Der Börsen-Booster namens Hoffnung, der unsere Fahrradbörse 2021 in Corona-Zeiten auf neue Höhen schaltete und allen Realitäten zu trotzen schien, erlitt in der ersten Jahreshälfte eine kollektive Vollbremsung inklusive harter Landung – und zwar so heftig, dass der Spruch von »down to earth« längst nicht mehr ausreicht. Wie es nach diesem Börsenhorror-Halbjahr weiter geht? Nur so viel: es sieht nicht nur nach einer globalen Finanzkrise, sondern auch nach einem Ende einer goldenen Wirtschafts-Ära aus.
Anfang des Jahres konnten Aktionäre noch optimistisch in die Zukunft schauen: Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz sorgten in Corona-Zeiten für einen engen Schulterschluss von Ökonomie und Ökologie. Davon profitierten auch unsere Fahrradwerte. Lockdowns, Virusmutationen, Lieferengpässe und politische Krisen – sämtliche Hürden konnten ihnen nichts anhaben. Anleger feierten immer weitere Rekorde.
Die Börse war King – und zwar so sehr, dass sogar viele an sich als Aktien-Muffel abgestempelte Privatanleger ihre Lockdown-Ersparnisse in Aktien steckten. So war das Ersparte nicht nur sicher, sondern warf auch noch gehörig was ab. Noch im Januar schaute man positiv in die Zukunft: dieses verdammte Virus würde sich bei höheren Temperaturen sicherlich schon von selbst verziehen, unterbrochene Lieferketten würden sich wieder finden. Glaubte man.
Im Nachhinein ist festzustellen: Covid-19 scheint sich weniger als gedacht um Temperaturen zu kümmern. Folge: weitere Lockdowns in der Weltfabrik China, die die Lieferproblematik noch einmal verschärfen.
Wall of worries
Der 24. Februar – der Tag, an dem Russland die Ukraine angriff – setzte dann noch einen drauf. Die befürchtete Energiekrise (Stichwort Totalausfall der russischen Gaslieferungen) und die damit verbundene Rohstoffpreis-Explosion sorgen für eine steigende Inflation. Die daraufhin einsetzenden Teuerungsraten führten beim sich einigelnden Endverbraucher für Kauf-Zurückhaltung. Mit der abflauenden Nachfrage sinken die Unternehmens-Umsätze. Höhere Löhne schmälern den Gewinn, Zinsen verteuern aufgenommene Kredite. Eine Abwärtsspirale wurde in Gang gesetzt, die nur schwer zu stoppen ist. Folge: ein Börsencrash, der viel Geld verbrannt hat.
Momentan halten sich selbst Börsenexperten bedeckt. Sie handeln derzeit nach dem Motto »Cash is King«. Demnach sind sie erst einmal aus den Aktien und Fonds raus und setzen eher auf den guten allen Sparstrumpf. Wie sich die Zeiten ändern: in den Vorjahren hatte der Sparstrumpf noch den Ruf als lausigste Geldanlage.
Wie sich unsere alles in allem 43 Fahrrad-Börsenwerte im ersten Halbjahr 2022 im Detail gehalten haben, lesen Sie in der kommenden RadMarkt-Ausgabe 8/2022.
Text: Jo Beckendorff, Fotos: Deutsche Börse