Da haben die Aktionäre doch wohl alles richtig gemacht: nach Jahren der Umstrukturierung und unbefriedigenden Geschäftsergebnissen wollte sich der kanadische Mischkonzern Dorel Industries Inc. schon von der Börse verabschieden. Dann kam Corona – und plötzlich lief das Geschäft. Eine Aktionärs-Mehrheit wandte sich mit Blick auf die plötzlich vor allem unter Dorel Sports und Dorel Home stark laufenden Geschäfte gegen die Privatisierungspläne. Zu Recht – das Krisenjahr 2020 hat die Kanadier gut nach oben schalten lassen.
Gerade im vierten und letzten Geschäftsquartal 2020 konnte Dorel Group vor allem dank des unter ihrem Geschäftsbereich Dorel Sports rollenden Fahrrad-Geschäfts noch einmal gut punkten: der Gesamtumsatz stieg um 7,8 Prozent auf 704,36 Millionen USD (589,26 Millionen Euro). Darin enthalten: ein um 13,8 Prozent zweistellig gewachsener Quartalsumsatz von Dorel Sports in Höhe von 265,34 Millionen USD (2212,98 Millionen Euro). Heißt auch, dass der Quartalsumsatz von Dorel Sports zum siebten Mal in Folge kontinuierlich wachsen konnte.
Der Gruppenverlust des vierten Quartals lag allerdings mit 22,88 Millionen USD (19,14 Millioen Euro) weit über dem des vergleichbaren Vorjahreszeitraums (= 639 Millionen USD = 534,58 Millionen Euro Verlust).
Lieferengpässe schränkten Sports- und Home-Quartalsumsätze ein
»Die Quartalsleistungen unsere Geschäftsfelder entsprach unserer vorherigen Prognose, wobei das bereinigte Betriebsergebnis insgesamt ähnlich wie im Vorjahr war. Die starke Nachfrage nach dem Produktangebot von Dorel Sports hielt während des gesamten Quartals an – wobei Engpässe in der Lieferkette eine wesentliche Einschränkung unserer Leistung darstellten. Ebenso bedeutete eine mangelnde Produktverfügbarkeit im Bereich Home verpasste Umsatzchancen, insbesondere im E-Commerce. Dorel Juvenile setzte seine Verbesserung aus dem ersten Halbjahr fort. Die zweite Welle von Covid-19 in den meisten Märkten verlangsamte jedoch die Umsatz- und Ertragsdynamik, insbesondere in Europa. In den Ergebnissen des vierten Quartals sind Kosten in Höhe von 7,5 Millionen USD (6,27 Millionen Euro) enthalten, die im Zusammenhang mit dem Privatisierungsprozess des Unternehmens entstanden sind. Dieser Prozess wurde im Februar im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Dorel und der Käufergruppe beendet,« erklärt Dorel Group-President und -CEO Martin Schwartz. Und: die Ablehnung durch eine Mehrheit der unabhängigen Dorel-Aktionäre sei ein klares Zeichen für ihren Glauben an das langfristige Potenzial des Unternehmens als öffentliche Einrichtung gewesen: »Als Management-Team sind wir bestrebt, unsere Aktionäre für ihr Vertrauen in Dorel zu belohnen.«
Dorel Sports mittlerweile größtes Geschäftsfeld
Insgesamt fuhr Dorel Group im herausfordernden Krisenjahr 2020 einen Gesamtumsatz in Höhe von 2,76 Milliarden USD (2,31 Milliarden Euro, plus 4,9 Prozent) ein. Dieser verteilt sich auf die drei von Dorel Group bedienten drei Geschäftsfelder wie folgt:
Dorel Sports: 1,04 Milliarden USD (870,05 Millionen Euro, plus 14,9 Prozent)
Dorel Home: 934,36 Millionen USD (781,67 Millionen Euro, plus 11,0 Prozent
Dorel Juvenile: 783,34 Millionen USD (655,33 Millionen Euro, minus 11,3 Prozent)
Mit dem oben genannten 2020er-Gesamtumsatz fuhr Dorel Group einen Nettoverlust von 43,40 Millionen USD (36,31 Millionen Euro) ein (Vorjahr: 10,45 Millionen USD = 8,74 Millionen Euro Verlust). Darin enthalten: ein operativer Gewinn von Dorel Sports in Höhe von 52,26 Millionen USD (43,72 Millionen Euro, plus 72,3 Prozent), ein operativer Gewinn von Dorel Home in Höhe von 76,59 Millionen USD (64,07 Millionen Euro, plus 20,5 Prozent) sowie ein operativer Verlust von Dorel Juvenile in Höhe von 37,87 Millionen USD (31,68 Millionen Euro, minus 182,2 Prozent).
