Nicht gerade amüsiert scheinen die beiden europäischen Lobby-Verbände Colibi (Dachverband der europäischen Fahrrad-Industrieverbände) und Coliped (Dachverband der europäischen Fahrradteile-Verbände) über das angebliche Vorpreschen von ETRA (Dachverband der europäischen Zweirad-Fachhandelsverbände) in Sachen neuer E-Bike-Richtlinien innerhalb der EU (der RadMarkt berichtete).
Dabei geht es auch um den Vorschlag zweier neuer Produktkategorien für die Bauartgenehmigung. Genauer gesagt: Um E-Bikes mit Pedalunterstützung (also Pedelecs) mit einer Power von bis zu einem Kilowatt und einer Maximalgeschwindigkeit bis 45 km/h sowie um E-Bikes und E-Mopeds mit einer Power von bis zu einem Kilowatt und einer Höchstgeschwindigkeit bis 25 km/h. Die ETRA hatte sich als Sprecher der Fahrradindustrie in die verantwortlichen EU-Gremien in Stellung bringen wollen.
Sowohl Colibi als auch Coliped äußern sich verwundert über diesen ETRA-Vorstoss. Beide Verbände sind gegen oben genannte neuen Produktkategorien, weil damit auch die Sicherheit gefährdet wäre: „Sowohl Fahrradwege als auch Fahrräder sind von der Sicherheit her nicht für eine Geschwindigkeit über 25 Stundenkilometer ausgelegt.“ Zudem sei der Unterschied zwischen langsamen und schnelleren Radfahrern sehr gefährlich.
Außerdem sei man überrascht, daß sich ausgerechnet die ETRA als Dachverband der Fahrrad-Fachhandelsverbände als Repräsentant der Fahrradindustrie ausgeben würde. Die Fahrradindustrie würde in Europa doch wohl eher durch Colibi und Coliped vertreten – und nicht durch ETRA. Beide Industrieverbände würden die verantwortliche EU-Kommission über ihre Meinung zum Thema E-Bike selbst informieren.
ETRA antwortete sofort – ebenfalls mittels eines offenen Briefes. Dort wies man darauf hin, daß man sich nicht explizit für eine Geschwindigkeitserhöhung stark gemacht hätte, wobei die Erhöhung der Wattkraft um 0,5 Kilowatt eben der Sicherheit dienen würde.
Zudem wies der Fachhandels-Dachverband darauf hin, daß bei dem angesprochen ETRA-Meeting auch Siegfried Neuberger, technischer Geschäftsführer des deutschen Zweirad-Industrieverbandes (ZIV) und Vorsitzender der CEN TC333 (Fahrräder), dabei gewesen wäre. Neuberger wäre auch Vorstandsmitglied von Colibi und Coliped.
Des Weiteren hätten beide Verbände wohl vergessen, daß man zusammen mit der ETRA im Jahre 1999 bei der EU vorstellig geworden wäre. Dabei wäre es um die Herausnahme des E-Bike aus dem Moped- und Motorrad-Typengenehmigung gegangen. Damals hätte man diesbezüglich eine Allianz gebildet. O-Ton ETRA: „Bitte teilen Sie uns genau mit, wo wir uns als Repräsentant der Fahrrad- und Fahrradteile-Industrie bezeichnet haben sollen und wir werden den diesbezüglichen Text sofort ändern. Wir haben keinerlei Intensionen wen auch immer falsch zu mis-repräsentieren.“
Letztendlich bedauert ETRA, daß die beiden Industrie-Dachverbände den Weg eines offenen Briefs gewählt hätten. Alle drei (ETRA-)Meetings seien für alle interessierten Seiten offen gewesen, an denen auch Colibi- und Coliped-Mitglieder anwesend waren. Deshalb würde man gerne beide Verbände im Interesse des E-Bike-Geschäfts zu einem Treffen mit der ETRA einladen – Fortsetzung folgt.
– Jo Beckendorff –