Frankfurts Messe-Chef Michael von Zitzewitz fordert mit Blick auf die deutsche Messelandschaft ein Umdenken. Ohne national koordinierten Masterplan könne die immer wieder stark subventionierte und unter Preisverfall leidende deutsche Messebranche sich zukünftig international nicht mehr behaupten. Der Messestandort Deutschland sei in Anbetracht wachsender Konkurrenz innerhalb und außerhalb Europas stark gefährdet.
„Solange wir die Kapazitäten nicht über den freien Markt regeln lassen können, das heißt, solange Pleiten und Schließungen ausgeschlossen sind, brauchen wir eine koordinierte Anstrengung aller Beteiligten, um die Kapazitätsentwicklung am Marktbedarf und an den strategischen Erfordernissen auszurichten. Sonst kann es in ein paar Jahren für uns alle ein böses Erwachen geben,“ zitiert die Süddeutsche Zeitung von Zitzewitz.
Tatsächlich profitiert auch die Zweiradbranche von den Subventionshilfen an deutsche Messestandorte. Die internationale Motorrad- und Rollermesse Intermot konnte beispielsweise mit Hilfe eines sehr attraktiven Angebots von München nach Köln geholt werden, von dem das Münchener Messemanagement unter vorgehaltener Hand verriet, daß die Kölner Rechnung mit Mitorganisator IVM (Industrieverband Motorrad Deutschland) so eigentlich niemals aufgehen könne. Dies zum Thema Preisverfall.
In Baden-Württemberg mehren sich die Gerüchte, daß die neue und mit Hilfe von Landesmitteln stark subventionierte Messe Stuttgart unter anderen hier und da ihre ersten Fühler nach den Friedrichshafener Messen OutDoor und Eurobike ausgestreckt haben soll. Um den Messestandort Friedrichshafen auf lange Sicht zu sichern, gab die Messeleitung vom Bodensee im Gegenzug bekannt, zwei neue Hallen zu bauen. Auch hier steuert das Land Baden-Württemberg ihren finanziellen Teil bei – und unterstützt somit beide heimischen Messegesellschaften unter anderem auch im Kampf gegeneinander. Mit „freiem Markt“ hat das weniger zu tun.
Apropos Wettbewerb: Wie der schwächelnde traditionelle Kölner Eurobike-Mitbewerber Ifma in den letzten Jahren überleben konnte, fragen sich viele. Sind es alleine die mit Subventionen des Landes aufgebauten neuen schönen Messehallen, die das Überleben sichern?
Wie auch immer: Welcher Messeanbieter auf genau wie viel Landes-/Staatshilfe setzen kann/konnte, ist nicht bekannt. Hier lassen sich die jeweiligen Mitbewerber nicht in die Karten schauen. Eine diesbezügliche Transparenz wäre aber sehr sinnvoll. Die Forderung nach Offenlegung der Subventionen ist allerdings nicht neu.
Zur aktuellen Messesituation in Deutschland noch einmal von Zitzewitz gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Es gibt eben Messegesellschaften, die sich in den jetzigen Verhältnissen sehr wohl fühlen, mit Subventionen besser zu leben glauben und keinen Grund für Veränderungen sehen…Es gibt in unserem Land wahrlich sinnvollere Möglichkeiten für die Verwendung von Steuergeldern, als sie in den Aufbau von Überkapazitäten in der Messewirtschaft zu investieren. Damit schwächt man nicht zuletzt den gesamten Messestandort Deutschland und diejenigen, die ihr Geld aus eigener Kraft verdienen.“ Starker Tobak.
– Jo Beckendorff –