Fahrradhändler aufgepasst: das Sozialgericht Hannover hat entschieden, dass einer Klägerin die Kosten für ein »Pino Steps« als Therapierad von Hase Bikes sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten erstattet bekommt. Dieses Urteil hat den Waltroper Spezialrad-Anbieter dazu ermutigt, in Zusammenarbeit mit einem Fachanwalt für Medizin-, Sozial- und Versicherungsrecht und Experte für Hilfsmittelversorgung einen ausführlichen Ratgeber zu verfassen. Der steht nun Fahrrad-Fachhändlern und Konsumenten zum kostenlosen Download bereit.
Laut Hase Bikes hatte das schwerbehinderte Mädchen schon im März 2017 bei seiner Krankenkasse ein »Pino Steps« plus Zubehör beantragt. Eine entsprechende ärztliche Verordnung war beigefügt. Verschrieben wurde das Tandem der damals 13-Jährigen, weil sie »unter einer zerebralen Mehrfachbehinderung als Zustand nach hypoxischer Enzephalopathie mit bilateraler Zerebralparese« leidet. Für Nicht-Mediziner: das Mädchen hat eine durch eine unzureichende Versorgung des Hirngewebes mit Sauerstoff und Blut ausgelöste Hirnschädigung. Diese hat dazu geführt, dass sie sich nicht selbstständig fortbewegen kann – auch nicht mit einem Rollator oder einem Therapie-Dreirad.
Der von der Krankenkasse eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) sah jedoch keine medizinische Indikation für das »Pino«. Dieses sei kein anerkanntes Hilfsmittel und nicht Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Antrag wurde abgelehnt.
Knackpunkt Hilfsmittel-Nummer
Laut Hase Bikes‘ Reha-Experte Stephan Moldenhauer leider kein Einzelfall: »Es ist nicht selten, dass Anträge abgelehnt werden, insbesondere, wenn es sich um ein hochpreisiges Produkt ohne Hilfsmittel-Nummer handelt. Wichtig ist, dass man sich nicht verunsichern lässt und hartnäckig bleibt.«
Das Mädchen blieb hartnäckig. Gegen die Entscheidung der Krankenkasse wurde Widerspruch eingelegt. Schließlich kann sie auf dem Vordersitz des »Pino« aktiv mobil sein. Durch eine Freilaufarretierung an der Kurbel ist auch sichergestellt, dass sie mittreten muss. Ein positiver Trainingseffekt: die kontinuierliche Bewegung der Beine steigert die Muskelaktivität, was wiederum zu einem erhöhten Stoffwechsel führt und die Dichte und Mineralisierung der Knochenstruktur verbessert. Allerdings blieben sowohl MDK als auch Krankenkasse bei ihrer Ablehnung. Daraufhin entschied die Familie, zu klagen.
Urteil erkennt »Pino« als mittelbaren Behinderungsausgleich an
Das letztendliche Urteil des Sozialgerichts Hannover erging schließlich im Juli 2021: der Klägerin werden die Kosten für das »Pino Steps« und die notwendigen außergerichtlichen Kosten erstattet.
Begründet wird das Urteil unter anderem damit, »dass unter Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin die besonderen Vorzüge des ‚Pino‘ zum mittelbaren Behinderungsausgleich dienen«. Denn anders als bei herkömmlichen Tandems kann der Mitfahrer auf dem Vordersitz des »Pino« sicher angeschnallt werden. Diese Tatsache würde für die Klägerin das Grundbedürfnis nach Mobilität erfüllen. „
Moldenhauer-Fazit: »Es ist schön, zu sehen, dass eine Klage zum Erfolg geführt hat. Leider lassen sich viele Menschen durch die Ablehnung ihres Antrags abschrecken, weil sie nicht wissen, wie sie dagegen vorgehen können.«
Ratgeber: So beantragen Sie ein Therapierad
Um diese Menschen zu unterstützen, hat Hase Bikes jetzt in Zusammenarbeit mit einem Fachanwalt für Medizin-, Sozial- und Versicherungsrecht und Experte für Hilfsmittelversorgung einen ausführlichen Ratgeber verfasst. Er führt Schritt für Schritt von der Antragstellung über den Widerspruch bei Ablehnung, bis hin zu dem letzten Mittel (der Klage) durch den gesamten Prozess. »Wenn es zu einer Klage kommt, ersetzen wir mit unserem Ratgeber nicht die Beratung durch einen Anwalt oder eine entsprechende Beratungsstelle«, stellt Moldenhauer klar, »aber wir informieren nach bestem Wissen, damit es gar nicht erst zu einer Ablehnung kommt.«
Der kostenlose Ratgeber kann unter diesem Link (unter »Kataloge und Broschüren«) heruntergeladen werden.
Ausführlichere Informationen zum oben beschriebenen Fall finden Sie hier unter diesem Link.
Text: Jo Beckendorff/Hase Bikes, Foto: Hase Bikes