Soeben gab die italienische Piaggio Group – mit den Marken Aprilia, Derbi, Gilera, Moto Guzzi, Piaggio und Vespa eigenen Angaben zufolge »Europas größter Motorroller- und Motorrad-Hersteller« – bekannt, im September mit der Produktion eines allerersten Vespa E-Motorrollers durchzustarten. »Vespa Elettrica«-Modelle aus der ersten Serienproduktion können bereits ab Anfang Oktober gebucht werden – allerdings »ausschließlich online«.
Während auf der letztjährigen Zweirad-Messe EICMA der erste Prototyp einer rein elektrisch angetriebenen Vespa präsentiert wurde, wird »Vespa Elettrica« auf der EICMA 2018 (6. – 11. November) im Rampenlicht stehen – und erst ab dann vollständig vermarktet werden. Bis dahin erhöht Piaggio Group aber noch mit spärlichen Info die aufgebaute Spannung.
Fakt ist: Für die Italiener ist es höchste Zeit, mit einer E-Version nachzulegen. »Nachlegen« deshalb, weil vor allem chinesische und taiwanesische Mitbewerber bereits mit tollen E-Scootern im Markt sind (Taiwaner Gogoro lässt grüssen – siehe Coup-Story in einer der kommenden RadMarkt-Ausgaben).
Advantage Kult
Was allerdings für die Italiener spricht: Den Kultstatus der seit 72 Jahren gebauten Vespa haben sie allen Mitbewerbern voraus. Dieser Kult wird jetzt in die Waagschale geworfen – und mit der ersten E-Vespa »ein zeitgenössisches Kunstwerk mit technischem Herz« in den Weltmarkt geschickt.
Die lang ersehnte elektrische Version »des berühmtesten und beliebtesten Scooters der Welt« wird im Werk Pontedera in der Italo-Provinz Pisa produziert. In diesem Werk wurde bereits im Frühjahr 1946 die allererste Vespa gebaut. Heute gilt Pontedera laut Piaggio Group als »eine der weltweit größten Technologieführer in Bezug auf Design, Entwicklung und Produktion von fortschrittlichen Mobilitätslösungen«.
Laut Plan soll die »Vespa Elettrica« ab Ende Oktober schrittweise auf den Markt kommen – also schon vor der offiziellen Präsentation auf der EICMA 2018, die als offizieller Startschuss (neudeutsch »Big Bang«) des neuen Produkts gilt. Der Verkauf der Vespa E-Premiere wird in Europa beginnen und ab Anfang 2019 auf die USA und Asien ausgedehnt werden.»
Vespa Elettrica« soll dank der unter dem Helmfach in der Sitzbank eingesetzten Lithium-Ionen-Batterie bis fünf PS leisten können. Eine Akkuladung soll für etwa 100 Kilometer reichen. Allerdings muss – wenn man dann wieder mit voller Akkuladung weiterfahren will – eine vierstündige Ladezeit einkalkuliert werden.
Die Zukunft beginnt jetzt
Laut Piaggio Group ist »Vespa Elettrica« nur ein erster Schritt in Richtung »einer neuen Fülle von Verbindungen zwischen Fahrzeugen und menschlichen Betreibern«. Heißt: Die »Vespa Elettrica« wird in naher Zukunft mit Lösungen ausgestattet sein, die derzeit von der Piaggio-Tochter PFF für den für Furore sorgenden Liefer- und Transport-Roboter Gita (Bilder unten) entwickelt werden. Dabei geht es zum Beispiel um künstliche Intelligenzsysteme, die »sowohl adaptiv als auch auf alle menschlichen Eingaben ansprechen. Sie werden sich der in der Umgebung tätigen Personen und anderer Fahrzeuge bewusst sein, die Fähigkeit des Betreibers erweitern, potenzielle Gefahren und Chancen zu erkennen und Echtzeit-Kartierungs- und Verkehrsdaten bereitstellen, die zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in Städten beitragen«.
Anders ausgedrückt: »Vespa Elettrica« steht für einfache Mobilität gepaart mit fortschrittlicher Konnektivität und Stille, mit Personalisierung und Zugänglichkeit – »alles Werte, die schon immer zu Vespa gehört haben und heute in der ‚Vespa Elettrica’ voll umgesetzt wurden.«
Letztendlich erklärt Piaggio Group, dass die Marke Vespa derzeit eine der erfolgreichsten Momente ihrer Geschichte erlebe: ».In den letzten zehn Jahren wurden mehr als eineinhalb Millionen Fahrzeuge verkauft. Das erste Halbjahr des Jahres 2018 schloss im Vergleich zum 30. Juni 2017 mit einem Umsatzwachstum von etwa 10 Prozent ab.« Der Zeitpunkt für eine erste E-Vespa scheint – wenn auch nachweislich spät – zu passen.
Text: Jo Beckendorff, Fotos: Piaggio Group