Letzten Samstag (25.3.) endete die Jubiläumsveranstaltung von Asiens größter und wichtigster Fahrradmesse Taipei Cycle Show (TCS). Die 30. TCS spiegelte genau die Unsicherheit wieder, die das Geschäft des internationalen Fahrradmarkts derzeit mit Blick in die Zukunft belastet….
Trotz E-Bike-Boom in Europa, der dank E-Mountainbike noch einmal eine Schüppe drauflegen kann, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht alles Gold was glänzt. Während der Deutsche Zweirad-Industrieverband (ZIV) seine Fahrradstatistik 2016 dank hochpreisiger E-Bikes mit wachsenden Wertverkäufen aufhübschen und das Minus der Mengenverkäufen noch irgendwie kaschieren kann, sieht das in der international führenden Premiumrad-Produktionsnation Taiwan ganz anders aus.
Bittere Pillen
In Zahlen: 2016 mussten Taiwans Fahrradexporte bei Komplettfahrrädern (ohne E-Bikes) ein zweistelliges Mengenminus von 26,18 Prozent hinnehmen. Insgesamt waren es laut Taiwan Bicycle Association (TBA) nur noch 2,949 Millionen Einheiten. Der Wert dieser Ware fiel um 21,76 Prozent auf 1,48 Milliarden US$ (1,37 Milliarden Euro).
Der Wert des Fahrradteile-Exporte sank hingegen nur um 1,4 Prozent auf 1,07 Milliarden US$ (0,99 Milliarden Euro). Einziger Lichtblick: Der Durchschnittspreis eines in Taiwan produzierten Komplettrads stieg weiterhin – und zwar um 5,99 Prozent auf 502,38 US$ (465,20 Euro).
Weiterer Lichtblick: Der im Vergleich späte Einstieg in den Bereich E-Bike trägt Früchte. Die Menge der 2016 exportierten E-Bikes konnte um zweistellige 58,6 Prozent auf 132.000 Einheiten hochgefahren werden. Zählt man die oben genannten Fahrradteile- und E-Bike-Exporte zu den Komplettrad-Exporten hinzu, hat Taiwan im Jahr 2016 einen Gesamtwert von 2,55 Milliarden US$ (2,36 Milliarden Euro = Minus 14,57 Prozent) eingefahren.
Top-Five
Der größte Teil der oben genannten Komplettrad-Wertverkäufe – genau genommen 55,15 Prozent = über 1,62 Millionen Einheiten) rollte in den EU-Markt. Aufgeteilt nach Ländern führt bei den Mengenverkäufen weiterhin die USA mit 527.000 Einheiten (im Vergleich zum Vorjahr: Minus 26,83 Prozent) gefolgt vom Vereinigten Königreich (397.000 Einheiten, Minus 38,46 Prozent), den Niederlanden (330.000, Minus 23,19 Prozent), Deutschland (212.000, Minus 19,24 Prozent) sowie Japan (187.000, Minus 30,01 Prozent).
Was den Wert dieser Ware betrifft, führt ebenfalls die USA (379 Millionen US$ = 351 Millionen Euro, Minus 25,47 Prozent) vor den Niederlanden (178 Millionen US$ =164,8 Millionen Euro, Minus 27,33 Prozent), dem Vereinigten Königreich (140 Millionen US$ = 129,6 Millionen Euro, Minus 22,56 Prozent), Japan (88 Millionen US$ = 81,5 Millionen Euro, Minus 20,15 Prozent) und Belgien (84 Millionen US$ = 77,8 Millionen Euro, Plus 1,18 Prozent). Hier liegt Deutschland mit 71 Millionen US$ (65,7 Millionen Euro, Minus 19,02 Prozent) nur auf dem sechsten Platz.
Im Fokus: E-MTB
Oben genannte Zahlen liegen den erfolgsverwöhnten Taiwan-Produzenten natürlich im Magen. Den zumindest für Europa geltenden späten Einstieg in das E-Bike und vor allem E-Mountanbike-Geschäft versuchen sie jetzt schnellstmöglichst wettzumachen. So war es auch nicht verwunderlich, dass das junge Thema E-Mountainbike an Relevanz extrem zugenommen hat. Es gab kaum einen TCS-Aussteller, der diese Kategorie links liegen ließ. Fahrradteile- und Accessoires-Anbieter reagieren mit spezifischen E-Bike-Produkten – sei es die spezielle E-Bike-Kette oder der E-Bike-Reifen.
Smarte E-Integration
Im Windschatten der E-Stollenreiter cruisend: Ein zunehmende »Elektrifizierung« des Themas E-Bike. Der in Estland aufgebaute und nun in Berlin residierende Start-Up Comodule – 2017 erstmals mit einem Stand auf der TCS dabei – oder der in Taiwan ansässige Anbieter Hyena Inc. mit seiner Marke Hydrive sind nur zwei Beispiele smarter E-Bike-Lösungen, die auf die Integration diverser Hard- und Software-Technologie-Pakete setzen, die laut E-Bike-Branchenkennern für eine »komplette Produkt- und Service-Lösung« stehen.
In diesem Zusammenhang sei auch das automatische Fahrradschloss Linka des gleichnamigen Startup aus den USA erwähnt. Dieses Produkt wurde erstmals am Stand des weltweiten Vertriebspartners Messingschlager präsentiert. Dort gab sich vor allem die internationale wachsende Mietrad-System-Szene die Klinke in die Hand. Anders ausgedrückt: So voll und betriebsam hat der oftmals auf der TCS anwesende RadMarkt-Redakteur den Stand des Baunacher Großimporteurs noch nie erlebt.
Wachsend: Mietrad-Flottenmarkt
Wobei wir bei einem weiteren aufstrebenden Thema wären: Mieträder. Nicht nur der zur Gallop Corporation (u.a. Marken Bellwether, Profile Design etc.) gehörende junge US-Anbieter Mobia Bikes präsentierte zusammen mit seinen Partnern NuVinci Cycling und Gates Carbon »ein produktionsfertiges, gewerbetaugliches Fahrrad für Fahrradflotten von Unternehmen, Bike-Sharing-Programme und anspruchsvolle gewerbliche Nutzungen«. Dass mehrere Anbieter bzw. TCS-Aussteller auf diesen Zug aufspringen, ist mit Blick auf die alleine in China anvisierten und auf der TCS kursierenden magischen Zahl von 10 Millionen Mieträdern, die das Land der Mitte in den Markt bringen will, nicht verwunderlich.
Mit den aktuellen Top-Themen E-Bike/E-MTB und Mietrad im Rücken war kaum Platz für andere Fahrradkategorien. Wobei vielleicht auch noch das Thema Cargo-Bike (mit und ohne »e«) zu erwähnen ist. Auf diesen zumindest in Europa angefahrenen Zug ist eine wachsende Anbieter-Zahl aufgesprungen.
Mehr zu diesjährigen TCS in den kommenden RadMarkt-Ausgaben.
Text/Fotos: Jo Beckendorff