Europas führender Premium-Fahrradanbieter Accell Group N.V. hat im Rahmen eines Updates seiner kürzlich geschärften und bereits im März 2018 ausgerufenen »Lead Global, Win Local«-Strategie neue Schritte angekündigt, mit dem man ein noch leistungs- und verbraucherorientiertes Fahrrad- und Fahrradteile-Unternehmen werden will. Die wichtigste Entscheidung im Zuge der Neufokussierung: Die Holländer wollen sich wieder auf das Europageschäft konzentrieren. Heißt auch: Das im Vergleich junge und weiterhin darbende U.S.-Geschäft wird künftig als separates Geschäft geführt und somit nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Dabei ist auch ein Verkauf des U.S.-Geschäfts »eine Option«.
Hauptgrund für die Ausgliederung der aktuellen »Gewinnbremse« U.S.-Geschäft ist, dass das börsennotierte Unternehmen mit dem Fokus auf das gute Europa-Geschäft auch wieder bessere Zahlen erwartet. Vor allem in diesem Jahr können Aktionäre über die Entwicklung der Accell-Aktien nicht glücklich sein.
Somit will man das U.S.-Geschäft, das es derzeit auf nur circa 6 Prozent des Gruppenumsatzes bringt, künftig als »Nicht-Kerngeschäft« und separate Einheit laufen lassen. Mit Blick in die Zukunft des U.S.-Geschäfts überprüfen die Holländer mehrere Möglichkeiten. »Ein Verkauf ist neben der Rechtevergabe an ein eigenständiges, profitables Geschäft eine der Optionen«, heißt es aus der Accell-Zentrale in Heerenveen. Eine genaue Überprüfung werde in den nächsten sechs bis neun Monaten durchgeführt.
Für das Kalenderjahr 2018 gibt Accell Group auch schon einmal erste Zahlenprognosen bekannt. Ohne das U.S.-Geschäft würde das Nettoumsatz-Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 6 Prozent betragen. Die EBIT-Performance für das Kerngeschäft wird ohne außerordentliche Aufwendungen zwischen 51 und 57 Millionen Euro liegen. Die Konzern-EBIT-Leistung für das Gesamtjahr einschließlich der Aktivitäten in den USA wird bei 31 Millionen Euro liegen. Darin enthalten: Ein EBIT des U.S.-Geschäfts zwischen Minus 21 und Minus 19 Millionen Euro sowie weitere außerordentliche Aufwendungen in Höhe von minus 6 Millionen Euro.
Des Weiteren gibt Accell Group bekannt, dass man im Zuge der Strategieumsetzung »Lead Global, Win Local« auf Kurs sei. Zu den bisherigen und bevorstehenden Umwälzungen meint Accell Group-CEO Ton Anbeek: »Jetzt, da unser Vorstand komplett ist, beschleunigen wir unsere Wachstumsstrategie. Wir haben Zeit und Geld investiert, um ein noch fokussierteres und auf den Verbraucher ausgerichtetes Unternehmen zu finden. Dies ermöglicht es uns, unsere Innovationen besser mit Konsumenten-Trends und -nachfrage in Einklang zu bringen. Außerdem wird es ermöglicht, Konsumenten auf effektivere Weise durch effektiveren Vertrieb zu erreichen. Wir müssen dort sein, wo die Nachfrage besteht – mit den Dingen, nach denen die Verbraucher Ausschau halten. Wir stellen fest, dass unser Unternehmen in den meisten Märkten, in denen wir tätig sind, Wachstum und gute Margen einfahren. Wir haben uns entschieden, unsere U.S.-Aktivitäten als separate und nicht zum Kerngeschäft gehörende Einheit zu führen. Dies bedeutet, dass wir unsere U.S.-Aktivitäten in den nächsten sechs bis neun Monaten nicht nur vom Ergebnis verbessern, sondern auch überdenken und entscheiden müssen, was wir genau damit tun. Während der Überprüfung der zukünftigen Optionen für die USA unsere Aufmerksamkeit erfordert, erwarten wir auch, dass diese Maßnahmen dem Management Zeit geben, uns mehr auf die weitere Umsetzung unserer Wachstumsstrategie zu konzentrieren. Wenn wir die zugrunde liegenden Ergebnisse des Unternehmens betrachten, sind wir zuversichtlich, die richtigen Schritte zu tun. Es gibt uns Kraft und Zuversicht, unsere strategischen und finanziellen Ziele 2022 zu bestätigen.«
Im Rahmen der »Lead Global, Win Local«-Strategie wurden bereits einige Weichen gestellt. So wurde zum Beispiel ein klares strategisches Markenportfolio mit zehn Kernmarken etabliert, »das auf wettbewerbsorientiert recherchierten und verschärften Markenpositionierungen basiert. Dies bietet maximale Klarheit und Orientierung für Innovations-, Kommunikations- und Vertriebsstrategien«.
Das Unternehmen sei nicht nur mit seinen starken Marken wie Winora, Ghost und Haibike im Geschäft, sondern auch mit kürzlich erworbenen wie den Cargo-Bikeanbieter Babboe. Mit Fokus auf das Konsumenten- und E-Bike-Segment habe der Konzern eine Drei-Säulen-Omnichannel-Strategie vorbereitet, die derzeit umgesetzt wird. Das Geschäftsfeld Parts & Accessories wurde unter einer Führung zentralisiert, um die richtigen Synergien und Bedingungen zu schaffen, die weiteres profitables Wachstum gewährleisten. Diese Abteilung hat ihre Logistik optimiert und führt ihre (von Winora Group kreierte) Marke XLC weiter aus. Die angestrebten Einsparungen für 2019-2022 würden ermittelt. Alle weiteren Strategieschritte hätten begonnen.
Die erfolgreiche Umsetzung der Strategie von Accell ist die Basis für ihre angestrebten Ziele 2022. »Basierend auf unserer Leistung in Bezug auf Umsatz und Rentabilität im Kerngeschäft (ohne US-Geschäft) ist das Management zuversichtlich, seine strategischen Ziele für 2022 erneut zu bestätigen«, heißt es in einer aktuellen Accell Group Pressemitteilung.
Besagte Ziele sind:
– ein Umsatz zwischen 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro durch organisches Wachstum, E-Commerce-Wachstum und Akquisitionen
– Mehrwert/Umsatz: mehr als 31 Prozent
– EBIT/Umsatz: 8 Prozent
– Betriebliches Umlaufvermögen/Umsatz: mehr als 25 Prozent
– ROCE (= »Return on Capital Emplolyed« = Kapitalertrag): mehr als 15 Prozent
Kurzer Hinweis: Am 8. März 20019 wird die Accell Group ein Analystentreffen veranstalten. Vorgesehener Grund: »die Konkretisierung aller strategischen Initiativen«.
Text: Jo Beckendorff