Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass der Fahrradfachhandel in der Hansestadt deutlich von den gestiegenen Benzinpreisen profitiere. Hier die Online-Meldung vom 29. Mai 2008 in Auszügen im Wortlaut:
»Viele Fahrradhändler freuen sich über immer höhere Verkaufszahlen und über mehr Kunden, die ihr Fahrrad zur Reparatur bringen. Grund: Viele Hamburger lassen ihre alten Räder wieder aufmöbeln, um damit zur Arbeit zu fahren oder zum Einkaufen auf das Auto verzichten zu können. Dies ergab eine Umfrage des Abendblatts vom Mittwoch.
‚Früher konnte ich ein Fahrrad von einem Tag auf den anderen wieder auf Vordermann bringen’, sagt Jürgen Ghebrezgiabiher von Flottbike in Osdorf. ‚Jetzt ist der Andrang so groß, dass die Kunden mindestens zwei Wochen warten müssen, bis ihr Fahrrad fertig ist.’ Beim Fahrradhändler B.O.C., der drei Filialen in Hamburg betreibt, ist der Ansturm vor allem auf neue Fahrräder groß. ‚Wir haben schon jetzt 20 Prozent mehr Räder verkauft als noch im Mai 2007’, freut sich Rita Wall von B.O.C.
Einer, der vom Auto auf das Fahrrad umgestiegen ist, heißt Ole Blaubach. Der Fotograf aus Eppendorf fährt, so oft es geht, mit dem Rad. ‚Ich nutze das Auto so wenig wie möglich. Auch meine Kinder hole ich mit dem Fahrrad vom Kindergarten ab.’ Der Weg zur Arbeit sei kurz, das ginge mit dem Rad schneller, sagt der 37-Jährige.
Viele Menschen nutzen das Fahrrad wie Blaubach überwiegend auf kurzen Strecken. ‚Für Entfernungen bis sechs Kilometer steigt kaum noch jemand ins Auto’, sagt Ulf Kalkmann, der nicht nur Sprecher des Einzelhandels, sondern auch Geschäftsführer der Zweiradmechanikerinnung ist. ‚Die Benzinpreise führen dazu, dass die Leute für kurze Besorgungen oder den Besuch bei der Freundin lieber das Rad nehmen.’ Rund 15 Prozent mehr Menschen würden heute das Fahrrad nehmen, Tendenz steigend.
Torsten Maßmann, Verkäufer bei Radsport von Hacht in Eppendorf, bestätigt: ‚Sieben von zehn Kunden sagen, der hohe Benzinpreis sei ein Grund für den Fahrradkauf.’ Ob Bäcker, Krankenschwester oder Manager, viele Kunden würden immer öfter mit dem Rad zur Arbeit fahren. ‚Wir merken es auch daran, dass die Nachfrage an Zubehör steigt, etwa an Fahrradtaschen speziell für Akten oder Bekleidung, die man über den Anzug tragen kann.’ Eine generelle Änderung im Verhalten der Kunden beobachtet Mechaniker Ghebrezgiabiher. ‚Sie sparen, wo es geht, die Benzinkosten spielen da eine große Rolle.’
Bert Ehlers, Vertriebsleiter von HSH Facility Management, sieht die Kollegen aus dem Bürofenster jeden morgen heranradeln. Unter ihnen ist die Systemadministratorin Sabine Kallweit. Wie drei andere Kollegen fährt sie aus Überzeugung Fahrrad. Das Team fand zusammen durch die Aktion ‚Mit dem Rad zur Arbeit’ vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und AOK. ‚In diesem Jahr machen schon 93 Betriebe mit, 2007 waren es nur 29. Sicher spielen die Benzinpreise eine Rolle’, sagt Svenja Bade von der AOK. Ähnlich sieht es Gisela Becker vom HVV: ‚Wir vermuten, dass der Benzinpreis die steigende Zahl der Fahrgäste begünstigt.’ Für 2008 rechne das Unternehmen mit einem Zuwachs von zehn Millionen Fahrgästen auf insgesamt 628 Millionen.«