In der aktuellen RadMarkt-Ausgabe 2/2016 haben wir eine Geschichte über eine Gewährung des Marktwirtschaftsstatus (MWS) seitens der EU für China veröffentlicht, in der wir auf die möglichen Auswirkungen auf den laufenden EU-Anti-Dumping-Strafzoll auf »Made in China«-Komplettfahrräder hingewiesen haben. In diesem Zusammenhang haben wir auch drei Sonderfälle erwähnt, die von diesem Strafzoll befreit sind. Ein vierter Fahrradproduzent – nämlich Giant (China) Co. Ltd. – würde derzeit mit der EU um eine Befreiung mittels Interimsprüfung kämpfen. Wie sich im Nachhinein heraus stellte: Mit Erfolg.
Bereits im November 2015 hat die EU-Kommission mittels Interimsprüfung eine individuelle Behandlung im Falle Giant (China) überprüft. Im EU-Amtsblatt vom 26. November wurde kurz und knapp mitgeteilt: Der Klage von Giant (China) ist stattgegeben worden.
»Die Verordnung des Rates vom 29. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 990/2011 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Interimsprüfung…wird für nichtig erklärt, soweit sie Giant (China) Co. Ltd. betrifft«, heißt es etwas verschlungen in der ureigenen EU-Beamtensprache.
Mit anderen Worten: Neben Ideal (Donguan) Bike, Oyama Bicycle (Taicang) und Zhejiang Baoguilai Vehicle ist jetzt auch Giant (China) vom EU-Anti-Dumping-Strafzoll in Höhe von 48,5 Prozent auf Kompletträder Made in China befreit.
Hintergrund war der von der EU vorgetragene Vorwurf, dass die Klägerin Giant (China) bei einer zurückliegenden Überprüfung eine mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit an den Tag gelegt hätte.
Giant verteidigte sich nun mit dem Hinweis, dass man damals nicht alle verlangten Unterlagen pünktlich erhalten und abliefern konnte. Somit hat der China-Produzent als Klägerin den Rat der Europäischen Union als Beklagten um eine Interimsprüfung verklagt. Wie sich im Nachhinein herausstellt: Mit Erfolg – siehe im EU-Amtsblatt vom 26. November veröffentlichten Gerichtsurteil.
Mit diesem Gerichtsurteil wird dieser Fall aber noch lange nicht ad acta gelegt. Die als Streithelferin zur Unterstützung des Beklagten (= die EU) auftretende europäische Fahrrad-Industrieverband EBMA hat laut ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger Einspruch gegen das Urteil eingelegt: »Der ‚Fall Giant’ wird sicher noch ein längeres Nachspiel haben.« Laut EBMA hat Giant (China) noch immer nicht alle Informationen an die EU-Kommission gegeben, die erforderlich gewesen wären.
Text: Jo Beckendorff