Der erst seit Juni letzten Jahres an der Börse gehandelte Bike-, Lauf- und Schwimmsport-Onlinehändler Bike24 Holding AG hat gerade seinen nun verpflichtend zu veröffentlichen Geschäftsbericht 2021 vorgelegt.
Demnach haben die Dresdner im letzten Jahr einen Gesamtumsatz von 250,16 Millionen Euro eingefahren. Verglichen mit dem Vorjahr ist das ein gutes zweistelliges Plus von 25,6 Prozent. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes EBITDA) verbesserte sich um 3,9 Millionen Euro auf 30,6 Millionen Euro. Dies entspricht einer Marge von 12,2 Prozent. Zum Vergleich: 2020 waren es 13,4 Prozent. Der Gewinn vor Steuern lag mit seinen 3,87 Millionen Euro sogar 224,5 Prozent über dem des Vorjahres.
Im wirtschaftlich schwierigen Umfeld bestens behauptet
Für Bike24-Mitbegründer und -Geschäftsführer Andrés Martin-Birner war 2021 nicht nur wegen des Börsengangs ein sehr erfolgreiches Jahr: »Wir haben unseren Umsatz um rund 26 Prozent gesteigert und trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds Marktanteile hinzugewonnen. Dies ist uns gelungen, indem wir unsere 20-jährige Branchenerfahrung und unsere langjährigen Lieferantenbeziehungen genutzt haben. So konnten wir Lieferschwierigkeiten entgegenwirken und unseren Kunden eine breite Produktpalette anbieten, während anderswo die Regale oft leer blieben. Mit dem Relaunch unseres Webshops, unserer konsequent verfolgten internationalen Expansionsstrategie und auch unserer umfassenden Markenkampagne, die wir in diesem Frühjahr gestartet haben, sind wir nach meiner Überzeugung bestens aufgestellt, um unsere führende Rolle im boomenden europäischen Fahrradmarkt weiter auszubauen.«
Lieferengpässe bremsten Komplettrad-Verkäufe ein
Mit einem Anteil von 90 Prozent (2020: 91 Prozent) waren Teile, Zubehör und Bekleidung der Haupttreiber für den oben genannten 2021er-Gesamtumsatz. Die Dresdner verweisen darauf, dass sie bei intakten Lieferketten deutlich mehr Kompletträder hätten verkaufen können. So betrug der Anteil der Komplettrad-Verkäufe aufgrund des schwierigen Marktumfelds nur 10 Prozent des 2021er-Gesamtumsatzes (2020: 9 Prozent).
O-Ton Bike24: »Die Nachfrage bleibt zwar weiterhin auf hohem Niveau, es ist aber zu erwarten, dass sie durch die aktuelle Energiekrise noch zunehmen wird, da die Pendler zunehmend auf das Fahrrad umsteigen. Positiv dürfte sich auch die Tatsache auswirken, dass sich beispielsweise die Verfügbarkeit von E-Bikes ab Anfang 2022 bereits etwas verbessert hat.«
Expansion aus der DACH-Region heraus Richtung Europa
Größter Markt war wiederum die DACH-Region mit einem Umsatzplus von 24,4 Prozent auf 170,2 Millionen Euro. Ein besonders starkes Wachstum verzeichnete Bike24 erneut in Spanien (plus 137,8 Prozent auf 4,7 Millionen Euro). In den übrigen europäischen Wirtschaftsräumen stieg der Umsatz um 31,5 Prozent auf 54,4 Millionen Euro. Die Umsätze im Rest der Welt (inklusive Großbritannien) beliefen sich auf 20,9 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 9,7 Prozent.
Die strategische Expansion aus der DACH-Region heraus Richtung Europa nimmt mit dem Aufbau des südeuropäischen Logistikzentrums im Raum Barcelona Formen an. Es soll planmäßig im zweiten Halbjahr 2022 in Betrieb genommen werden. Länderspezifische Webshops in Frankreich und Italien würden bereits eine gute Dynamik aufweisen.
Ausblick
Allerdings könnten die Auswirkungen der aktuellen geopolitischen Lage und der steigenden Inflation derzeit noch nicht vollständig und abschließend beurteilt werden. Somit geht Bike24 für das laufende Geschäftsjahr 2022 »trotz des unsicheren gesamtwirtschaftlichen Umfelds aufgrund der ungebrochenen Nachfrage nach fahrradbezogenen Produkten mit einem weiteren Umsatzanstieg von 10 bis 17 Prozent. Die bereinigte EBITDA-Marge wird voraussichtlich zwischen 9 und 10 Prozent liegen. Insgesamt will man mit dem Erlös aus dem Börsengang das Geschäftsvolumen innerhalb der nächsten fünf Jahre nahezu verdreifachen.
Demnach alles gut? Nicht ganz. Trotz guten Wachstums scheint die Börse das Bike24-geschäft eher kritisch zu sehen. Ein kurzer Blick zurück: im Juni 2021 rollte Bike24 zu einem Einstiegskurs von 15 Euro je Aktie aufs Börsenparkett. Ende des an sich guten Börsenjahrs 2021 lag die Aktie mit 15,04 Euro gerade mal mit 0,3 Prozent im Plus. In der aktuellen RadMarkt-Fahrradbörse des ersten Quartals 2022 liegt die Aktie gerade einmal bei 9,60 Euro (= minus 36,2 Prozent unter dem Wert vom 1.1.2022) – und damit gerade einmal ein paar Cents über ihrem auch Ukrainekrieg-bedingten 52-Wochentief von 8,91 Euro. Überhaupt kam die Bike24-Aktie bis dato nur auf einen 52-Wochen-Höchststand von 27,18 Euro. Im Vergleich zum Einstandskurs von 15 Euro ist das gerade einmal ein durchaus unbefriedigendes einstelliges Plus von 8,7 Prozent.
Wie kommt’s? Dass die Aktionäre Bike24 trotz guter Zahlen irgendwie abstrafen, hängt wohl auch mit den zuvor aufgestellten Erwartungen zusammen. Kurz- und mittelfristig hatten Aktionäre wohl insgeheim mehr erwartet. Dass dem nicht so ist, hängt auch mit den von Bike24 kommunizierten satten Investitionen in die Zukunft zusammen. Die wirken sich negativ auf die diesjährigen Geschäftszahlen aus.
Text: Jo Beckendorff, Foto: Bike24