Letzten Donnerstag (30. November) griffen die abendlichen ARD-Tagesthemen unter anderem das Thema stationslose Fernost-Mietrad-Systeme mit dem Hinweis auf, dass deren geradezu penetrante Präsenz vor allem in chinesischen Metropolen (weil in unkontrollierbaren Massen auftretend) nun auch auf erste deutsche Städte übergreifen würde. Der dreiminütige Beitrag lief unter dem Titel »Datenhandel und Umweltprobleme«.
Anlass zur Berichterstattung bot sicherlich die vom Bayerischen Rundfunk (BR) aufgedeckte Datenpanne bei Obike. Der Mietrad-Systemabieter aus Singapur hatte noch vor der am 21. November gestarteten Deutschland-Premiere von Chinas größtem Mietrad-Systemanbieter Mobike in Berlin bereits Anfang August in München und Ende Oktober in Frankfurt a.M. losgelegt (der RadMarkt berichtete jeweils). Nach ersten Pannen bei der Premiere in München setzte Obike eilends Marco Piu als Geschäftsführer Deutschland ein. Der sollte sämtliche aufgelaufene Probleme schnellstens beheben.
Damals gab es aber auch schon die Diskussion, wie Fernost-Anbieter wie Obike oder Mobike mit ihrem Billig-Bikes überhaupt Geld verdienen. Bei den niedrigen Mietpreisen alleine kann sicherlich keiner der Asien-Anbieter weder jetzt noch in weiter Zukunft profitabel arbeiten. Fakt ist: Hinter diesen wie aus den Nichts kommenden App-gesteuerten Mietrad-Systemen stehen Riesenunternehmen aus der IT-Branche. Somit ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Mietrad-Anbietern nicht nur um eine reine »Gutmenschen«-Aktion handelt, sondern schlicht um das Abgreifen von Kundendaten.
Damit konfrontiert wehrten sich Piu und sein Team im September vehement gegen diesen Vorwurf. Ganz im Gegenteil: Man könne sich vorstellen, die Daten den Städten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Diese könnten damit eine Verbesserung der Infrastruktur aufgreifen (wo liegen Verkehrsknotenpunkte und Unfallquellen für Radfahrer, wo sollten neue Radwege entstehen etc.pp). Sämtliche gesammelten Daten seien anonymisiert und dienten ausschließlich «dem Tracking der Räder«.
Tatsächlich? Der Tagesthemen-Beitrag sagt etwas anderes. Fakt ist, dass es bei Obike eine Datenpanne gegeben hat. Laut dem BR sind letztens Nutzerdaten von Obike frei zugänglich im Internet zu finden gewesen. Nutzer-Telefonnummern, Profilbilder, e-mail-Adressen und sogar detaillierte Bewegungsprofile standen zur freien Verfügung – alles Daten, die vor allem für Anzeigenkunden äußerst wertvoll sind.
Gegenüber dem BR erklärte Obike, diese Sicherheitslücke behoben zu haben. Von ihr sollen nicht nur Kunden in Deutschland, sondern weltweit betroffen gewesen sein.
Wie brisant das Datenthema im Zusammenhang mit dem stationslosen Mietrad-Systemgeschäft ist und wie es aussieht, wenn die Städte mit Billig-Mieträdern zugestellt sind, erfahren bzw. sehen Sie im beschriebenen TV-Beitrag unter diesem Link (ab Minute 24,49 bis 27,49).
Text: Jo Beckendorff, Foto: ARD Tagesthemen