Nachdem Polymerverarbeiter Rehau AG Ende Januar bekannt gegeben hatte, sein E-Bike-Verbundrahmen-Projekt im Spritzgussverfahren sowie seine E-Bike-Marke Nuvelos aufzugeben, legt nun mit dem deutschen Start-Up Velosione GmbH ein anderer Anbieter als Rahmenproduzent los. Auch der will mittels einer Kombination aus Carbon-Verbundwerkstoffen kombiniert mit seiner sogenannten »Fluid-Injektionstechnologie im Spritzgussverfahren« den Fahrradrahmen-Markt revolutionieren. Und genau wie bei Rehau mit Nuvelos gründen die Macher der jungen Velosione-Rahmenproduktion gerade ein eigenständiges Unternehmen, das unter dem Namen Isoco Bikes Komplett-E-Bikes mit Velosione-Rahmen anbieten wird. Im Folgenden einige Infos zur OEM-Rahmenproduktion von Velosione. Mehr zu Isoco Bikes in einer (heutigen) separaten Meldung.
Mit seinen spritzgegossenen thermoplastischen Composite-Rahmen, deren Produktion laut Sales Director Michael Müller bereits im September letzten Jahres versuchsweise durchstartete und seit Mai in Serie für erste Testräder baut, soll laut Anbieter »die Produktion von Fahrrad-Rahmen wieder nach Deutschland zurückgeholt werden«. Der Verkaufsstart eines ersten in Deutschland produzierten spritzgegossenen Open-Mold-Karbonrahmen für E-Citybikes namens »Carbon-Ecobike1« ist bereits angelaufen. Komplette Testräder können bereits von interessierten Anbietern über marketing@velosione.com angefordert werden.
Schlüsselfertige Lösungen für OEMs
Velosione bietet eigenen Angaben zufolge schlüsselfertige Lösungen für OEMs – »einschließlich Rahmenentwicklung, Rahmensimulation, Formenbau, Formenherstellung, Prozessoptimierung und Massenproduktion in Deutschland«.
Laut Müller hat man zusammen mit dem Entwicklungsbüro Plastic Innovation GmbH mit Sitz im österreichischen Ottensheim (10 Kilometer nordwestlich von Linz) und dem Kölner Designbüro Coleo Design GmbH fünf Jahre an der Entwicklung dieser Technologie getüftelt. Mit der Kombination von Carbon-Verbundwerkstoffen und der Fluid-Injektionstechnologie im Spritzgussverfahren sei man nun in der Lage, »leichte, sehr steife Rahmen mit Rohrgeometrie mit fast völliger Designfreiheit zu fertigen«.
Weiteres Highlight der Velosione-Rahmenproduktion: die Rahmen sind zu 100 Prozent recycelbar und sollen bei der Herstellung im Vergleich zum heutigen Stand der Technik einen um 50 Prozent reduzierten CO2-Fußabdruck aufweisen.
Laut Müller beweist man mit dem nun vorgestellten E-Bike-Karbonrahmen im Spritzgussverfahren, »dass eine wirtschaftliche Just-in-time-Produktion von leichten Rahmen mit sehr hoher Steifigkeit in Deutschland möglich ist.« Und: »Die mit unserer Technologie produzierten Rahmen sind wesentlicher günstiger als die im Rehau-Verfahren produzierten Rahmen, ja sogar günstiger als vergleichbare Aluminiumrahmen produziert werden können.«
Produktionszeit pro Rahmen: knapp 90 Sekunden
Velosione (www.velosione.com) kann täglich 1.000 Rahmen pro Form fertigen. Ein montagefertiger Rahmen mit hervorragender Oberflächen-Güte ohne Schweißlinien könne innerhalb von knapp 90 Sekunden hergestellt werden. Und, so Velosione-Geschäftsführer Harald Schweitzer: »Bei hohem Produktionsvolumina liegen die Produktionskosten von Velosione drastisch unter den Produktionskosten traditioneller Aluminium-Rahmen in Asien. Gleichzeitig bieten die Rahmen eine höhere Steifigkeit als Aluminiumrahmen in vergleichbarer Geometrie. Das ist revolutionär. Wir haben damit die Voraussetzung geschaffen, in großem Stil die Fahrradrahmen-Produktion umweltfreundlich zu gestalten und von Asien zurück nach Deutschland zu holen. Unser Werk in Schmiedefeld hat heute schon eine Kapazität für 3 Millionen Fahrradrahmen pro Jahr. Wir freuen uns auf die kommenden Jahre«, betont Schweitzer selbstbewusst.
Plansoll 2021: circa 100.000 Rahmen Made in Germany für OEMs
Für 2020 geht Michael Müller von einer Rahmen-Gesamtproduktion von 5.000 Einheiten aus. 2021 will man laut Müller schon an die 100.000 Einheiten produzieren. Damit das funktioniert, wird sich Velosione auch auf der diesjährigen Eurobike den Fahrradanbietern als marktnahe OEM-Produktionsalternative präsentieren.
Das Macher-Quintett hinter Velosione
Neben Velosione-Geschäftsführer Harald Schweitzer und Velosione-Sales Director Michael Müller hat das Start-up noch drei weitere Gesellschafter im Rücken. Das ist zum einen der technische Velosione-Leiter Hans Schulze sowie die zwei Patentinhaber der Herstellungsmethode des Velosione-Rahmens von dem oben genannten Austria-Entwicklungsbüros Plastic Innovation GmbH.
Die Wurzeln
Harald Schweitzer und Michael Müller sind übrigens auch Gesellschafter (Schweitzer geschäftsführender Gesellschafter) von Isoco Plastics Technology GmbH. Dieser Spezialist für hochwertige Kunststoff-Produkte ist ebenfalls in Saalfeld in Thüringen zu Hause und liefert seit über 30 Jahren an die Automobil-, Bau- und Logistikindustrie und ist ebenfalls in Saalfeld zu Hause. Velosione ist aus Isoco heraus entstanden. Die Fahrradrahmen des Start-Up werden beim Schwesterunternehmen Isoco hergestellt, die alle ihre Produkte »Made in Germany« auf 30 Spritzguss-Maschinen von Engel Austria GmbH (alias Engel-Gruppe) mit Schließkräften von 40 bis 2.300 Tonnen produzieren.
Isoco Plastics Technology steckt auch hinter dem sich derzeit in Gründung befindenden Neuunternehmen Isoco Bikes GmbH.
Text: Jo Beckendorff, Fotos: Velosione