Mit Indienrad UG rollt ein Newcomer in den Markt, der sich auf den Verkauf eines klassischen Indienrad-Modells über den Vertriebsweg Internet konzentriert. Seit September 2010 bietet die Münchener Unternehmensgesellschaft laut Geschäftsführer und Produktdesigner Nikolaus Hartl unter www.indienrad.de „eine aus der alten englischen Kolonialzeit völlig unveränderte Fahrradlegende“. Und das für einen „attraktiven VK-Preis“ von – halten Sie sich fest – 199 Euro.
Dazu gesellen sich noch Versandkosten in Höhe von 39,90 Euro, die es allerdings bei dem Newcomer bei Bestellung bis 30.11. umsonst dazu gab. Eine gut bebilderte Anleitung zur Endmontage des ansonsten vormontierten Klassikers gibt es als pdf zum Herunterladen. O-Ton Hartl: „Da die Technik komplett aus den 50ern stammt, lässt sich das alles von jedem Heimwerker mit heimischen Werkzeug einfach erledigen.“ Ganz nach dem Motto: Erst schrauben, dann cruisen. Ob das auch tatsächlich so funktioniert?
Zum Thema Qualität wird auf der Webseite darauf hingewiesen, dass „aufgrund der authentischen Produktionsmethoden Abweichungen, insbesondere bei Lack und Mechanik, nicht auszuschließen sind. Typische Abweichungen sind insbesondere Lackfehler oder kleinere Dellen im Schutzblech oder Kettenschutz. Diese Abweichungen, die jedoch die grundsätzliche Tauglichkeit nicht beeinträchtigen und den Charme der Fahrräder mit prägen, sind kein Grund für Gewährleistungsansprüche, insbesondere Wandelung oder Minderung.“
Um sich beim Versandverkauf des KW-Roadster (je ein one-size-fits-all Damen- und Herrenmodell) auch rechtlich abzusichern, sorgen die Münchner Jungunternehmer vor. O-Ton Produkthinweis: „Diese Art von Fahrrädern sind für den indischen Kulturkreis gebaut. Aufgrund der originalen Bauart von 1956 entspricht die Ausstattung dieser Klassiker natürlich nicht dem heutigen Stand der Technik und den strengen europäischen Normen. Am Vorder- und Hinterrad kommt eine Gestängebremse zum Einsatz, deren Bremsklötze von innen auf die Felge wirken, nicht etwa seitlich.“ Und was die StVZO betrifft: „Wie fast alle klassischen Cruiser und Roadster ist das Fahrrad nach deutschen Bestimmungen nicht zum Betrieb im öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Durch den Anbau von Vorder- und Rücklicht können Sie dies jedoch erreichen.“
Die Idee eine Indienrad-Imports kam den drei Indienrad-Machern vor etwa einem Jahr: „Unser Background ist ein reines Industrie-Designbüro. Eigentlich wollten wir was mit Single-Speed machen. Unsere Recherche hat uns unter anderem nach Indien verschlagen. Da haben wir auch das typische klassische Indienrad gesehen und wie es dort heute noch millionenfach das Stadtbild prägt.“
Was ihnen am meisten imponiert hätte: Die Räder würden heute noch unverändert auf den alten Produktionsmaschinen der Engländer aus der Kolonialzeit produziert. Dann habe man sich auf die Suche nach einem geeigneten Anbieter gemacht. „Natürlich gibt es da auch viele schwarze Schafe. Wir haben einige Zeit gebraucht, bis wir auf die kleine Manufaktur KW Bicycle gestoßen sind. Der Familienbetrieb wurde vor über einem halben Jahrhundert von den Brüdern Karam und Wasan (Anmerkung des RadMarkts: Daher der Name „KW“) Singh in Ludhiana gegründet. Dort werden die Fahrräder seit 1956 unverändert gebaut.“ Das Einzige, was Indienrad verändert hat, ist der Sattel. Hier setzt man – ganz dem Retro-Design des Fahrrads folgend – auf einen alten klassischen Büffelleder-Sattel, den man über www.indienrad.de auch einzeln beziehen kann.
Ob man bei KW Bicycle tatsächlich von einer „kleinen Manufaktur“ sprechen kann, sei dahin gestellt. Die gesamte KW-Gruppe beschäftigt heute mehr als 1.400 Mitarbeiter. Aber vielleicht bezieht sich „Manufaktur“ ausschließlich auf den KW-Bereich, der mit Hilfe der alten Maschinen weiterhin klassische Roadster baut. Das indische Unternehmen baut auf jeden Fall auch andere (modernere) Fahrradmodelle.
Worauf die Indienras-Macher des Weiteren stolz sind: „Es gibt mittlerweile auch in Indien wenig Fahrräder, die ohne jegliche Teile aus China auskommen. KW Bicycle und unser Indienrad setzt voll und ganz auf Made in India.“ Weitere Info unter www.indienrad.de.
– Jo Beckendorff –