Mit dem börsennotierten Unternehmen Valeo S.A. betritt ein weiterer Automobilzulieferer den Fahrrad-Markt. Der »Weltmarktführer in der Fahrzeug-Elektrifizierung« hat einen 48-Volt-Motor für den Einsatz in Fahrrädern nutzbar gemacht. Nun wollen die Franzosen »das aktuell leistungsstärkste Pedelec-System« auf den Markt bringen. Name des Antriebs: »Smart E-Bike System«.
Bisher findet man Valeo-Technologien in Voll- und Plug-in-Hybriden, vollelektrischen Pkws und E-Trucks sowie in autonomen Shuttles, elektrischen Dreirädern oder Lieferdroiden. Jetzt haben die Franzosen – wen verwundert es beim aktuellen E-Bike-Boom – eine neuartige Anwendung für ihre 48 Volt-Systeme entwickelt. Mit ihrem System wollen sie nicht kleckern sondern klotzen.
»Eines der wichtigsten strategischen Ziele von Valeo ist es, zügig in die wachsenden Märkte für emissionsfreie Mobilität zu expandieren. Insbesondere denken wir dabei an den Markt für kleine E-Fahrzeuge für die Innenstadt, Elektro-Motorräder und -Roller, autonome Lieferdroiden für die letzte Meile und für E-Bikes. Um unsere Ziele zu erreichen, nutzen wir die technologischen Plattformen, die wir für die Automobil-Industrie entwickelt haben – und zwar insbesondere ADAS-Plattformen für fortschrittliche Fahrerassistenz-Systeme und Plattformen für die 48-Volt-Elektrifizierung. Diese passen wir dann auf die jeweilige Anwendung an«, erläutert der Valeo-Vorsitzende und -CEO Jacques Aschenbroich. Anmerkung des RadMarkts: »ADAS« steht für »Advanced Driver Assistance Systems«, also Fahrerassistenz-Systeme.
Zielgruppe E-Bike-Hersteller
Valeo selbst will keine Fahrräder produzieren, sondern seine neue Technologie E-Bike-Herstellern anbieten. Um aber die Nutzungsmöglichkeiten von »Smart E-Bike System« demonstrieren zu können, wurden drei Prototypen entwickelt (ein E-City-Bike, ein E-Mountain-Bike und ein E-Lastenfahrrad). Besondere Features an Letzterem: eine Rückfahrfunktion und eine integrierte Funktion zur Bremsenergie-Rückgewinnung.
Das »Smart E-Bike System« ist laut Anbieter »die weltweit erste Lösung, bei der sowohl ein Elektro-Motor als auch ein adaptives Automatik-Getriebe direkt im Pedalsystem integriert werden«. Heißt, dass sich mit Hilfe dieses neuen elektrischen Assistenzsystems das Fahrrad dem Radfahrer individuell anpassen soll – und nicht umgekehrt. Die Gangschaltung geschieht automatisch. Systemalgorithmen justieren vom ersten Pedaltritt an den Grad der elektrischen Unterstützung, den der Radfahrer benötigt. Zudem verfügt das System über eine Diebstahlsicherung, die ebenfalls in die Pedaleinheit integriert ist. Bei Aktivierung werden die Pedale blockiert.
Kooperationspartner Effigear
Für diese Innovation hat sich Valeo mit Landsmann und Tretlager-Schaltbox-Anbieter Effigear zusammengetan. Dieser Anbieter (Spitzname: »der französische Pinion«) tauchte in Deutschland schon einmal im Zusammenhang mit den einstigen (und bereits wieder eingestellten) E-Bike-Ambitionen von Automobil-Zulieferer Muhr und Bender KG (alias Mubea Group) auf.
All in One: 48 Volt-Motor mit Sieben-Gang-Automatikgetriebe
Gemeinsam wurde eine Technologie entwickelt, »die einen 48 Volt-Elektromotor mit einem adaptiven Sieben-Gang-Automatikgetriebe in der Pedaleinheit kombiniert«. Aufgrund eines Drehmoments von 130 Newtonmeter kann es den physischen Kraftinput des Radfahrers um das Achtfache verstärken. Laut Valeo können vergleichbare Systeme die Leistung lediglich um den Faktor Fünf steigern.
Kommt die elektrische Unterstützung des Valeo-Systems zum Beispiel an einem Lastenfahrrad mit einem Gesamtgewicht von 150 Kilogramm zum Einsatz, könne ein Radfahrer »ohne ins Schwitzen zu kommen«. eine Steigung von 14 Prozent (die einer Parkplatzrampe entspricht) überwinden.
Zauberformel Reduktion
Zudem sei der 48 Volt starke Valeo-Motor effizienter als die 24- oder 36-Voltmotoren, die üblicherweise bei den aktuellen E-Bikes verwendet werden. Des Weiteren soll das komplette System mit Riemenantrieb viele verschleißanfällige Teile (Kettenschaltung, Ritzel, Lenkerschaltung, Kabel etc.) überflüssig machen. Dadurch würden fast fast 50 Einzelteile wegfallen, von denen laut Valeo »viele üblicherweise irgendwann kaputtgehen oder einer ständigen Wartung bedürfen«.
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Text: Jo Beckendorff, Fotos: Valeo.