarkt legte besagten SZ-Artikel auch ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger vor. Der ZIV als Initiator des Rahmenvertrags mit der Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien (GRS) verweist beim oben genannten Abholservice zuallererst darauf hin, dass man damit »sowohl Händler als auch seine Kunden entlasten will«. Händler unterstützen aktiv die fachgerechte Entsorgung von defekten oder alten Akkus über GRS.
Mit Blick auf die im Vergleich zum steigenden E-Bike-Verkauf gering wachsende Akku-Rücklaufquote erklärt Neuberger, dass der junge E-Bike-Markt immer noch wachsend sei und noch wenig Rücklauf stattgefunden habe. Zudem würden Kunden, die sich vielleicht schon einen neuen E-Bike-Akku zugelegt hätten, den alten noch im Haushalt behalten: »Auch wenn alt ist er ja immer noch nutzbar und dient vielleicht noch als Ersatz-Akku für den Notfall.« Somit geht der ZIV davon aus, dass die Rücklaufquote künftig und etwas zeitversetzt steigen wird.
Heißt: Dank oben genannter ZIV-Aktion sollten weniger E-Bike-Akkus im Hausmüll oder Wertstoffhöfen gelangen. Besagte Wertstoffhöfe nehmen diese als Industrieakkus deklarierten E-Bike Akkus auch nicht an, weil sie für deren Entsorgung draufzahlen müssten. Mit GRS als Partner bietet die Fahrradbranche einen gut aufstellten und als Gefahrengut deklarierten Akku-Abholservice.
Was die Entsorgung selbst betrifft, ist man aber auch durch diese Aktion keinen Schritt weiter. Neuberger bestätigt, dass das Recycling von Lithium »schwierig und aufwendig ist«.
Mehr zum Recycling von Lithium an sich im genannten SZ-Artikel – ganz zu schweigen von Kobalt, das auch in einigen E-Bike-Akkus zum Einsatz kommt. Diese seltene Erde kommt meistens aus dem armen Kongo und wird dort mit Hilfe von Kinderarbeit gewonnen.
Die gute Nachricht: Dank neuem Materialmix-Einsatz in den Lithium-Ionen-Akkus lässt sich der Kobalt-Anteil minimieren. Die schlechte: Die Mobilitätswende wird die Kobalt-Angebotskonzentration bis 2016 auf über 70 Prozent hoch drücken. Anders ausgedrückt: Gerade Kobalt steht für die schmutzige Seite der westlichen Energiewende.

Text/Fotos: Jo Beckendorff

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