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Karstadt Galeria Kaufhof: Prüfstein für deutsches Insolvenzrecht
Karstadt Galeria Kaufhof Logo.

Am Beispiel von Karstadt Galeria Kaufhof verweist Autor Michael Kläsgen in der Süddeutschen Zeitung vom 17. August anschaulich auf die Vorbild-Funktion dieses Falles. Der Handelskonzern war der erste, der in der Corona-Krise Insolvenz anmeldete. Jetzt müsse sich zeigen, ob ein fairer Vergleich zwischen Gläubigern und Schuldnern in diesen unseren Zeiten möglich ist oder nicht.

Auf der einen Seite bestehe die Gefahr, dass der zur Signa Department Store Group gehörende Warenhaus-Zusammenschluss die Insolvenz in Eigenverwaltung dazu nutze, sich in der Krise und auf Kosten der Gläubiger – »darunter viele ehemalige Mitarbeiter, Vermieter und Lieferanten« – gesundzuschrumpfen.
Da es sich um eine Insolvenz in Eigenverwaltung handelt, könne sich Karstadt Galeria Kaufhof sozusagen »wie Münchhausen am eigenen Schopf auf dem Sumpf ziehen«. Wenn es schlecht laufe, würde das Unternehmen zu Lasten der Gläubiger und zugunsten des Signa-Eigentümers René Benko saniert. Das wäre nicht im Sinne des Gesetzes. Die bevorstehende Gläubigerversammlung müsse dem vorbeugen – und somit quasi die Rolle eines Kontrollgremiums einnehmen.
Nach verschobener Insolvenzantragspflicht: Insolvenzwelle
Da sich derzeit viele Unternehmen aufgrund der Corona-Krise in finanzieller Schieflage befinden, die Bundesregierung aber die Insolvenzantragspflicht bis Ende September ausgesetzt hat und erst danach mit einer verstärkten Insolvenzwelle gerechnet wird, gilt der Fall Karstadt Galeria Kaufhof als echter Prüfstein für das deutsche Insolvenzrecht.
Kläsgen verweist im Fall des Handelskonzerns auch darauf, dass es richtig war, zur Rettung frühzeitig Insolvenz zu beantragen. Die Crux der verschobenen Insolvenzantragspflicht sei, dass derzeit insolvente Unternehmen am Leben gehalten werden, »obwohl diese nicht mehr zahlungsfähig« seien. Das würde der Wirtschaft noch viel mehr schaden: »Wer von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist, eine mögliche Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen oder zu lange zögert, kann nicht nur eine Sanierung des Unternehmens erschweren. Er könnte auch andere Akteure oder Wettbewerber in Mitleidenschaft ziehen und so Teile der Wirtschaft beschädigen.«
Ziel einer Insolvenz: Weichenstellung für Neustart
Somit habe das Insolvenzrecht eine stabilisierende Wirkung für das Zusammenspiel des gesamten Gefüges: »Es kann dazu dienen, Schaden davon abzuhalten. Dazu müssen die Schwachstellen allerdings identifizierbar sein.« Daher sollte das Aussetzen der Insolvenzanmeldepflicht Anfang Oktober unbedingt enden: »Es hat für das große Ganze zu gravierende Nachteile, wenn insolvente Unternehmen als Zombies fortbestehen. Schlimmstenfalls verschlimmert sich die Krise dadurch.« Besser sei es, dass Insolvenzrecht wie im Falle Karstadt Galeria Kaufhof zu nutzen, »um einen Neustart zu wagen oder ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln«.
Präzedenzfall Karstadt Galeria Kaufhof
Nur müsse man eben genau darauf achten, dass die Krise auf gar keinen Fall nur dazu genutzt wird, sich galant und ohne großartige Erneuerung von jeglichem Ballast zu trennen. Somit müsse die in wenigen Tagen stattfindende Karstadt Galeria Kaufhof-Gläubigerversammlung zeigen, dass sie der ihr zugewiesenen Rolle eines Kontrollgremiums auch tatsächlich nachkommt – sodass »aus dem Versuch der Selbstrettung keine Lügengeschichte frei nach Münchhausen wird, in der es nur darum geht, sich auf Kosen anderer zu bereichern«. Die sei vor allem mit Blick auf die nachfolgenden Insolvenzen ein echter Präzedenzfall mit möglicher Vorbildfunktion.

Text: Jo Beckendorff

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