Bisher war zumindest offiziell nur bekannt, dass sich die BMC-Gruppe von seiner E-Bike-Marke Stromer trennen will. Jetzt zeigt sich, dass die Schweizer sich nicht nur von Stromer sondern ganz von dem einst aufgegriffenen „Leitgedanken eines Universalanbieters“ verabschieden. Soeben wurde bekannt dass die Hamburger Bergamont Fahrrad Vertrieb GmbH von BMC Group Holding AG an Mitbewerber Scott Sports SA verkauft wurde. Über den Übernahmepreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die komplette Übernahme soll schon Ende diesen Monats (Juni) abgeschlossen sein…
Wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist, hat Scott nicht nur die Mehrheitsanteile an Bergamont erworben, sondern auch die immer noch von Firmengründer und Geschäftsführer Stefan Berkes (Bild) gehaltene Minderheitsbeteiligung (deren Höhe nicht genannt wird).
Im Zuge einer bereits angelaufenen Neuausrichtung will sich BMC Group künftig voll und ganz auf seinen hochwertig-sportiven (BMC-)Bereich konzentrieren. Somit verabschiedet sich das Unternehmen vom Credo eines Universalanbieters. Dieser Weg wurde 2008 mit der Übernahme eines Mehrheitsanteils an Bergamont eingeläutet. 2011 folgte die Übernahme von Stromer. Laut Thomas Binggeli – der dem Präsidium des Verwaltungsrats der BMC Group Holding AG vorsteht – ist Scott als gut etablierter Anbieter im Fahrrad- und Sportgeschäft ein idealer Partner für Bergamont.
Scott selbst will laut eigenen Angaben mit Bergamont sein bisher bestehendes Fahrrad-Portfolio ausbauen. „Eine gut eingeführte und erfolgreiche Marke wie Bergamont passt hervorragend zum Portfolio der Scott-Gruppe,“ freut sich Scott-CEO Beat Zaugg, „speziell in Deutschland, Österreich und der Schweiz erwarten wir positive Synergien.“
Wie auch immer: Bergamont-Gründer und –Chef Stefan Berkes wird sein Hamburger Unternehmen nach einer nicht näher benannten Übergangszeit verlassen und sich dann auf sein traditionelles Familienunternehmen, dass außerhalb der Fahrradbranche angesiedelt ist, konzentrieren. Er wird allerdings weiterhin beratend zu Seite stehen.
Wichtig für die Hamburger zu wissen: Bergamont soll weiter unabhängig geführt werden. Heißt: Die Zentrale bleibt in der norddeutschen Hansestadt. Sie soll künftig vom bisherigen Leiter der Produktentwicklung Martin Eberle, Verwaltungs- und Finanzchef Wolfgang Winkler und einem noch nicht benannten Verkaufschef unter dem Dach der Scott Gruppe gelenkt werden. Über eventuelle logistische Veränderungen würde der Bergamont-Vertrieb in den nächsten Tagen informiert werden. Der Schweiz-Vertrieb von Bergamont bleibt weiterhin in den Händen des helvetischen Branchen-Urgesteins Stefan Schär.
Was Scott betrifft, wird nach dem Einstieg des koreanischen Scott-Vertriebspartners und Outdoor-/Bikewear-Produzenten Youngone Corporation weiter Gas gegeben. Seit Februar 2015 hat „der Schweizer mit us-amerikanischen Wurzeln“ mit Youngone einen finanzkräftigen Hersteller im Rücken.
Über eine Tochter namens Mountain Summit Holdings halten die Koreaner unter anderem auch seit März 2013 ein Mehrheitspaket an dem US-Outdoorer Outdoor Research. Nach dem Einstieg von Youngone bei Scott hatten die Schweizer bekannt gegeben, die Lizenz der US-Outdoor-Marke für Europa übernommen zu haben. Mit Bergamont bauen sie jetzt gezielt auch ihre Hartwaren-Range weiter aus.
Text/Foto: Jo Beckendorff