Gestern berichtete das U.S.Branchen-Fachblatt Bicycle Retailer & Industry (BRAIN) darüber, warum die in die Insolvenz geschlitterte Advanced Sports Enterprises Inc. – das Dach des Fahrrad-Großhandels Advanced Sports International (ASI) und der U.S.-Fachhandelskette Performance Bicycle (PB) – das im Vergleich schlechtere Angebot von Head Sport und nicht das von einer Gruppe seines bisherigen Produktionspartners Ideal Corporation favorisierte. Hier ein kurzer Überblick.
Laut BRAIN hatte Ideal Corporation – Taiwans drittgrößter Fahrradproduzent hatte einen Anteil von 17 Prozent von ASE in seinen Händen – zusammen mit drei Partnern ein Angebot von 22,5 Millionen US$ für die ASE-Vermögenswerte abgegeben. Warum man sich lieber für das Angebot von Head Sport, das für die ASE-Vermögenswerte (allerdings nicht alle, aber einen Großteil) 21,5 Millionen US$ bezahlte – also genau eine Millionen US$ weniger – entschieden hat?
Laut ASE habe man sich für das Angebot von Head Sport in Absprache mit mehreren größeren Gläubigern (darunter Wells Fargo und York Partners) entschieden, weil die angetretene Ideal-Gruppe (auch dabei: Advanced Holdings, eine Private-Equity-Gesellschaft mit Sitz in Hongkong, die 2017 eine Investition in Höhe von 7 Millionen US-Dollar in die ASE tätigte) eine lose Partnerschaft darstelle, die vor dem Verkaufsabschluss hätte auseinander fallen können. O-Ton ASE in BRAIN: »Head ist sicherer – einfach deshalb, weil es sich um ein Angebot eines großen und angesehenen Weltkonzerns handelt, der diese Verkaufstransaktion auch schließt«.
Was ASE angeblich zusätzlich befremdete: Ideal habe gegen einen Beschluss des Konkursgerichts verstoßen, indem der Anbieter in der laufenden Chapter 11-Phase eine Lieferung von Kestrel- und Fuji-Bikes an die europäische Tochtergesellschaft Advanced Sports GmbH (alias Advanced Sports Europe) in Mutlangen verkauft habe.
Am 21. Dezember hatte das Gericht die bestehenden Lizenz- und Produktionsverträge zwischen ASE und Ideal aufgehoben. Damit ist Ideal der Verkauf von Produkten mit den ASE-Markennamen – selbst jene, die bereits produziert waren – verboten worden. Dagegen ging Ideal in Berufung.
ASE-Chef Pat Cunnane legte dem Gericht einen Frachtbrief vor, aus dem hervorgeht, dass Ideal am 26. Dezember an die 400 Fahrräder mit ASE-Markennamen an Advanced Sports GmbH geliefert hat. Sicherlich wollten die Mutlanger damit noch georderte Ware an ihre Händler liefern. Daraus wurde den Taiwanern nun der Strick gedreht.
»Trotz der Bestimmungen dieses Gerichtsbeschlusses verkaufte Ideal Fahrradbestände, die die Marken der Schuldner enthielten“, heißt es in der ASE-Einreichung vor Gericht. Solche Handlungen hätten Fragen auf geworfen, ob Ideal »als ein gutgläubiger Käufer angesehen werden könnte, ob es die finanzielle Fähigkeit hat, den Kauf abzuschließen, und ob es seinem Angebot nachkommen würde«, wenn der Anbieter bereits einen vorherigen Beschluss des Gerichts ignoriere.
Laut internationaler Branchenkenner sind das allerdings alles Gründe, die von ASE vorgelegt wurden, um seine Zukunft doch lieber in die Hände eines breiter aufgestellten Weltkonzerns – sprich Head Sport – zu legen.
Welche ASE-Vermögenswerte Head Sport jetzt allerdings genau erworben hat (außer besagter 34 PB-Stationärsgeschäfte in den USA – siehe gestrige ASE-Meldung), war dem RadMarkt zum Zeitpunkt dieses Schreibens noch immer nicht klar. Ob alle ASE-Markennamen oder nur die potentesten wie Fuji & Co., wird sicherlich schon sehr bald kommuniziert werden müssen.
Text/Foto: Jo Beckendorff