Vom 8. bis 29. Juli 2012 empfing die Cycling Sports Group (CSG) Fachhandelspartner ihrer Premiummarke Cannondale aus ganz Europa im österreichischen Ischgl zu einem Blick auf die Produkt-Range 2013. Auch dabei war die Cannondale-Schwestermarke GT. Der RadMarkt sprach mit Country Manager Tobias Schweter auch über Ausrichtung und Verkaufsstrategien der jeweiligen CSG-Premiummarken.
In den drei Wochen im Wintersport-Nobelort Ischgl – der eine enge Kooperation mit Cannondale eingegangen ist und somit das Sommergeschäft ankurbeln will – kamen laut Schweter 600 Teilnehmer von 400 europäischen Fachhandelsgeschäften zum Informieren und Testen nach Österreich. Cannondale hat in einem Hotel sogar einen eigenen Vorzeige-Shop aufgebaut. Dort werden schon bald Cannondale-Testwochen angeboten, die auch Händler mit ihren besten Kunden wahrnehmen können.
Neues Team für Deutschland
Seit Schweter im Jahr 2007 von Hercules zu Cannondale wechselte – zuerst als globaler Geschäftsführer Urban Bikes, ab 2008 verantwortlich für CSG in Deutschland und Österreich und kurz darauf für die Schweiz – hat sich einiges verändert. So wurde zum Beispiel in dieser Zeit ein Großteil des Verkaufsteams ausgetauscht. Damals gab es fünf Mitarbeiter in Deutschland sowie jeweils einen in Österreich und der Schweiz; jetzt sind es sechseinhalb in Deutschland, zwei in der Schweiz und eineinhalb in Österreich. Das Marketing macht Jens Haug für Deutschland und Andreas Pelz für Österreich und Schweiz. Zudem hätten gute Tests und der Ausbau der Handelsunterstützung die Geschäfte wieder kräftig nach vorne gebracht – Tendenz weiter steigend.
Neue Ansprache des Handels
Aus der Vergangenheit rührt noch eine gewisse Abneigung des deutschen Fachhandels gegen Cannondale, aber das sind für Schweter »olle Kamellen«, auf die er nicht mehr eingehen will. Nur so viel: »In der Beliebtheitsskala beim Handel sind wir nicht unbedingt die Nummer eins gewesen.« Oft sei sein Team mit Geschichten »von damals« konfrontiert worden. Da helfe nur eines: »Arbeiten, überzeugen und durch persönliches Engagement beim Fachhandelspartner den richtigen Ton treffen. Und weiterhin zeigen, dass Cannondale immer noch irgendwie anders und vor allem innovativ ist.«
Mit dem an der Börse notierten kanadischen Mischkonzern Dorel Industries im Rücken befinde man sich heute auch in einem ganz anderen Fahrwasser: »Dorel ist immer noch ein Familienbetrieb der Familie Schwartz. Der wird seriös geführt und hat bisher nie etwas verkauft. Da wird langfristig gedacht.«
Schweter legt Wert darauf, dass sein Team seriös und als Partner des Fachhandels auftritt. Ein Gebietsschutz wird CSG-Handelspartnern allerdings nicht eingeräumt: »Wir setzen auf Leistungszusagen. Wobei unser Team die Handelspartner diesbezüglich hinten und vorne unterstützt!«
Contra Monomarken-Store
So werde man auf der diesjährigen Eurobike auch erstmals Cannondale-Shop-in-Shop-Elemente vorstellen, die individuell einsetzbar seien: »Erste Läden werden wir schon diesen Winter ausstatten.« Was muss der Händler tun, um diese »stummen Verkaufshilfen« zu erhalten? Dazu Schweter: »Er muss Cannondale schon länger führen sowie eine Leidenschaft für diese Marke mitbringen. Das Investment von Cannondale richtet sich nach dem Engagement des Handelspartners für die Marke.«
Ist da mit Blick auf die weiteren CSG-Premiummarken GT, Mongoose und Schwinn der Weg zum CSG-Markenstore noch weit? Schweter wischt derartige Bedenken energisch und mit klaren Worten zur Seite: »Monomarken-Stores wird es nicht geben. CSG-Idee ist es, die Marke im bestehenden Fachhandel zu stärken. Gerade in Deutschland sehe ich Monomarken-Stores sehr kritisch. Ich halte die Markenstärke für den Handel für weitaus wichtiger.«
GT vertrieblich eingemeindet
Vor etwa zwei Jahren haben Schweter und sein Team den Deutschland- und Österreich-Vertrieb für die Cannondale-Schwestermarke GT von Cycle Union übernommen. Während die klassische US-Marke GT in der Schweiz weiter über den langjährigen Importeur Velobaze rollt, läuft sie in den beiden Nachbarländern in Eigenregie. Mit Erfolg, wie Schweter versichert: Man sei sowohl mit Cannondale als auch GT erfreulich gewachsen.
Was wurde getan, damit die beiden Premiummarken sich nicht gegenseitig das Wasser abgraben? Schweter sieht da keine Probleme. Er spricht sogar von Ergänzung. »GT wird seine alte Identität bewahren. Heißt: Wir setzen auf typische Farben und Rahmenformen – allerdings auf moderne Art und Weise. GT spricht eine junge Zielgruppe an. Downhill und BMX sind starke Themen. Außerdem bietet GT eine umfangreiche 29er-Linie. Es wird quasi die gesamte Mountainbike-Palette für 26- und 29-Zoll-bereifte Modelle angeboten. Und preislich geht die Marke weiter in den konsumigen Bereich als Cannondale«, fasst Schweter zusammen. Cannondale sei im Gegensatz dazu nicht nur in höheren Preisregionen unterwegs, sondern gebe sich zum Beispiel auch bei den Farben schlicht und edel.
