EU verleiht den Philippinen zollfreien GSP+ Status

Schönes Weihnachtsgeschenk für die Philippinen: Am 18. Dezember votierte das Europäische Parlament im Sinne eines bereits vom RadMarkt kommunizierten Vorschlags der Europäischen Kommission, die Philippinen in ihre zollfreie GSP+-Liste aufzunehmen. Eine dementsprechende Meldung wurde am 24. Dezember im Europäischen Amtsblatt unter der Verordnungs-Nummer 1386/2014 der Kommission veröffentlicht. Somit ist GSP+ für die Philippinen offiziell zum 25. Dezember in Kraft getreten. Davon profitieren auch die beiden auf den Philippinen für Europa produzierenden taiwanesischen Fahrrad-Produzenten Collie Inc. (Bild rechts) und Procycle Industrial Inc (Bild unten)…

„GSP“ steht für „Generalized System of Preferences“. Dabei handelt es sich um Handelspräferenzen der Europäischen Union zugunsten von Entwicklungsländern, die laut Gabler Wirtschaftslexikon „nicht in eines der Assoziierungsabkommen der EU eingebunden sind (spezifische Form von „Aid by Trade”).“ Anders ausgedrückt: Mit Zollerleichterungen bzw. einem Nulltarif soll diesen Ländern der Import in die EU erleichtert werden. Länder, die in den Genuss von  GSP-Vergünstigungen kommen möchten, müssen bei der EU einen dementsprechenden Abtrag einreichen. Die Philippinen hatten diesen am 28. Februar 2014 bei der Kommission eingereicht.
Bisher fielen in die EU importierte „Made in the Philippines“-Produkte zolltechnisch unter den regulären (Standard-)GSP-Status. Unter ihm zahlten sie einen verringerten Zoll-Einfuhrsatz von 10,5 anstelle der ansonsten fälligen 14 Prozent. Die Aufnahme in den zollbefreienden GSP+-Status wird der Wirtschaft bzw. den Exporten der gebeutelten Philippinen einen beträchtlichen Schub geben.
Unter anderem hatte sich der Europäische Sportindustrie-Verband FESI für die Aufnahme der Philippinen in die GSP+-Liste stark gemacht. Somit begrüßt FESI-Generalsekretär Alberto Bichi auch die nun veröffentliche Brüsseler Bekanntmachung: „Die Entscheidung für GSP+ wird den Export von an die 6.274 Produkten aus den Philippinen in die EU erleichtern. Das wird die hiesige Wirtschaft ankurbeln. Der GSP+-Status steht auch für die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie Umweltschutz und guter Regierungsführung.“
Die nun getroffene Entscheidung würde auf den Philippinen auch Tausende neuer Arbeitsplätze kreieren sowie ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und eine -entwicklung schaffen. Für die europäische Sport- und Fahrradindustrie würde GSP+ auch zu einem verstärkten Handelsaufkommen mit den Philippinen führen. In diesem Zusammenhang spricht Bichi von „qualitativen Einkaufsmöglichkeiten, die unserer Branche mehr Wettbewerbsfähigkeit und günstigere Produktionskosten zugunsten der europäischen Konsumenten“ bringen würden.
Im letzten Jahr hatte der RadMarkt bereits ausführlich über die zwei auf den Philippinen relevanten Fahrradproduzenten Collie und Procycle Industrial sowie den hiesigen Fahrradmarkt berichtet. Collie ist eine Tochter des taiwanesischen und international tätigen Handelsunternehmens Dumar International (u.a. Mutter von Action Wheels Inc. und Green Technologies Co.). Wie Procycle ist er auf Luzon zu Hause. Procycle lenkt dort zwei Fahrrad-Fabriken. Dieser Anbieter ist eine Tochter des taiwanesischen Handelsunternehmen Jumbo Brico Associated Co. Ltd.
Beide Produzenten bauen für den EU- bzw. europäischen Markt hauptsächlich Kinderräder. Was Fahrräder für Erwachsene betrifft konnten sie bisher nicht mit den Produzenten asiatischer Nachbarländer konkurrieren. Vor allem die sich ebenfalls in Taiwan-Händen befindenden sechs Fahrrad-Fabriken in Kambodscha sind mit ihren Bikeimporten in die EU führend. Kambodscha profitiert dabei vom GSP+-Status der EU.
Mit dem GSP+-Status eröffnen sich für die Produzenten auf den Philippinen neue Chancen. Diese werden sicherlich nicht von jetzt auf gleich greifen. Bisher setzen die „Made-in-the-Philippines“-Bikes zum Beispiel auf selbst produzierte Stahlrahmen. Die Alu-Rahmen die bisher dort aufgebaut werden, werden hinzugekauft (zumeist in China). Es ist also noch ein langer Weg…
Was man aber nicht außer Acht lassen sollte: Es kommt nicht von ungefähr, dass Shimano Ende letzten Jahres/Anfang diesen Jahres eine allererste Fabrik auf Luzon durchstarten lässt. Dort haben die Japaner auf einem 106.000 Quadratmeter großen Grundstück im FPIP Industrial Park nahe Batangas City an die 3,5 Milliarden JPY (zum Zeitpunkt des Kaufs waren das circa 25 Millionen Euro) in eine neue Fabrik investiert.
Die unter der Regie von Shimano-Singapore laufende Philippinen-Fabrik hat laut Angaben der Japaner die wachsende Nachfrage sportiver Fahrrad-Komponenten der Einstiegsklasse in den sogenannten BRIC-Staaten (= Brasilien, Russland Indien, China und Südafrika) im Auge.
Für die ebenfalls auf Luzon produzierenden Anbieter Collie und Procycle ergeben sich durch die nah gelegene Komponenten-Produktion aber auch weitere Chancen, die es zu nutzen gilt. Über die ohnehin bestehenden Vorteile der Philippinen-Produktion – eine günstige und äußerst wettbewerbsfähige sowie englisch sprechende Armada an Arbeitskräften – wurde bereits genügend berichtet.
Somit ist davon auszugehen, dass die Philippinen mit der Aufnahme in die GSP+-Liste künftig wettbewerbsfähigere und somit auch wachsende Verkaufschancen auf dem EU-Absatzmarkt haben.

Text/Fotos: Jo Beckendorff

 

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