Schon seit einigen Jahren ist die Raublinger Fahrrad-Schmiede Corratec auf der Suche nach einem zusätzlichen Produktionsstandort in Europa. Jetzt ist der Anbieter fündig geworden: bereits im Februar 2022 sollen Fahrräder und E-Bikes der Marke Corratec aus einer eigenen zusätzlichen Produktionsstätte am Rande der rumänischen Universitätsstadt Timișoara in den Markt rollen. Für »Made in Europe« wird das Familienunternehmen einen (allerdings nicht näher benannten) zweistelligen Millionen Euro-Betrag investieren.
Plötzlich ging alles ganz schnell: nach gescheiterter Suche in Bayern – in diesem Zusammenhang spricht Corratec unter anderem von politischen Hürden – sowie im benachbarten Österreich konnte der süddeutsche Anbieter nun ein circa 50.000 Quadratmeter bestehendes Betriebsgelände inklusive mehrerer circa 30.000 Quadratmeter großer Betriebsgebäude in Rumänien erwerben. Diese Gebäude sollen eine Produktionsfläche für eine Kapazität von jährlich circa 300.000 E-Bikes und Fahrräder generieren.
Auf diesem Gelände inklusive Gebäude produzierte einmal die Rosenheimer Kathrein Digital Systems GmbH – laut Eigenangaben »Marktführer für den digitalen Empfang von Satellit, Terrestrik, Kabel oder IP und deren Signalverteilung in Gebäuden und Caravans« – mit circa 3.000 Mitarbeitern. Über deren Unternehmenszentrale in Rosenheim kam auch der Kontakt zu Corratec (das Corratec-Stammhaus in Raubling liegt gerade einmal circa 10 Kilometer südlich von Rosenheim im Alpenvorland) zustande.
Mit der Entscheidung einer zusätzlichen Produktionsstätte in Europa sieht die Unternehmensfamilie Konrad und Cielo Irlbacher (Bild unten) auch die Zukunftsweichen gestellt. So könne man auch künftig im globalen Wettbewerb erfolgreich mitspielen.
Reduzierung von Abhängigkeiten
Zudem würde man mit diesem Schritt bestehende Abhängigkeiten reduzieren. »Seit Wochen und Monaten erleben wir, was es bedeutet, wenn man keinen 100prozentigen Einfluss auf seine eigene Produktion hat«, bricht es aus Firmengründer und -Geschäftsführer Konrad Irlbacher heraus. Um das zu ändern, müssten Digitalisierung und Produktion in Europa erfolgen.
Zudem befände sich der Standort Timișoara – »dem Silicon-Valley Rumäniens« – in einer geographisch optimalen zentralen Lage: »Alleine die Verkürzung der Lieferwege ermöglicht uns eine Einsparung von circa 700 Tonnen CO2. Verbaute Solarpaneele für die Stromerzeugung werden zusätzliche ökologische Effekte erzielen, um die Corratec E-Bikes und Fahrräder umweltschonend zu produzieren.«
Produktionsstart: Februar 2022
Momentan werden Montagebänder und Produktionsmaschinen in den bereits vorhandenen Betriebsgebäuden installiert und abgenommen. Die erste Produktion soll bereits im Februar 2022 erfolgen. Zudem werden mit ihr in den kommenden 24 Monaten circa 300 Arbeitsplätze geschaffen. 2024 sollen es laut aktuellem Planspiel 400 bis 600 sein: »Wir holen wichtige Produktionen aus Asien zurück.«
Letztendlich der Hinweis, dass selbstverständlich am Corratec-Stammhaus in Raubling weiter montiert wird. Während die Mengen-Montage Richtung Rumänien rollt, wird der hochwertige (Custom-)Sektor nach wie vor in Deutschland verbleiben. So wird zum Beispiel die komplette Rennrad-Range – eine Domäne von Corratec und Firmengründer Konrad Irlbacher – weiterhin ausschließlich (neben hochwertigen E-Bikes) in Raubling montiert.
Mehr zu Corratecs Rumänien-Abenteuer im kommenden Jahr in einer der RadMarkt-Ausgaben 2022.
Text: Jo Beckendorff/Corratec, Fotos: Corratec