Laut einer aktuellen Marktanalyse der Londoner Economist Intelligence Unit – kurz EIU – rechnen die Forscher in den kommenden Jahren zwar mit einer deutlichen Erholung der aktuellen Industriemetall-Preisentwicklung, aber auch mit erheblichen Problemen beim vor allen von den internationalen Reifenherstellern genutzten industriellen Rohstoff Kautschuk. Hier wächst die Nachfrage weitaus stärker als die Produktion.
Zuerst aber einmal die guten Nachrichten: Ein dank neuer Kapazitäten vermehrtes Angebot würde künftig die Preise für Industriemetalle im Jahresdurchschnitt um mehr als ein Viertel kürzen. Der Kupferpreis würde sich beispielsweise sogar halbieren. Selbst der Ölpreis würde um circa zehn Prozent nachgeben.
Anders sieht es beim Naturkautschuk aus. Laut einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hätten sich die Kautschuk-Preise alleine in den letzten zwei Jahren verdreifacht. Für dieses Jahr geht EIU von einem Preisanstieg von 25 Prozent aus. Gegenwärtig kostet eine Tonne Kautschuk 7.220 US$. Die Jahresproduktion 2005 hat bei 8,84 Millionen Tonnen gelegen. In diesem Jahr werden es laut EIU bereits 9,16 Millionen Tonnen sein. Davon kommen 7 Millionen Tonnen alleine aus Asien.
Gründe für diese alarmierende Preisentwicklung gibt es einige. Da ist zum einen der zunehmende Bedarf Chinas. Aber auch dortige und durch Wirbelstürme verursachte Mißernten sorgten für einen Ausfall von in etwa einem Sechstel der Gesamtproduktion Chinas. In anderen Teilen Asiens sorgten zuerst Regenmangel und dann extensive Regenstürme im Herbst für echte Ernteausfälle. Und im Süden Thailands wurde die Kautschuk-Ernte durch Rebellenangriffe belastet. Laut Kona Haque, Chefin der in der Süddeutschen Zeitung zitierten EIU-Marktanalyse, wird „die weltweite Verknappung akuter sein und länger andauern als wir bisher erwartet haben“.
Thailand ist übrigens mit einem Anteil von in etwa 30 Prozent an der internationalen Kautschuk-Produktion Marktführer, gefolgt von Indonesien (circa 20 Prozent) und Malaysia (circa 12 Prozent). Indien versucht aufzuschließen.
Der Ernteausfall sorge auch laut EIU dafür, daß die internationalen Kautschukvorräte in 2007 nur noch für gut acht Wochen reichen würden. Zum Vergleich: 2004 waren es noch mehr als 14 Wochen. Somit ist laut Peter Chin, Rohstoff-Minister aus Malaysia, der gegenwärtige Kautschuk-Preis auf Dauer nicht zu halten. Eine echte Preiskorrektur habe es seitens der Reifenhersteller aber noch nicht gegeben. Hier müsse baldigst auf das veränderte Preisgefüge reagiert werden.
Dank der gegenwärtigen Öl-Rekordpreise habe auch der Konkurrenzdruck von Synthetik- gegenüber Natur-Kautschuk nachgelassen. Dessen Anteil am Weltkautschuk-Bedarf soll immerhin bei satten 60 bis 70 Prozent liegen. Das „künstliche Kautschuk“ wurde 1909 von dem deutsche Chemiker Fritz Hoffmann aus dem Öl-Nebenprodukt Butadien entwickelt. Somit ist auch hier für die Reifenproduzenten keine Entlastung in Sicht.
– Jo Beckendorff –