Joker Mongoose
Seit einiger Zeit läuft auch die dritte CSG-Marke Mongoose offiziell über die Europa-Zentrale. Aber hier stellt Schweter klar: »Nach wie vor ist Cannondale unser Hauptanliegen. GT bauen wir gerade einmal seit zwei Jahren wieder auf. Wenn wir das geschafft haben, können wir uns auch wieder mehr um Mongoose kümmern.« Mongoose könnte eher eine sehr junge Zielgruppe (10 bis 25 Jahre) in den Bereichen Dirt-Bike und Slope Style ansprechen.
Mit der CSG-Marke Schwinn ist man derzeit nicht in Europa präsent. Und die CSG-Bekleidungs-, Schuh- und Accessoires-Marke Sugoi wird nach wie vor eigenständig und direkt vertrieben.
Neuheiten 2013
Kommen wir zu den Highlights des Cannondale-Programms 2013. Was den Bereich Mountainbike betrifft, haben die Amerikaner ihre Over-Mountain-Serie um ein vollgefedertes Modell namens Trigger ausgebaut. Es soll die Lücke zwischen dem Race-Boliden Scalpel (100 Millimeter Federweg) und dem All-Mountain-Klassiker Jekyll (150 Millimeter Federweg) schließen.
Trigger: Ein Bike, zwei Charaktere
Das vor allem auf den europäischen Markt zielende neue Tourenfully Trigger – mit seinem weiten Einsatzbereich von Cross-Country bis All-Mountain quasi die eierlegende Wollmilchsau unter den vollgefederten Stollenreitern – ist unterhalb des Jekyll angesiedelt und federt vorne mit der neuen Lefty (mit 130 Millimetern Federweg) und hinten mit einem Dämpfer, der mit Fox exklusiv entwickelt und jetzt für dieses Modell vollständig überarbeitet wurde, dem DYAD RT2. Laut Jens Haug bietet man mit dieser »Zwei Dämpfer in einem«-Lösung zwei unterschiedliche Federwege und Dämpfereigenschaften mit Geometrie-Veränderung.
Der Elevate-Modus zum Bergauffahren bietet eine stramme Hinterbaufederung von 70 Millimetern, der Flow-Modus für Bergabfahrten offeriert den Hinterbaufederweg von 120 Millimetern. Insgesamt werden drei Trigger-Modelle angeboten. Alle haben Karbonrahmen, Lefty-Gabel und DYAD-Dämpfer.
Neue Lefty
Cannondale-Urgestein Larry Westney – in der Szene als »Mr. Headshok« und »Mr. Lefty« bekannt – präsentierte Details zur neuen Lefty. Die hat nach 13 Jahren(!) im Markt eine umfassende Überarbeitung erfahren: Westney dazu: »Die beste Gabel wurde noch verbessert.« Zu den Verbesserungen im Detail gehört ein hybrides Nadellagerungssystem: Während ein patentiertes lineares Nadellager die Hauptlast verarbeitet und für geschmeidiges Ein- und Ausfedern sorgt, unterstützt das darunterliegende Gleitlager das untere Gabelbein speziell im unteren Federweg durch zusätzliche Stabilität.
Zudem wird bei der neuen Lefty der bisherige klassische Faltenbalg durch einen Außenschutz wie beim Motocross ersetzt. Der schützt nicht nur das innere Gabelbein, sondern steht auch für eine innere Kabelführung der Lenkerfernbedienung.
Besonders stolz ist Westney auf den Auto-Reset: »Der Reset ersetzt die Kalibrierung, der bisher nötig war, um die Gabel wieder mit vollem Federweg nutzen zu können.« Angeboten werden 2013 drei 26er-Modelle jeweils als Karbon- und Aluversion mit 100, 120 und 130 Millimetern Federweg. Für 29er wird es die Lefty mit 90 und 100 Millimetern Federweg geben.
Rennrad: Topkarbonrahmen noch leichter
Last, but not least kommen wir zum Thema Rennrad. Neben einer neuen Toplinie unter dem Namen Black Inc. mit klarer und edler Formensprache hat das Team um Entwicklungschef Peter Denk den Evo-Karbonrahmen noch einmal abgespeckt. Unter Supersix Evo Nano kommt ein Monocoque-Rahmen aus einem neuartigen Karbonmaterial zum Einsatz.
Bei der Neuentwicklung wurde der Fokus neben Leichtgewicht auf Steifigkeit, Windschnittigkeit und Komfort gelegt. Eigentlich ein Spagat, den Cannondale aber mittels neuester Technologien, wie beispielsweise einen unterschiedlichen Verlauf des Kettenstreben-Querschnitts, in den Griff bekommen haben will.
Als absolutes Highlight gilt dann noch die neue Zeitfahr-Maschine Slice RS. Hier wird das Thema Systemintegration auf die Spitze getrieben. Die eigens entworfenen Bremsen sind zum Beispiel zugunsten der Aerodynamik in den Rahmen integriert.
Text/Foto: Jo Beckendorff