Dorel Sports: sowohl CSG als auch PCG schalten hoch
Was Dorel Sports betrifft, konnten sowohl die den mit Premiummarken wie Cannondale, Fabric, GT etc. anfahrende Fahrrad-Fachhandelsgruppe Cycling Sports Group (CSG) als auch die den (branchenfremden) Massenmarkt anfahrende Pacific Cycle Group (PCG) mit Marken wie Mongoose, Schwinn, Kid Trax etc. im Corona-Jahr 2020 gut punkten. Beide Fahrrad-Gruppen verzeichneten Zuwächse, die ohne die den Gesamtmarkt betreffenden Lieferengpässe sogar noch größer ausgefallen wären. Diese haben laut Dorel Group »das Wachstum eingeschränkt und zu einem erheblichen Rückstand bis ins Jahr 2021 geführt«. Überhaupt sei der Betriebsgewinn durch die begrenzte Verfügbarkeit von Containern und Komponenten, höheren Containerkosten und durch die Unfähigkeit, alle Aufträge zu erfüllen, beeinträchtigt worden. Folge: erhöhter Margendruck.
Was besonders positiv ausgefallen ist: der zu Dorel Sports gehörende (und vorab mehr oder weniger vor sich hin dümpelnde) brasilianische Bikeanbieter Caloi habe ein durch die Lockerung der Covid-10-Einschränkungen angetriebenes Rekord-Auftragsvolumen eingefahren.
Ausblick
Laut Martin Schwartz werden sich zu Beginn des derzeit laufenden Geschäftsjahres die Bedingungen des Vorjahres in vielerlei Hinsicht fortsetzen: »Covid-19 wirkt sich weiterhin auf das Verbraucherverhalten aus. Während Dorel Sports und Dorel Home von einer höheren Nachfrage profitieren, führen die Verfügbarkeit und die Kosten von Containern, steigende Rohstoff-Kosten und ein stärkerer chinesischer Yuan zu Störungen in unserer Lieferkette und zu höheren Kosten für unsere Produkte. Bei Dorel Juvenile sind wir in der Lage, bereinigte Ergebnisverbesserungen im Vergleich zu den letzten Jahren zu erzielen. Die Schließung von Geschäften in einigen Märkten, die geringere Nachfrage in den Mobilitätskategorien und die jüngsten Hinweise auf sinkende Geburtenraten bedeuten aber, dass dieses Segment kurzfristig am stärksten von der Pandemie betroffen ist.«
Dabei hebt Schwartz auch noch einmal explizit die Entwicklung der Fahrradsparte Dorel Sports hervor: die Fahrrad-Nachfrage werde – »trotz der branchenweiten Realität, dass die Verfügbarkeit von Komponenten die Produktion einschränkt und die Kosten steigen« – in allen Märkten sehr stark sein. Alleine für das erste Quartal erwarte man einen deutlichen Umsatzanstieg gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres – »und ein bereinigtes operatives Ergebnis, das deutlich über dem des Vorjahres und des vierten Quartals 2020 liegen wird«.
Text: Jo Beckendorff