Offiziell seit 1. August sein Augenmerk auf das operative Geschäft des sich von einer Fahrrad-Manufaktur in Raubling zu einem Serienproduzenten mit europäischer Produktionsstätte im rumänischen Timișoara mutierten Familienunternehmens setzend: Jochen Vogt.
Hintergrund: die Erfahrung zeigt, dass bei jedem Unternehmen, das die imaginäre 100er-Marke knackt, ein Strukturthema ansteht. Das muss unbedingt gemanagt werden.
Im Fall von Corratec betrifft das sowohl die magische Marke von 100.000 Einheiten, die in diesem von Juli 2022 bis June 2023 laufenden Unternehmens-Geschäftsjahr nach geschätzten 88.000 Einheiten im vorherigen Geschäftsjahr erstmals geknackt wird, als auch die Umsatz-Schallmauer von 100 Millionen Euro.
So sieht Vogt auch seine Hauptaufgabe in der Entlastung des Geschäftsführer-Ehepaares Konrad und Cielo Irlbacher: »Ich berichte direkt an die beiden und werde zwischen ihnen und ihrem Team stehen.«
Kathrein und Corratec
Dabei bringt er als Branchenfremder viel Erfahrung aus Tätigkeiten bei Großorganisationen mit ein. Als Vorstand des Rosenheimer Kommunikationstechnik-Größe Kathrein war er für die Abwicklung des 2016 in die Krise geschlitterten traditionellen Anbieters verantwortlich. Um das Antennengeschäft zu retten, wurde das Kerngeschäft Mobilfunk an Mitbewerber Ericsson verkauft. So war Jochen Vogt auch der führende Kopf hinter dem Verkauf der Kathrein-Produktionsstätte in Timișoara: »In der waren einmal 2.700 Mitarbeiter beschäftigt.«
Letztendlich verkaufte Vogt das dortige circa 50.000 Quadratmeter große Betriebsgelände inklusive mehrerer circa 30.000 Quadratmeter großer Betriebsgebäude an Corratec. Die Raublinger legten dafür einen nicht näher benannten zweistelligen Millionen Euro-Betrag auf den Tisch.
Langfristig gesehen soll Corratec-Timișoara nicht nur eine Jahreskapazität von circa 300.000 E-Bikes und Fahrrädern anvisieren. Da die hiesigen Betriebsgebäude aber so groß sind, wurden einige untervermietet – unter anderem an die neue Kathrein Broadcast s.r.l. mit ihrer Rundfunkantennen-Produktion.
Laut Jochen Vogt sind die Irlbachers und er privat nicht nur Nachbarn, sondern in der Zeit der Verhandlungen und des Verkaufs der Timișoara-Fabrik auch Freunde geworden. Somit habe er sich auch zuallererst Bedenkzeit erbeten, als die Irlbachers mit der Idee eines Corratec-Managerpostens auf ihn zukamen: »Letztendlich hat mich aber die Begeisterung für das Produkt Fahrrad, dass die Irbachers und vor allem Corratec-Gründer Konrad Irlbacher an den Tag legen, überzeugt. Ich kenne die Bikebranche nicht, werde die aber mit Hilfe des Unternehmens schnell kennen lernen und mit meinem Background sicherlich einiges auf dem Weg zum Wandel einer Manufaktur mit Einzelaufbau zum Serienproduzenten mit Bandfertigung beitragen können.«
Seine erste Hauptaufgabe sieht er nun darin, das Qualitätsniveau zu halten: »Da werden wir beim weiteren Aufbau der Produktion in Rumänien, in der momentan fünf Bänder laufen, ein verstärktes Auge drauf werfen.« Pro Band werden dort täglich bis zu 120 Einheiten montiert. Wobei nicht nur E-Bikes der Marke Corratec vom Band laufen, sondern auch schon (wie bereits in der letztjährigen Berichterstattung über die Eröffnung von Corratec-Timișoara erwähnt) für einige europäische Fremdmarken marktnah montiert wird.
Neben E-Bikes laufen übrigens jetzt auch schon einige ausgewählte Corratec-Kompletträder ohne »e« vom Band. Laut Konrad Irlbacher wird man langfristig gesehen ausschließlich die hochwertige Rennrad- und Mountainbike-Produktion in Raubling halten. Anders als in der Serienproduktion in Timișoara werden dort die Modelle weiterhin an Einzelmontage-Plätzen »Custom-Made« Schritt für Schritt aufgebaut.
Last but not least noch ein Hinweis zur Kathrein-Corratec-Connection: im Zuge der Gespräche zwischen Kathrein Solutions und Corratec kam es auch zu einer Zusammenarbeit beim eigens entwickelten und auf der Eurobike erstmals vorgestellten Trackers »My C-Finder« (das »C« steht für »Corratec«) zur Ortung des E-Bikes. Dieses Sicherheits-Feature wird in alle Corratec-E-Bikes des Modelljahres 2024 ohne Aufpreis eingebaut.
Text: Jo Beckendorff