Karbon: Flechten statt legen

Braid – das heißt Flechtwerk oder auch Zopf. Wer sich den Herstellungsprozess des so getauften Karbonrahmens aus deutscher Fertigung ansieht, weiß warum. Mit einer weiterentwickelten Flechtmaschine, wie sie ursprünglich auch in der Textilverarbeitung verwendet wird, wird die Karbonfaser automatisch um einen formgebenden Kern »abgelegt«. »Der übliche Stoß in der Mitte der Rahmenrohre entfällt, die Faserablage ist durchgängig, was höhere Festigkeiten des Rahmens zur Folge hat«, heißt es im Flyer. »Das ist eine völlig neue Fertigungstechnologie. Wir können flechten, stricken, weben und 3D-sticken«, schmunzelt Diplom-Designer Benjamin Hansbauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Carbon Composites der Technischen Universität München.
Der Rahmen besteht aus vier Teilen: Dem umwickelten Steuerrohr, dem Oberrohr mit linker Hinterbaustrebe, dem Unterrohr mit rechter Kettenstrebe und dem Sattelrohr. Steuer- und Sattelrohr waren bei den vorgestellten Prototypen noch aus Aluminium, Karbon sei aber ebenso möglich und würde weiter zur Gewichtsoptimierung beitragen, so Hansbauer.
Der Prototyp ist fahrbar, lässt aber noch etwas Steifigkeit vermissen. »Da hab‘ ich es im Design ein bisschen übertrieben. Aber das ist jetzt nur noch reine Ingenieursarbeit. Wenn wir im Bereich Hinterbau und Kettenstrebe noch ein oder zwei Millimeter mehr Material aufbringen, ist das erledigt«, so Hansbauer.
Sind die Rahmenteile erst einmal geflochten, werden sie in eine Form gepackt, in die mit Überdruck Harz injiziert wird. Die Oberfläche ist anschließend perfekt und muss nicht nachgearbeitet werden.
Damit die Herstellungsmethode deutlich wird, hat »Munich Composites GmbH« einen roten Glasfaserfaden eingewoben und den ersten Rahmen »Redline« getauft, wie Geschäftsführer Olaf Rüger erläuterte.
»Da stecken über fünf Jahre Entwicklungsarbeit drin. Die Technik wurde 2007 zum Patent angemeldet«, so Industriedesigner Hansbauer. »Der Rahmen ist in einem getakteten Industrieprozess herstellbar. Wir können reproduzierbare Qualität liefern, wir können im Hochlohnland Deutschland produzieren und wir können Stückzahlen fertigen, die sonst gar nicht möglich sind«, nannte er weitere Vorteile der neuen Technik. »Wir könnten alle 30 Minuten solch einen Rahmen bauen«, schätzt Rüger. Der Preis sei dabei natürlich abhängig von den produzierten Stückzahlen.
Große Mengen sind aber vorerst nicht geplant. Zum Frühjahr 2012 sollen in einer Limited Edition 100 Rahmen und Räder produziert werden. Ob das fertige Rad dann – wie die auf der Messe gezeigten Modelle – als Fixie oder mit Rohloff-Nabe, Kette oder Karbonriemen aufgebaut wird, steht noch in den Sternen. Der geplante Verkaufspreis allerdings nicht. Er soll bei 4.000 bis 5.000 Euro liegen. Händler können den Rahmen auch einzeln erwerben.
www.braid-bikes.de

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