Im Nachgang zu seiner Kritik an den von Bontrager kommunizierten Leistungen des neuen Helmmaterials WaveCel hat der schwedische Helmtechnologie-Lieferant MIPS nun die ersten Ergebnisse der von ihm durchgeführten Tests vorgelegt.
Die zu US-Fahrradhersteller Trek gehörende Marke Bontrager hatte jüngst Helme mit einer Innenauskleidung aus Wavecel herausgebracht – ein wabenförmiges, flexibles Material, das Bontrager in Lizenz verwendet und das durch seine Stauch- und Gleitfähigkeit tangentiale Aufprallkräfte abmildern soll, die entstehen, wenn der Kopf bei einem Unfall schräg und nicht frontal aufprallt. Zur Markteinführung hatte Bontrager Testergebnisse von Wavecel vorgebracht, nach denen die Helme mit WaveCel »bis zu 48 mal effektiver bei der Vermeidung von Gehirnerschütterungen« seien als ein herkömmlicher EPS-Helm und in »fast 99 von 100 Fällen helfen können, Gehirnerschütterungen zu verhindern«.
Die schwedische Firma MIPS – MIPS steht für die selbst Helmliner vertreibt, die dafür sorgen, dass sich Kopf und Helm unabhängig voneinander bewegen können und so im Falle eines Aufpralls die Rotationskräfte ableiten, hatte das Wavecel-Material selbst getestet und daraufhin die Messergebnisse von Wavecel angezweifelt und unabhängige Prüfnormen gefordert (s. RadMarkt-News vom 2.4.2019).
Als erste Ergebnisse der eigenen Tests, die mit gebräuchlichen Testmethoden für einen schrägen Aufprall nach dem gleichen Testprotokoll wie WaveCel durchgeführt worden seien, gibt MIPS jetzt bekannt, dass bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 4,8 m/s in den Tests von MIPS kein Unterschied des Verletzungsrisikos zwischen Helmen mit WaveCel und Helmen mit EPS-Schaum nachzuweisen war. Bei 6,2 m/s Aufprallgeschwindigkeit sei eine Verringerung um zirka 10 Prozentpunkte festzustellen gewesen, jedoch nicht in dem von WaveCel beanspruchten Maß (s. Grafik). Die Studie von WaveCel (in der Grafik nach der Autorin Bliven-Study genannt) ist hier nachzulesen.
Eine in Frage kommende Ursache für die unterschiedlichen Testergebnisse, so vermutet MIPS: WaveCel habe einen so genannten HIII-Halsdummy verwendet. Der sei jedoch für Automobilcrashtests konzipiert und für die in den Helmprüfungen untersuchten Druckbelastungen nicht validiert und zu steif. Prüfinstitute wie Virgina Tech und die FIM (Fédération Internationale de Motocyclisme) verwendeten diesen Dummy daher nicht und auch MIPS habe ihn nicht verwendet, um den Test so nah wie möglich an einem Industriestandard zu halten.
MIPS weist erneut darauf hin, dass es eine branchenweite Norm für Helmtests braucht, die dann von unabhängigen Testorganisationen durchgeführt werden. »Das Fehlen einer Norm erhöht das Risiko unbegründeter Angaben, die zu Verwirrung bei den Verbrauchern führen und im schlimmsten Fall die Verbraucher gefährden könnten«, heißt es in der Pressemitteilung von MIPS.
vz/Grafik: MIPS