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Fahrradbranche im Umbruch: Erfolgsfaktoren für Händler und Hersteller

Die Fahrradbranche stecke in einer Umbruchphase, die Marktteilnehmer seien gefordert, sich in der »wild wuchernden Marktlandschaft« neu zu positionieren, konstatiert die Unternehmensberatung A.T. Kearney in einer aktuellen Mitteilung. Händler könnten punkten mit Kundenfokus, klar herausgearbeitetem Sortiment, Serviceorientierung und einem emotionalen Marktauftritt.

»Neue Mobilitätskonzepte wie Elektromobilität, globales Wirtschaftswachstum, Online-Shopping und Direktvertrieb wirbeln diese traditionelle Branche durcheinander und fordern die Marktteilnehmer auf, ihre bisherigen Erfolgsmuster zu überdenken und sich in der zurzeit wild wuchernden Marktlandschaft neu zu positionieren«, fasst Dr. Mirko Warschun zusammen, Konsumgüter- und Handelsexperte bei der internationalen Managementberatung A.T. Kearney.

Sättigungserscheinungen und scharfer Wettbewerb
Sei der globale Marktwert für Fahrräder in den vergangenen Jahren weltweit um durchschnittlich zwei Prozent gewachsen, werde bis 2022 mit einem Zuwachs um 6,2 Prozent gerechnet – für Europa gehen die Experten von einem leicht moderateren Wachstum von 5,5 Prozent aus. Getrieben werde der Aufschwung weiterhin von der zunehmenden Bedeutung umweltschonender und gesundheitsfördernder Mobilität und dem Trend zu Elektrofahrrädern. Letztere seien für bis zu 50 Prozent des prognostizierten Wachstums verantwortlich.  
Von einem globalen Boom im Fahrradmarkt, der die Umsätze sprudeln ließe, könne man trotz des prognostizierten Wachstums aber nicht sprechen, warnt Dr. Wulf Stolle, Partner und Mobilitätsexperte der Unternehmensberatung: »Die weltweit bedeutsamsten E-Bike-Märkte Deutschland und Niederlande zeigen bereits erste Sättigungserscheinungen. Und es findet momentan ein intensiver Wettbewerb zwischen konkurrierenden Vertriebsmodellen statt, bei dem insbesondere sogenannte Direct-to-Consumer Anbieter wie Canyon außergewöhnliche Erfolge teilweise zu Lasten der traditionellen Anbieter erringen.« 
Online auf dem Vormarsch
Die Experten sehen in ihrer Analyse einen hoch fragmentierten Markt: Neben Generalisten wie Online-Händler Amazon und Multikanalanbietern, traditionellen Fahrradherstellern und -marken wie Trek, Specialized, Cannondale und der Pon Bike Gruppe, die mit Multikanalstrategien experimentieren, spielten zugleich auch Baumärkte im untersten Preissegment mit wie auch hochspezialisierte Hersteller und Händler im oberen Preisbereich. Hinzu kommen reine Online-Fahrradspezialisten wie Fahrrad.de oder Bike 24 sowie die direkt vertreibenden Hersteller wie Canyon. Dabei sei Online eindeutig auf dem Vormarsch: Mehrkanal- und reine Direct-to-Consumer-Anbieter (D2C) wie Canyon und Rose werden weiterhin überdurchschnittlich wachsen und an Bedeutung zunehmen. Besonders im unteren und mittleren Preissegment werden Händler wie Amazon Marktanteile des stationären etablierten Fahrradhandels übernehmen. D2C-Hersteller profitieren von einem hohem Premiumanteil und stark positionierten Marken bei überaus wettbewerbsfähig bepreisten Produkten, unter anderem, weil sie die eingesparte Händlermarge direkt an ihre Kunden weitergeben könnten. Hingegen hätten klassische und primär über den Vertriebsweg des stationären Fahrradhandels positionierte Fahrradhersteller zu kämpfen, wie das überschaubare Wachstum der gut etablierten Marken Specialized oder Trek zeigt.
 

Erfolgsfaktoren für Händler
Für den Handel hat A.T. Kearney vier Faktoren identifiziert, die den Erfolg ausmachen:
1. Echte Loyalität und Kundenfokus, um einen Kunden zum Stammkunden zu machen, der auch sein zweites Fahrrad und Zubehör bei seinem Händler des Vertrauens erwirbt und langfristig seine Fahrräder bei ihm warten lässt.
2. Ein klarer denn je spezifiziertes Sortiment: Anbieter mit breitem Angebot von preiswert bis hochwertig und Citybikes bis Mountain Bikes werden es schwer haben, sich im Wettbewerb abzusetzen, es sei denn sie punkten beim Preis. eine eindeutige Spezialisierung dagegen in wachsenden Segmenten wie Enduro oder E-Bikes und im hochpreisigen Bereich verschafft einen Wettbewerbsvorteil, zum Beispiel gegenüber neu aufstrebenden und breit aufgestellten Marktteilnehmern wie Amazon.
3. Service-Exzellenz, hier kann der stationäre Handel punkten, Online-Anbietern rät die Beratung Service-Partnerschaften mit stationären Händlern einzugehen, um den Kunden das gesamte Angebot vom Verkauf bis zur Reparatur aus einer Hand zu bieten.
4.  Social-Media-Aktivitäten und ein emotionaler und attraktiver Marktauftritt, denn mehr und mehr wird das Fahrrad zum Status-Symbol, das das Auto ersetzt und mit bestimmten Werten und emotionalen Attributen rund um das Shopping-Erlebnis versehen sein muss. 

Hersteller brauchen Multikanalstrategie
Als Erfolgsfaktoren für Hersteller, die ihre Produkte bislang primär über den indirekten Vertriebsweg unabhängiger Händler vertreiben, sieht A.T. Kearney darüber hinaus neben der Schaffung von zugkräftigen Marken und innovativer Produkte (z.B. E-Performance Bike) insbesondere eine intelligente Multikanalstrategie. Auch wenn der stationäre Handel mit seinen Zusatzdiensten eine Zukunft hat, so wird es unabdingbar für diese Hersteller sein, eine innovative und verzahnte Multikanalstrategie für den Vertrieb seiner Produkte zu entwickeln, die es erlaubt, den wettbewerbsfähigen Angeboten der D2C-Anbieter etwas entgegenzusetzen. 
Die Experten von A.T. Kearney warnen davor, die Dynamik im Fahrradmarkt zu unterschätzen. Die Akquisitionen der jüngsten Zeit wie z.B. Santa Cruz durch Pon Bikes weisen auf einen schärfer werdenden Wettbewerb hin, für den relevante Player sich jetzt rüsten müssten. Intelligent verzahnte Multikanal-Anbieter können zwar den Weg weisen, noch sei aber nicht ausgemacht, inwieweit kostenseitig klar besser positionierte Direct-to-Consumer-Anbieter ihnen nicht rasch das Wasser abgraben. 

vz

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