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Interview mit ZEG-Vorstandschef Georg Honkomp zur Biketec-Übernahme: »Hätten definitiv Flyer gewählt«
ZEG-Chef Georg Honkomp bei einem Schweiz-Besuch.

Nach der Übernahme der Schweizer E-Bike-Herstellers Biketec und seiner Marke Flyer durch die ZEG stellen sich Fragen zur Integration. Der Vorstandsvorsitzende der ZEG, Georg Honkomp, äußerte sich dazu gegenüber dem RadMarkt.

RM: Pegasus und Bulls sind eingeführte Marken der ZEG. Dazu kamen weitere Traditionsmarken wie Wanderer, Hercules und Kettler. Warum nun ausgerechnet Biketec? Hätte es – unter dem Gesichtspunkt Technologie – nicht z.B. Rotwild, oder um bei Schweizer Marken zu bleiben, Stromer sein können?

Georg Honkomp: Oft ist es so im Leben, dass man sich nicht alles aussuchen kann. Wenn wir aber etwas hätten aussuchen können, dann hätten wir auch definitiv die Marke Flyer gewählt. Flyer ist das qualitativ beste E-Produkt am Markt. Hinzu kommt, dass es der E-Bike-Pionier ist. Das Awareness-Set ist perfekt. Schweizer Produkte und Dienstleistungen genießen einen hervorragenden Ruf in Europa. Swissness ist in und steht für gelebte Qualität. Und Qualität brauchen wir im Fachhandel. Das ist unsere Zukunft. Also trägt Flyer zukünftig wesentlich zur Zukunftssicherung der ZEG und des Fachhandels bei. Stromer und Rotwild sind sicher auch gute Marken, aber wie gesagt, wir haben ja kein Wunschkonzert.

RM: Automotive – aber auch die ZEG – lebt es vor: eine markenübergreifende Gleichteile-Politik. Wird das auch auf Modelle von Flyer zutreffen? Wäre durch eine Plattform-Strategie und günstigere Einkaufskonditionen ein »Flyer für alle« realisierbar? Würde das strategisch Sinn machen?

Honkomp: Die Bike-Branche ist ja viel stärker rationalisiert als die Autobranche. Beim Bike ist alles offen, man sieht die Schaltung (meist Shimano) man sieht den Motor (meist Bosch) man sieht die Bremsen (meist Magura), Griffe kommen von Ergon und die Sättel von Selle Royal usw. Wenn wir jetzt auch noch die Rahmen vereinheitlichen, dann sieht wirklich jedes Bike gleich aus. Nein, wir wollen eine Differenzierung, jede Marke soll die eigene DNA haben. Beim Einkauf werden sicher strategische Gespräche geführt werden, um eine optimale Leistungsfähigkeit zu erreichen.

RM: Inwieweit bleibt es bei einer Eigenständigkeit des Standorts Huttwil und des Flyer-Produktmanagements? Können vom letztgenannten Ihre deutschen Marken profitieren (Stichwort Kettler-Bergstrom)?

Honkomp: Flyer bleibt 100 Prozent eigenständig. Produktion, Geschäftsleitung und Produktmanagement bleiben am Standort Huttwil, so wie es sich für eine erstklassige Marke gehört. In der Gruppe werden wir sicher alle voneinander lernen.

RM: Bulls zeigte auf der diesjährigen ZEG Bike Show eine starke Präsenz in Sachen High-End-E-MTB. Flyer hat das innovative FIT-System, sogar exklusiv für sich. Soll Flyer auf Dauer im E-MTB-Bereich Zurückhaltung üben, um Bulls nicht in die Quere zu kommen?

Honkomp: Flyer hat sich im letzten Jahr und auch für 2018 viel vorgenommen. Mit dem 2018 Programm hat man sich deutlich verjüngt. Dazu gehört selbstverständlich auch das sportliche E-Trekking-Bike oder E-MTB oder E-SUV. Flyer-Kunden werden es zu schätzen wissen. Ganz besonders möchte ich aber die E-Urban-Produkte ansprechen. Hier ist Flyer aus meiner Sicht schon fast Benchmark für die Branche. Da alle Marken der ZEG selbständig sind, wird es auch einen gesunden Wettbewerb unter den Marken geben.

RM: Ist es vorstellbar, die Flyer-Produktion so aufzuteilen, dass der Schweizer Markt von Huttwil und der EU-Markt vom Kettler-Werk in Saarbrücken-Hanweiler aus bedient wird, um den Zoll einzusparen und die Liefergeschwindigkeit zu erhöhen?

Honkomp: Vorstellen kann ich mir vieles. Wir können die Zukunft aber nicht voraussagen. Wenn wir mit Flyer schneller wachsen als geplant, werden sicher weitere Produktionsstätten nutzbar gemacht. Erst einmal produzieren wir in Huttwil und das ist gut für die Marke.
Ob auch Produktionen außerhalb der Schweiz stattfinden werden, können wir derzeit noch nicht bestätigen aber auch nicht verneinen. Es ist schließlich eine Frage der Gesamtentwicklung des Unternehmens und der Märkte. Genauso können wir nicht ausschließen, dass auch zukünftig Bikes unter der Marke Flyer gebaut werden. Aus heutiger Sicht eher nicht, aber wenn es der Markt verlangt, warum nicht?

RM: Biketec ist der dominierende Partner für Panasonic. Wird es unter ZEG-Hoheit diese Verbindung weiterhin geben? Wäre ein Panasonic-Antrieb etwa auch in einem Bulls oder bei Hercules denkbar? Wäre der ZEG-Händler offen für einen weiteren Motoren-Zulieferer?

Honkomp: Panasonic gehört wie Flyer zu den Pionieren der E-Bike Branche. Also gehören Flyer und Panasonic definitiv zusammen. Qualitativ ist es ohnehin eine gute Symbiose. Mit der FIT-Technologie ist das System sogar hoch innovativ.
Neue Motorenlieferanten haben sich ja bereits angekündigt. Man wird sehen, wie sie sich bewähren. Panasonic, Bosch. Brose und Shimano haben sich bereits am Markt etabliert und bewährt. Wir sind für gute Produkte immer offen, wenn es der Markt verlangt.

RM: Wo wird der Flyer-Verkauf für den deutschen Handel angesiedelt? Wer wird sich speziell um die Flyer-Händler außerhalb der ZEG kümmern? Es ist ja sicherlich vorgesehen, genau wie bei Hercules und Kettler, auch Nicht-ZEG-Händler als Kunden zu adressieren.

Honkomp: Der Flyer Vertrieb wird in Deutschland und Österreich über die eigenen Töchter der Biketec AG abgewickelt. In Benelux  über die Amazing Wheels, ebenfalls eine Biketec AG Tochter. Vollkommen selbständig unter Führung der Muttergesellschaft wird hier Vertriebspolitik gemacht. Auch hier ist eine Kontinuität wichtig. Flyer bleibt Flyer.
In den skandinavischen Ländern sowie in den Ländern wie Frankreich, Spanien und Portugal, England werden wir den Vertrieb anstoßen. Hier sehen wir unser Wachstumspotential.
In der Schweiz, Deutschland, Belgien, Österreich, Niederlande und weiteren Ländern werden wir unsere Verantwortung für den Fachhandel als Marktführer wahrnehmen. Schließlich sind wir eine Fachhandelsorganisation mit genossenschaftlicher Philosophie und kein privater Investor.

Fragen: Daniel Fikuart, Michael Bollschweiler
Foto: Peter Hummel

 

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