Nachdem das Bayerische Umweltministerium einen Entwurf für die Vollzugshinweise des Teils 6 des Bayerischen Naturschutzgesetzes »Erholung in der freien Natur« vorgelegt hat, kritisiert der Bund Naturschutz e.V. (BN) noch einmal in einer Stellungnahme explizit die wachsende Zahl der E-Mountainbiker im alpinen Gelände. Was den Naturschützern nicht passt: »Nach dem aktuellen Entwurf der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Umweltministeriums werden E-Pedelecs als Fahrräder ohne Motor angesehen.« Das wollen sie mit Blick auf die Nutzung bestimmter Wege im alpinen Raum so nicht ganz stehen lassen. Zwar sprechen sie sich nicht für ein kollektives Verbot, dafür aber für gewisse Beschränkungen aus.
In oben genannten Vollzugshinweisen der Ministerien werden die Gesetze ausgelegt und interpretiert. Im Nachgang zum Runden Tisch zum Volksbegehren Artenvielfalt wurde für das Thema »Mountainbike und Wegeeignung« unter Leitung des Deutschen Alpenvereins (DAV) eine Unterarbeitsgruppe eingerichtet. Aufbauend auf diese Arbeitsgruppe, an der der BN eigenen Angaben zufolge »nicht teilnehmen durfte«, wurden die Vollzugshinweise verfasst.
Straßenverkehrsordnung: Pedelecs sind Fahrräder
Generell bestätigt der BN, dass E-Bikes ein wichtiges Element zur Umsetzung einer ökologischen Verkehrswende sind. So ist auch von Seiten der Naturschützer nichts dagegen einzuwenden, Pedelecs im Rahmen der Straßenverkehrsordnung als Fahrräder einzustufen. Allerdings hätten diese Fahrzeuge im alpinen Gelände weniger zu suchen. Was neben der wachsenden Zahl an E-Mountainbikern in den Bergen ebenfalls Bauchschmerzen bereite: »E-MTBs werden immer leistungsfähiger.« Dies würde zu erheblichen Problemen führen.
E-MTB: »die Revolution der Erreichbarkeit im alpinen Gelände«
Deshalb der BN-Ruf nach Eindämmung. »Es braucht Beschränkungen bei der E-Mountainbike-Nutzung im alpinen Gelände«, fordert der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe, »diese Beschränkungen dienen dem Schutz der Natur, dem Schutz der Wanderer und dem Schutz von umweltbewussten E-Bikern. Wir fordern Umweltminister Thorsten Glauber auf, hier tätig zu werden und den Verordnungsentwurf entsprechend zu ändern«.
Naturschutzgesetz verweist explizit auf »ohne Motorkraft«
In diesem Zusammenhang verweist der BN auf das Bayerische Naturschutzgesetz. Dort wird unter anderem im Art 28 Abs. 1 folgendes ausgeführt: »Jedermann darf auf Privatwegen in der freien Natur wandern und, soweit sich die Wege dafür eignen, Reiten und mit Fahrzeugen ohne Motorkraft sowie Krankenfahrstühlen fahren. Den Fußgängern gebührt der Vorrang.«
Nach dem aktuellen Entwurf der Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Umweltministeriums werden E-Pedelecs wie in der Straßenverkehrsordnung auch als Fahrräder ohne Motor angesehen. Dabei sei der Wortlaut »ohne Motorkraft« im Naturschutzgesetz doch eindeutig. Pedelecs haben unzweifelhaft einen Motor.
BN-Vorschlag: Differenzierung alpines Gelände und restliches Bayern
Da die Pedelec-Motorleistung bei den meisten Modellen inzwischen die menschliche Tretleistung um ein Vielfaches übersteige, handele es sich bei Pedelecs auch nicht mehr um einen die Muskelkraft ergänzenden Hilfsantrieb. Gerade im Bereich der Steigungen würde der Motor doch die Hauptarbeit leisten. Genau hier liege ein wesentlicher Unterschied zwischen Pedelecs und Fahrrädern. Daher schlägt der BN vor, »eine Differenzierung zwischen alpinem Gelände und dem restlichen Bayern einzuführen«.
