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Kritik an Stiftung Warentest auch von Fahrradprüfer Zedler
Dirk Zedler

Dirk Zedler, der mit seinem Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit selbst Fahrräder und Komponenten überprüft und testet, übt scharfe Kritik an der Stiftung Warentest (Stiwa) und ihren Bewertungen im aktuellen Pedelec-Test. In einer Stellungnahme spricht er von »fatalen Ungereimtheiten«…

Generell stellt er klar: E-Bike Hersteller und der ZIV hätten als Teilnehmer des Gremium des Fachbeirats der StiWa nicht geraten, so weiter zu testen wie im Vorjahr. Das sei schlichtweg falsch dargestellt, so Zedler. Nicht erwähnt würde auch, dass die Testergebnisse 2014 mit mechanisch sehr stark veränderten Testaufbauten in Zusammenhang stehen könnten.
Zum eigentlichen Test hat der Sachverständige verschiedene Anmerkungen. Zur Auswahl des Testfeldes konstatiert er: »Bei dem einmal jährlich stattfindenden Test der Stiftung Warentest muss aber unserer Ansicht nach der Markt abgebildet werden. Und dazu gehören Pedelecs für 699 Euro. So, das kommt hinzu, produziert die Stiftung Warentest unseres Erachtens nach ‚Verlierer‘, die nachweislich in der durchaus kritischen Nutzer- und Händlergunst vorne liegen, indem sie die schlechten Noten erhalten, die eigentlich und gerechterweise den wirklich schlechten Billig-Produkten des Marktes vorbehalten sein sollten. Und das auch noch vor dem Hintergrund des breiteren letztjährigen Tests.«

Auswahl zu beanstanden

»Besser, stärker, sicherer« ist die Feststellung der Stiftung Warentest in Bezug auf die Bremsen der getesteten Pedelecs, die alle hochwertige hydraulische Bremsen gehabt hätten. Dies sei nur der Auswahl zu verdanken, meint Zedler, »denn einige der Hersteller im Test haben gleiche Modelle auch mit deutlich schwächeren Rollenbremsen oder seilgezogenen Felgenbremsen im Programm«. Das würde dem Leser aber nicht mitgeteilt. Sein Fazit: »Die Stiftung Warentest traf unserer Meinung nach eine Auswahl, die gezielt eigene Fehler vernebeln soll. Weiterhin nimmt die StiWa in Kauf, dass seriöse Hersteller von vergleichsweise guten Produkten schlecht bewertet werden, weil sie den Maßstab nicht an die tatsächlichen Marktgegebenheiten anpasst.«
Kritisch betrachtet werden vom Fahrradprüfer auch die Abwertungskriterien. Ein Versagen von Bauteilen würde immer höher bewertet als andere Kriterien. Als Ursache für kritische Fahrsituationen sieht er fahrinstabile Fahrwerke und Fahrwerksunruhen, die immer wieder falsche Reaktionen provozierten und in Folge einen Sturz heraufbeschwören können. »Trotzdem wird ein Materialversagen, das – wenn überhaupt – erst nach langer Laufleistung als Ermüdungsschaden eintritt, unverständlicherweise deutlich schlechter bewertet.«

Gleiche Teile – unterschiedliche Bewertung

Unverständnis zeigt Zedler auch bei den Testnoten der Derbymarken Raleigh und Kalkhoff, die »sehr viele, bis zu 100 Prozent« gleiche Teile aufweisen würden. Einziger Unterschied: Beim Raleigh wurden die kleineren Laufräder gewählt. »Daher müssten nach unserem Verständnis auch die Ergebnisse weitgehend deckungsgleich sein.«
Trotzdem habe die Stiftung Warentest festgestellt, dass das Kalkhoff schlechter schalte und sich ohne Motorunterstützung schlechter fahre. Das Raleigh habe die weit schlechtere CE-Kennzeichnung und die Sattelstütze reiße, beim Kalkhoff reiße der Rahmen. Das Licht des Raleigh sei besser und das Kalkhoff sei deutlich schlechter verarbeitet.
Daraus zieht Zedler das Fazit: »Offensichtlich und nach unserer intensiven Betrachtung hat die Stiftung Warentest bei identischen Bauteilen signifikante Unterschiede herausgetestet, wo mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine sind.«
Zu Rahmenrissen äußert sich er sich wie folgt: »Die Aussage, dass der Riss am Rahmen des Kalkhoff zum Rahmen-Totalschaden führt ist unserer Meinung nach in Ordnung. Je nach Garantieversprechen ist dies allerdings nur eine Reklamation. Der Rahmen ist aber im Bereich des Sitzrohres gerissen und das führt erfahrungsgemäß typischerweise nicht zu sicherheitsrelevantem Ungemach. Warum also so gravierend abwerten? Und der I-Punkt: Während ein so für die Sicherheit nahezu vernachlässigbarer Rahmenbruch erneut hoch gehängt wird, werden Risse in den Sattelstützen klein geschrieben. Wie unsere Erfahrung aus vielen tausend Gutachten bei Fahrradunfällen gezeigt hat, gehören aber nicht umsonst Brüche der Sattelstütze zu den gefährlichsten Schadensereignissen überhaupt.«
Dies lässt den Sachverständigen zu der Meinung gelangen, dass es der Stiftung Warentest an Sachkenntnis fehlt und daher an der der Fähigkeit, Schäden praxisrelevant einzuordnen.

Kein Systemfehler

Der letzte Kritikpunkt bezieht sich auf die beanstandete Akkuhalterung am Pedelec von Stevens, dem Anschein nach ein Bauteil von Bosch, das mutmaßlich an allen Pedelecs, die dieses Bosch Antriebssystem verwenden, montiert wurde. Einen Systemfehler schließt Zedler hier aus, »da die Halterungen bei den anderen Bosch Antrieben das Gehoppel auf dem Rollenprüfstand überstanden haben«. Ursache müsste hier Serienstreuung sein. Für die Bewertung gebe es daher nur zwei korrekte Herangehensweisen: »Entweder müssen alle sechs Pedelecs mit Bosch Heckträgerakku abgewertet werden oder das Stevens darf nicht abgewertet und so in Misskredit gebracht werden.«
Deshalb sein Fazit: »Die Stiftung Warentest scheint nach unserem Dafürhalten nicht in der Lage, aufgetretene Defekte zu hinterfragen und sauber einzuordnen. Sie nimmt dadurch billigend in Kauf, dass einzelne Hersteller einen wirtschaftlichen Schaden erhalten. «
Zedler resümiert zum Schluss: »Im Ergebnis hat die Stiftung Warentest meiner Meinung nach erneut bewiesen, dass sie das Marktgefüge nicht ausreichend berücksichtigt, sich auf Prüfinstitute und Testpartner verlässt, die entweder keine reproduzierbaren Testmethoden anwenden, oder sich schwer tun, Testergebnisse korrekt zu interpretieren und in den richtigen Kontext zu setzen. Seit Jahren führt das zu stark verzerrten Testergebnissen. Solches Vorgehen schadet den Herstellern, verunsichert die Fahrer unnötig und ist für das Fahrrad als zukunftsweisender, nachhaltiger Beitrag zur Mobilität alles andere als zielführend.«

 

 

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