Zu diesem Wintersemester wurde die Hochschullehrerin Prof. Carolin Schreiber an den Fachbereich Design der FH Münster, der Münster School of Design (MSD), berufen. Die Produktdesignerin stellt in ihrem ersten Projekt mit den Studierenden das Fahrrad in den Mittelpunkt. Dabei verfolgt sie einen Ansatz, der sich nicht nur mit Farb- und Formgebung beschäftigt.
»Design darf nicht auf Farbe und Form reduziert werden«, so ihr Leitgedanke. »Mein Ansatz ist nicht zu sagen: Entwickelt ein Produkt, das das Fahrradfahren komfortabler oder sicherer macht«, sagt die 39-Jährige, die an der MSD den Schwerpunkt Produktdesign personell verstärkt. »Bei mir ist das Ende viel offener: Ich stelle den Menschen in den Mittelpunkt, beobachte, denke vom Kleinen ins Große.« Der ganze Prozess laufe gut, wenn sich Designerinnen und Designer als Transformationsexperten verstehen.
Die Studierenden sollen das Soziologische schon im Bachelorstudium mitdenken. Ein Beispiel für diese Herangehensweise ist ihr Projekt an der Folkwang Universität in Essen, an der sie parallel noch als Gastprofessorin tätig ist. Darin gestaltete ein interdisziplinäres Team mit Pflegefachkräften und Designerinnen Alltagsdinge und Alltagshelfer zusammen mit an Demenz erkrankten Menschen und ihren pflegenden Angehörigen. Grundlegend für das Team war dabei das Kennenlernen des Alltags und der Lebenssituation im privaten Umfeld. Die in den Werkstätten hergestellten Prototypen werden dann im Alltag der Familien partizipativ weiterentwickelt. »Manchmal sind es Kleinigkeiten, Mini-Interventionen, die zu Verbesserungen führen können. Etwa Spielfiguren zum einfacheren Handling größer zu gestalten und die Füße mit Magneten zu versehen«, erklärt die Professorin. Alle Erkenntnisse aus dem Prozess finden sich unter anderem auf einer interaktiven Website wieder. Pflegefachkräfte, Ehrenamtliche oder pflegende Familienangehörige können diese als Schulungssystem nutzen.
Für ihr erstes Lehrprojekt in Münster will sich Carolin Schreiber Fachleute für Impulsvorträge mit ins Boot holen. An dem Prozess sollen natürlich auch Fahrradfahrerinnen und -fahrer beteiligt werden. »Die Studierenden starten mit Recherche und Beobachtungen und gehen in Interaktion mit den Nutzerinnen und Nutzern – wo sie vor allem auf deren Ressourcen schauen sollen: Welche Möglichkeiten, Fähigkeiten haben sie? Was sind sie bereit zu leisten?« Als Ergebnis erwartet die Hochschullehrerin nicht unbedingt ein Produkt. »Es es kann auch eine Intervention wie etwa eine Aktion oder Initiative sein«, so die dreifache Mutter, die ihre gesellschaftliche Verantwortung als Designerin auch in Pro-bono-Projekten im sozialen Bereich wahrnimmt.
Schreibers Engagement für eine diversitätsgerechte Hochschullehre würdigte der Stifterverband 2016 mit dem renommierten Ars legendi-Preis.
Foto: FH Münster/Wilfried Gerharz