Seit Anfang 2008 testet das Waltroper Unternehmen EFBe Prüftechnik alle Fahrradrahmen nicht mehr nur auf ihre Sicherheit gegen Materialermüdung, sondern mit dem neuen sogenannten „TRI-TEST“ zusätzlich auf ihre Haltbarkeit bei Maximallast und bei Überlast. Nur der „TRI-TEST“ erlaubt laut EFBe-Chef Manfred Otto „auch bei Carbon-Rahmen eine zuverlässige Sicherheitsprognose“.
Je leichter, desto besser. Darum geht es vor allem bei sportlichen Rädern und besonders bei Fahrradrahmen. Rennrad-Rahmen unter 1.000 g Gewicht sind heute keine Seltenheit mehr.
Leichter und trotzdem steifer. Das wünschen sich die Nutzer und bezahlen dafür viel Geld. Als Maß für die Güte des Fahrradrahmens wird das Verhältnis der beiden Werte für Steifigkeit und Gewicht genommen: Stiffness to Weight. Doch halten die filigranen Rahmen auch harten Beanspruchungen stand? Darüber gibt die Kennzahl „Stiffness to Weight“ keine Auskunft, sondern nur eine bestandene Haltbarkeits-Prüfung, wie sie das EFBe-Prüfzertifikat für Rahmen bescheinigt.
Carbon: Wunderwerkstoff ohne Grenzen?
Fahrradrahmen sind heute oft aus Aluminium oder Titan, immer häufiger aber aus Carbon, ein Werkstoff, der den Konstrukteuren fantastische Möglichkeiten eröffnet. Doch während das Verhalten von Metallen unter harten Beanspruchungen inzwischen gut abgeschätzt werden kann, können selbst Experten die Haltbarkeit einer Carbonkonstruktion nur unzureichend beurteilen. „Carbonkonstruktionen sind in der Regel sehr sicher. Doch Carbon ist nicht gleich Carbon. Hier gibt es eine große Bandbreite an Konstruktionen und Fasern. Durch den Einsatz hochfester Fasern mit hohem Elastizitätsmodul in dünnwandigen Carbon-Rohren lassen sich zwar hervorragende Steifigkeitswerte bei geringstem Gewicht erzielen, doch die Kehrseite dieser hohen Steifigkeitswerte ist die extrem geringe Bruchdehnung solcher HM-Fasern, die ein sprödes Bruchverhalten bei Überlastung zur Folge hat – sofern nicht anderweitig konstruktive Vorsorge getroffen wurde. Versagen solche Bauteile bei Überlastung, kann es zum vollständigen, explosionsartigen Kollaps der Struktur kommen,“ erläutert Manfred Otto. Dies führte bereits zu spektakulären Unfällen. Gründe, warum ein Carbonrahmen überlastet werden kann, gibt es viele: Fertigungsfehler, Vorschädigungen durch Unfälle oder falsche Montage kommen ebenso in Betracht wie missbräuchliche Verwendung.
Erweitertes EFBe-Prüfzertifikat auch für Carbonrahmen
EFBe Prüftechnik hat nun in einer aufwendigen Versuchsreihe das Verhalten von Carbonrahmen im Schadensfall untersucht. 22 Rahmen – überwiegend teure Carbonkonstruktionen – wurden im Labor gezielt zerstört. Dabei haben die Prüfingenieure festgestellt, dass Carbonrahmen weniger durch Ermüdung brechen als durch statische Maximalbelastung oder kurzzeitige Überlastung. Metallische Werkstoffe zeigen dagegen bei Maximallast und bei Überlast meist ein zähes Bruchverhalten mit geringem Versagens-Risiko. Deshalb reichte bisher zur Beurteilung der Haltbarkeit von Fahrradrahmen und zur Erteilung des EFBe-Prüfzertifikats der umfangreiche, dreifache Ermüdungsversuch aus.
EFBe Prüftechnik hat aufgrund der neu gewonnenen Erkenntnisse die Prüfanforderungen für Fahrradrahmen erweitert und testet mit dem neuen „TRI-TEST“-Programm alle drei Risikobelastungen: Materialermüdung, statische Maximallast und Überlast. Damit lässt sich erstmals eine zuverlässige Sicherheitsprognose auch für Carbonrahmen erstellen. Seit Anfang 2008 erteilt EFBe Prüftechnik nur noch dieses erweiterte Prüfzertifikat für alle Rahmen, aus Stahl, Aluminium, Titan und Carbon. Es ist zu erkennen am Prüfdatum und an der Jahreskennung 2008/2009. Mehr als 50 Rahmen haben seither den neuen Test durchlaufen. Die Testsieger sind nun unter www.efbe.de veröffentlicht.
– Jo Beckendorff –