Ifo-Konjunkturspiegel: Getrübte Stimmung
Im Vergleich zu Händlern anderer Branchen schätzen die Fahrrad-, Fahrradteile und -zubehör-Händler die Geschäftsentwicklung für die kommenden sechs Monate deutlich pessimistischer ein. Dieses Stimmungsbild zeichnet der aktuelle Ifo-Konjunkturspiegel, für den das in München ansässige Forschungsinstitut monatlich Meldungen von Unternehmen einsammelt.
Foto: Ifo Institut

Dass sich die Geschäftslage im kommenden halben Jahr verbessern wird, davon ging im Fahrradhandel im August keines der meldenden Unternehmen mehr aus. 60 Prozent (gewichtet nach Größe der meldenden Firmen) gehen von einer ungünstigeren Entwicklung aus, der Rest rechnet mit etwa gleichbleibendenden Geschäften. In den Vormonaten dieses Jahres hatten zumindest noch zwischen 10 und 20 Prozent der eingegangenen Meldungen eine günstigere Geschäftsentwicklung prognostiziert. Wenn man zum Vergleich den gesamten Einzelhandel (ohne Kfz) betrachtet, rechnen schon das ganze Jahr über relativ stabil zwischen 10 und 20 Prozent mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung und 40 Prozent mit einer ungünstigeren.

Das Ifo-Institut bietet für jede abgefragte Größe wie Geschäftsentwicklung, Geschäftslage oder Lagerbestand drei Antwortmöglichkeiten (z. B. bezogen auf die Geschäftsentwicklung für die kommenden sechs Monate »günstiger – gleichbleibend – ungünstiger«). Die Unternehmen werden monatlich gebeten, ihre Einschätzung abzugeben. Unter Berücksichtigung der Größe der meldenden Unternehmen (Meldungen größerer Unternehmen fallen stärker ins Gewicht), ermittelt das Ifo-Institut dann eine prozentuale Verteilung der drei Antworten, um damit ein Stimmungsbarometer zu zeichnen (s. Grafik).

Neben dieser grafischen Darstellung in Prozentbalken ermittelt Ifo auch so genannte Saldenwerte: Dafür werden die Prozentwerte aus der einen Antwortkategorie am einen Ende der Skala (schlecht, geringer, zu niedrig, etc.) von denen aus der Antwortkategorie am anderen Ende der Skala (gut, höher, zu hoch) abgezogen, die neutralen Antworten in der Mitte der Skala verändern den Saldo nicht. Wenn also beispielsweise alle die Geschäftslage als »gut« bewerten, ergibt das einen Saldenwert von +100 Punkten, wenn alle die Antwort »schlecht« wählen, beträgt der Saldo -100. Bei 60 Prozent für »gut«, 10 Prozent neutral und 30 Prozent für »schlecht« liegt der Saldenwert bei +30. Für die Erwartungen an die Geschäftslage im Handel mit Fahrrädern, Fahrradteilen und -zubehör ergibt sich aktuell, dass der Saldo nach einer kurzen Erholung im Frühjahr in den Sommermonaten stetig weiter in den Minusbereich rutscht, im August bereinigt um saisonal wiederkehrende Effekte auf -45 Punkte. Der Einzelhandel gesamt rechnet per Saldo zwar ebenfalls mit einer ungünstigeren Geschäftsentwicklung, allerdings erreicht der Saldenwert hier -32 Punkte.

Händler wollen Bestellungen reduzieren

Die überwiegende Mehrheit der befragten Firmen im Bereich Handel von Fahrradteilen, Fahrrädern und -Zubehör berichtet von geringeren Umsätzen (mehr als 80 Prozent im Juli und August) im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat und zu großen Lagerbeständen. Im Juli hatte es erstmals seit Monaten im Sektor Fahrradhandel wieder Firmenmeldungen gegeben, dass der Lagerberstand zu niedrig sei. Doch in der August-Befragung findet das niemand mehr. 80 Prozent der Meldungen im August bewerten den Lagerbestand als zu hoch. Per Saldo ergibt sich rechnerisch bereinigt um die saisonalen Effekte sogar ein Wert von 102. (Der Wert überschreitet hier die logische Grenze von 100. Das sei ein Effekt aus der rechnerischen Saisonbereinigung, erklärt Patrick Höppner vom Ifo-Institut.) Damit sehen deutlich mehr Fahrradhändler als für gewöhnlich den Lagerbestand als zu hoch an, und das durchgängig über die letzten 12 Monate, wo der Saldenwert immer über 70 lag. Der langfristige Mittelwert für die Bewertung des Lagerbestandes im Fahrradhandel liegt bei 35 Punkten. Der Einzelhandel insgesamt schaut entspannter auf die Lagersituation: Hier empfindet die überwiegende Mehrheit schon seit März durchgängig die Lagersituation als befriedigend, etwas über 20 Prozent als zu groß. Der saldierte Wert für August liegt saisonbereinigt bei 29, der Mittelwert liegt bei 26 Punkten.

Hohe Lagerbestände und als geringer bewertete Umsätze spiegeln sich in der für die kommenden 3 Monate geplanten Bestelltätigkeit der Fahrradhändler wider: Schon seit März gibt etwa die Hälfte der Fahrradhändler an, Bestellungen reduzieren zu wollen, im August ist der Wert noch einmal gestiegen auf 80 Prozent (Saldo im August saisonbereinigt -29). Mehr Bestellungen zu tätigen plant im Fahrradhandel im Moment niemand. Im gesamten Einzelhandel ohne Kfz liegt der Anteil derer, die weniger bestellen wollen, seit März gleichbleibend bei 30 Prozent, 70 Prozent wollen in etwa gleich bestellen.

60 Prozent beurteilen Geschäftslage als saisonüblich

Wenn auch viele Fahrradhändler Umsätze und Lagerbestände kritisch bewerten, beurteilt doch die Mehrheit die gesamte momentane Geschäftslage im August als saisonüblich bzw. befriedigend (60 Prozent). Allerdings schätzt im Moment keines der meldenden Unternehmen aus dem Fahrradhandel die Lage als »gut« ein. In den Frühjahrsmonaten hatten immerhin noch einige Händler die Geschäftslage als gut bewertet (um die 20 Prozent) – ähnlich wie im gesamten Einzelhandel (ohne Kfz), wo sich das Urteil in den Monaten März bis August etwa gleichbleibend auf 20 Prozent für »gut« und 30 Prozent für »schlecht« sowie 50 Prozent für befriedigend verteilt hat. Der Saldo liegt für August im Fahrradhandel saisonbereinigt bei -51. Für gewöhnlich stuft der Fahrradhandel die Geschäftslage weit weniger schlecht ein: Der saisonbereinigte Mittelwert liegt bei -5. Im gesamten Einzelhandel wird die Lage ebenfalls nicht rosig, aber deutlich besser als im Fahrradhandel beurteilt: -20 ist hier der saisonbereinigte Saldenwert für den August (der saisonbereinigte Mittelwert liegt bei knapp 10).

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