EBMA fordert EU-Strafzoll gegen E-Bike-Flut aus China

Letzten Montag (2. Oktober) hat der Europäische Fahrrad-Produzentenverband EBMA bei der verantwortlichen EU-Kommission eine Beschwerde gegen die laut dem Verband unter Preis verkauften E-Bike-Importe aus China eingereicht.

Laut EBMA-Generalsekretär Moreno Fioravanti würden »E-Bikes aus China den EU-Markt fluten. Europäische E-Bikes werden von den stark subventionierten und illegal gedumpten E-Bikes aus China preislich unterboten sowie unter Produktionskosten verkauft.« Die E-Bike-Importe aus China hätten stark zugenommen – und würden nun explodieren: »Alleine in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 wurde das Importvolumen des Vorjahres 2016 überschritten.«
In Zahlen: E-Bike-Importe aus China in die EU würden von nahezu Null im Jahr 2010 auf ein Level von wahrscheinlich über 800.000 Einheiten im Jahr 2017 wachsen: »Aus diesem Grund haben wir eine Beschwerde an die Europäische Kommission geschickt, die diese Importe registrieren und möglichst schnell Anti-Dumping-Maßnahmen auf diese E-Bikes chinesischer Produzenten erheben soll. Wir bitten die Europäische Kommission, dringend eine Untersuchung dieser unfairen Handelspraktiken gegen chinesische E-Bike-Exporte einzuleiten.«
Laut EBMA sind 2016 mehr als 430.000 E-Bikes chinesischer Bikeproduzenten zu unfairen Preisen in die EU gerollt. Gegenüber dem Vorjahr wuchsen sie um massive 40 Prozent. Damit repräsentierten sie im letzten Jahr einen Marktanteil von 70 Prozent aller europäischen E-Bike-Importe.
Dazu Fioravanti: »Europäische Produzenten haben die ‚Electrically Power Assisted Cycles’ (EPAC)-Pedaltechnologie und weitere Innovationen wie den Mittelmotor erfunden, die unsere Industrie revolutioniert haben. Mit über 90.000 direkt und indirekt betroffenen Fachkräften hat die EU-Fahrradindustrie alleine im Jahr 2016 über 1 Milliarden Euro in die E-Bike-Entwicklung gesteckt. Somit sind ohne irgendwelche Maßnahmen gegen diesen unfairen Wettbewerb aus China nicht nur die Großinvestitionen der EU-Fahrradindustrie, ihre Innovationen und ihre Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr, sondern auch die nachhaltige Beibehaltung grüner Jobs und der Schutz der Umwelt.«
Anmerkung des RadMarkts: In einem Punkt liegt der EBMA-Generalsekretär leider nicht ganz richtig. EPAC ist keine europäische Erfindung, sondern geht auf Yamaha in Japan zurück. 1992 stellte Yamaha sein erstes Pedelec vor. Und dieses hatte mit »PAS« (steht für »Power-Assisted System«) einen Mittelmotor. Zudem waren es die Japaner, die dafür sorgten, dass das Pedelec als Fahrrad eingestuft wurde. Die Nippon-(Pedelec-)Gesetzgebung galt als Vorlage für die europäische Gesetzgebung. Dass der gegenwärtige E-Bike-Boom in Europa seine Wurzeln hat und seitdem viele Innovationen – Stichwort Integration und E-MTB – aus Europa stammen, ist allerdings unbestritten.
EBMA untermauert ihre Beschwerde mit weiteren Zahlen. Laut Marktzahlen von CONEBI – dem Dachverband der europäischen Zweirad-Industrieverbände – lag die Produktionskapazität der chinesischen E-Bike-Produzenten im Jahr 2016 bei 51 Millionen Einheiten – bei einem heimischen Bedarf von 28 Millionen Einheiten. Heißt: Es gibt eine Überkapazität von 23 Millionen E-Bike-Einheiten. Das entspricht laut EBMA »dem mehr als zehnfachen der gesamten Nachfrage in Europa«.
Auch alarmierend:  Der 13. Fünfjahresplan der chinesischen Regierung habe für das Jahr 2020 ein klares Ziel ausgegeben – nämlich »ein dramatisches Wachstum der E-Bike-Exporte«. Zudem soll der Anteil an mittel- und hochwertigen Fahrrädern sowie der von E-Bikes mit Lithium-Batterien Jahr für Jahr steigen.
EBMA setzt die folgenden EU-Zahlen dagegen: 2016 hätten die EU-Fahrradproduzenten über 1 Millionen E-Bikes produziert. Das entspräche gegenüber dem Vorjahr zwar ein Plus von 13 Prozent. Dieser Prozentsatz liege aber deutlich unter dem Wachstum des hiesigen Bedarfs. Grund dieser Dysbalance: Die Importflut »gedumpter« E-Bikes aus China.
Insgesamt würde der europäische Markt derzeit boomen. Aber die Wachstumsexplosion würde eher von den »gedumpten« China-E-Bikes aufgesogen. Sie würden den EU-Produzenten mit ihrem unlauteren Wettbewerb immer mehr Marktanteile nehmen. Wenn keine Anti-Dumping-Maßnahmen seitens der EU ergriffen würden, könnte die EU-E-Bike-Produktion laut Moreno Fioravanti »innerhalb von ein paar Jahren vernichtet werden«.
In einem detaillierten siebenseitigen Papier benennt EBMA weitere Faktoren, die in den Augen der europäischen Fahrrad-Produzenten zu sofortigen Anti-Dumping-Zöllen führen müssen. Jetzt ist die EU-Kommission am Zug.

Text: Jo Beckendorff, Logo: EBMA, Tabellen: European Bicycle Market, 2017 edition CONEBI

 

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