Das nordamerikanische Fahrrad-Fachhandelsmagazin „Bicycle Retailer & Industry News“ (kurz BRAIN) hat Erich Reiss am 15. April auf einem Treffen der US-Fahrradkoalition Bikes Belong zur „Internationalen Person des Jahres“ gekürt. Reiss – ein begeisterter Windsurfer – war die treibende Kraft hinter der Eurobike, die sich unter seiner Ägide zur größten Fahrradmesse der Welt entwickelte. An die 250 Teilnehmer des Bike Belong Meeting im kalifonischen Monterey lauschten der Laudatio.
Wie ist ein einstiger Windsurf-Aussteller dazu gekommen, eine führende Fahrradmesse auf die Beine zu stellen? In den frühen 80ern fragten die Macher der Messe Friedrichshafen beim umtriebigen Reiss an, wie man mehr Leben in den Windsurf-Bereich der Fachmesse Interboot blasen könnte. Reiss machte sich an die Arbeit und war so erfolgreich, dass daraus in Zeiten des Windsurf-Booms die InterSurf entstand.
Über seine Windsurf-Kontakte stiessen Reiss und seine Frau Diana – die ruhige Seele hinter dem immer gemeinsam arbeitenden Ehepaar – auf das Thema Mountainbike. Beiden wurde schnell klar, dass sowohl die damalige Zweiradmesse Ifma in Köln als auch die führenden deutschen Fachhandelsverbände diesen neuen Markt ignorierten. Somit war es damals für Importeure und vor allem für US-Anbieter von Mountainbikes (die damals Pioniersarbeit leisteten) sehr schwer, an europäische Fachhändler und Endverbraucher heranzukommen.
So sprach das Ehepaar Reiss bei den Friedrichshafener Messemanagern Rolf Mohne und Jürgen Tillack vor. Sodann begann das Ehepaar in den Jahren 1989 bis 1990, den Markt eingehend zu studieren. Ergebnis: Die 1991 erstmals durchstartende Eurobike.
Als die erste europäische Nur-Fahrradmesse (davor gab es lediglich Zweiradmessen – also zusammen mit dem motorisierten Bereich) Fahrt aufnahm, blieb Reiss als freier Berater bei der Messe und wurde quasi das Gesicht der Eurobike. Vor allem auf internationaler Ebene gilt Erich Reiss als weitaus mehr als „nur“ Repräsentant: Er ist „Mr. Eurobike“. Zusammen mit seiner Frau ist Reiss seit 20 Jahren das Gesicht der Friedrichshafener Parademesse. Und auch wenn er vor einiger Zeit seine Aufgaben als Projektleiter an Stefan Reisinger abgegeben hat, ist er noch immer für „sein Baby“ unterwegs.
Teilweise nahe Portland/Oregon lebend, wo er – wenn in den Staaten – immer noch fast täglich mit dem Windsurf-Brett auf dem Columbia River anzutreffen ist, lenkt er zusammen mit seiner Frau das amerikanische Eurobike-Geschäft. Ab und an ist er auch noch in Asien unterwegs und erinnert die Branche daran, dass seine Messe weiterhin die führende Fahrradmesse weltweit ist.
Speziell die Asiaten – wo die Kontaktaufnahme anfangs immer etwas schwer, danach aber umso intensiver ist – haben Erich Reiss über die Jahre schätzen gelernt. Alte Branchenhasen erinnern sich noch gerne daran, wie er zusammen mit der langjährigen Asien-Repräsentantin Peggy Lee auf der Taipei Cycle Show von Stand zu Stand gezogen ist. Während er „Klinken putzte“, kamen die Ifma-Manager für ein paar Stunden zum VIP-Lunch mit den Größen der taiwanesischen Fahrradindustrie eingeflogen. Reiss setzte da eher auf freundliche individuelle Einzelgespräche. Und zog weiter mit Lee und ihrem Trolley von Stand zu Stand.
– Jo Beckendorff / BRAIN –