Die baden-württembergische ACI Systems Alemania GmbH (ACISA) ist eine strategische Partnerschaft mit dem bolivianischen Staatskonzern Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) eingegangen. Damit bekommt das Mitglied der in Rottweil ansässigen ACI Group einen direkten Zugriff auf den so wichtigen (allerdings endlichen) Rohstoff Lithium. Heißt auch: über den erschaffenen Joint-Venture YLB ACISA erhält erstmals ein deutsches Unternehmen einen direkten Zugriff auf den für die E-Mobilität so wichtigen Rohstoff Lithium.
Die ACI Group konzentriert sich auf innovative und nachhaltige Produktionslösungen für die Photovoltaik-, Batterie- und Automobilindustrie inklusive Anwendungen für die Fertigung von Batteriesystemen, Energiespeichern und -generatoren für die Elektromobilität, Solarkraftwerken sowie der Gewinnung von Rohstoffen und Materialien für diese Bereiche.
Als elementarer Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien – der laut ACISA »derzeit aussichtsreichsten Alternative für die Umsetzung der Elektroauto-Offensive« – zählt Lithium zu den sehr begehrten Rohstoffen. Benötigt wird er über E-Fahrzeuge inklusive E-Bikes hinaus auch für Akkus von Mobiltelefonen und Laptops sowie Speichersysteme von Solarenergie.
Das Staatsunternehmen YLB, mit dem ACISA nun einen Joint-Venture eingehen wird, wurde »zum Wohl des bolivianischen Volkes«für die Gewinnung, Nutzung und Vermarktung des Rohstoffs gegründet. Denn so ACISA: »Der Salar de Uyuni in den Anden im Südwesten Boliviens ist die derzeit größte bekannte und bisher weitgehend nicht genutzte Lagerstätte für Lithium.«
Das gemeinsame Projekt wurde in drei Phasen untergliedert. Phase drei beinhaltet den Aufbau einer Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt, an der Bolivien mehrheitlich beteiligt ist.
Für die Realisierung hatte YLB acht internationale Konsortien eingeladen, entsprechende Vorschläge vorzulegen. Nach zahlreichen Prüfungen hat letztendlich ACISA den Zuschlag bekommen. Für YLB sollten die von ACISA berücksichtigten umweltrelevanten Aspekte eine entscheidende Rolle für die Wahl als Partner gespielt haben. Dazu zählt laut ACISA, »dass die Rohstoffgewinnung umweltverträglich erfolgt, regenerative Energien genutzt und eine dezentrale Stromversorgung aufgebaut wird«. Somit würde auch erstmals eine »grüne« Batterie- und Kathodenproduktion ermöglicht, heißt es aus Rottweil.
Dank der bolivianisch-deutschen Partnerschaft erhält Deutschland auch erstmals Zugriff auf den begehrten nicht-heimischen Rohstoff Lithium – laut ACISA-Chef Dr. Wolfgang Schmutz »einer der Schüssel-Rohstoffe des 21. Jahrhunderts«. Somit ist die Entscheidung für ACISA »auch für Deutschland beziehungsweise Europa von strategischer Bedeutung«. Das Joint-Venture beinhaltet Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar (1.06 Milliarden Euro) und den Bau dreier Fabriken in Bolivien. Produktionsbeginn ist für 2021 geplant. Die Förderung soll dann über 70 Jahre laufen. Die Jahresproduktion wird bei 40.000 bis 50.000 Tonnen Lithiumhydroxid liegen – und soll Deutschland somit laut dem bei Vertragsunterzeichnung in Berlin anwesenden Peter Altmaier auch zu einem führenden Standort für Batteriezellfertigung machen. Bei dieser Aussage wird der Bundeswirtschaftsminister sicherlich auch die heimische Automobilindustrie im Blick gehabt haben.
Mitte kommenden Jahres soll die Gründung eines öffentlich-privaten Joint-Ventures von YLB and ACISA abgeschlossen sein. An dem Joint-Venture wird das bolivianische Staatsunternehmen eine Mehrheit von 51 Prozent in seinen Händen halten. »Aufgaben dieses Unternehmens sind die genaue Festlegung der Tätigkeitsbereiche sowie die Ausarbeitung von Business- und Umweltplänen für die anschließend zu gründenden Projektgesellschaften für die Gewinnung und Verarbeitung des Lithiums. Darüber hinaus fällt die differenzierte Konzeption der technischen und wirtschaftlichen Umsetzung des Projekts in den gemeinsamen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft. Zu den Aufgaben der ACISA als Projektführer gehört unter anderem die finale Auswahl der Technologie- und Realisierungspartner bis hin zum Bau der erforderlichen Produktionslinien, durch die eine innovative, effiziente und nachhaltige Produktion sichergestellt werden kann«, heißt es aus der ACI Group-Zentrale in Rottweil.
Neben Lithiumhydroxid wird das bolivianisch-deutsche Joint-Venture übrigens auch Kaliumsulfat, Magnesiumhydroxid und Natriumsulfat aus der Restsole gewinnen, verarbeiten und vermarkten. Dafür wurden unter anderem potenzielle Partner und Abnehmer identifiziert.
Text: Jo Beckendorff, Foto: YLB