Demnach dürfe das freie Befahrungsrecht im alpinen Gelände auf geeigneten Wegen keinen Pedelecs zugestanden werden. Ergänzend dazu sollen allerdings laut BN Ausnahmen von dieser Regelung im alpinen Gelände vorgesehen sein.
So sollen zum Beispiel die jeweiligen Landratsämter ermächtigt werden, ausgewählte geeignete Wege für E-Mountainbikes zu öffnen. Breite Forststraßen könnten so im Regelfall als »tatsächlich öffentliche Wege« angesehen werden. Dort gelte dann die Straßenverkehrsordnung, die das Pedelecs nach bundesgesetzlicher Regelung als Fahrrad einstuft. Somit stünden diese Wege im alpinen Gelände auch für E-Mountainbiker frei.
DAV radelt etwas anderen Weg
In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass der Deutsche Alpenverein e.V. (DAV) anders als der BN weniger auf Begrenzung der für E-Mountainbiker befahrbaren Wege im alpinen Raum setzt, sondern eher auf ein respektvolles Miteinander von Wanderern und Bikern (inkl. E-Bikern). Deshalb hat der DAV bereits vor zwei Jahren mit Unterstützung der Bayerischen Staatregierung das Projekt »Bergsport Mountainbike – nachhaltig in die Zukunft« ins Leben gerufen. Dieses MTB-Engagement wurde dann noch einmal mit der gestarteten Kampagne »#natürlichbiken« forciert.
Dabei wird die Rolle der E-MTB’s weiter diskutiert. Zwar gelten bereits bestimmte Regeln. Die beziehen sich allerdings nicht alleine auf motorisierte, sondern auch auf nicht motorisierte Fahrräder.
Ein Beispiel die DAV-Regel an Biker im alpinen Raum, nur geeignete Weg zu befahren: »Fahre nicht querfeldein, um Erosionsschäden zu vermeiden. Benütze nur geeignete Straßen und Wege und respektiere lokale Sperrungen und Regelungen, um Konflikten mit Grundeigentümern, Wegehaltern und anderen Naturnutzern vorzubeugen.«
Hütten-Problematik
Letztendlich der Hinweis, dass sich gerade bayrische Hüttenwirte (darunter auch vom DAV betriebene Hütten) über den E-MTB-Boom in den Alpen beschwert haben. Dabei ging es vor allem um den Zuwachs in Gebiete, die vorab kaum von Radlern ohne »e« erreicht werden konnten. Oben angekommen würden viele E-Biker den Hüttenwirten ihren begrenzten Solarstrom abzapfen – und diese dann abends regelrecht im Dunkeln stehen lassen.
Ganz anders die Hütten im Nachbarland Österreich. Die haben sich schon teilweise mit E-Bike-Ladenstationen direkt vor der Tür auf die wachsende Zahl an E-Mountainbikern eingestellt.
Das alles geschah im Zuge des im Vergleich zum Winter(sport)- schleppenden aber durchaus ausbaufähigem Sommer(sport)-Geschäft. Das Boom-Thema Radfahren steht – egal ob mit oder ohne »e« – im Sommer-Tourismusgeschäft der österreichischen Wintersport-Orte ganz weit oben auf der Liste. Das Thema »e« hat diesem Trend noch einmal einen richtigen Schub gegeben.
Den wollen die im Sommer darbenden Wintersport-Gebiete bestens für sich nutzen. Mit dem Thema (E-)Bike im Rücken können einige bekannte Austria-Ferienorte ihr Sommer-Geschäft schon auf Höhe des traditionell stärkeren Wintersport-Geschäfts hieven.
Wer davon unter anderem bestens profitiert: Intersport-Austria und ihre angeschlossenen Sportfachhänder. Die Einkaufsgenossen arbeiten in den Wintersport-Orten verstärkt daran, die dortigen Wintersport-Verleihstationen ihrer Vor-Ort-Mitglieder im Sommer zu E-Bike-Verleihstationen umzubauen. Über die Erfolge dieses im Vergleich jungen Geschäfts hält sich der Einkaufsverband bis dato auffallend bedeckt.
Text: Jo Beckendorff, Foto: DAV