Einer der ganz groß auf der diesjährigen Taipei Cycle Show (TCS) gehandelten Themen waren Mietrad-Systeme. Nicht nur Branchenteilnehmer, sondern auch branchenfremde Unternehmen haben das Thema für sich entdeckt. Was in China – da, wo insbesondere der wertige Sportrad-Markt gehörig ins Stottern geraten ist – dazu führt, dass Branchenkenner jetzt schon ein baldiges Überangebot an Bike Sharing-Systemen in den Ballungsgebieten des Landes vorhersagen. Zudem scheint es mit der Qualität dieser im Land der Mitte eingesetzten Mieträder, die auch irgendwann international rollen sollen, nicht immer zum Besten zu stehen. Was dem globalen Mietrad-Kunden langfristig – da sorgen sich internationale Branchenbeobachter schon jetzt – die Lust am Fahrrad nehmen könnte…
Schon im Januar 2017 hatte der RadMarkt über den 2015 gegründeten chinesischen Startup Mobike (www.mobike.com) – laut Eigenangabe »das erste stationslose Mietradsystem der Welt« (was nicht ganz stimmt, weil der einst von München aus gestartete deutsche Mietrad-Systempionier Call a Bike – schon seit einigen Jahren in Händen der Bahntochter BD Rent – ebenfalls auf Mietstationen verzichtet) berichtet.
Anfang des Jahres hatte eine Gruppe Großunternehmen unter Führung des börsennotierten Internet-Riesen Tencent Holdings Ltd. eine Summe in Höhe von 215 Millionen US$ (200 Millionen Euro) in Mobike gesteckt. Zu den von Tencent geführten Investoren gehören klangvolle (branchenfremde) Namen wie Hillhouse Capital, Huazhu Hotels Group, Sequoia China, Travel Firm Ctrip und Warburg Pincus.
Am 23. Januar folgte dann eine exklusive Partnerschaft mit dem taiwanesischen Apple-Produzenten Hon Hai Precision Industry Co., Ltd. – internatonal besser unter dem geläufigeren Namen Foxconn Technology Group bekannt – für Furore. Über die Höhe des »strategischen Investments« seitens Foxconn ist nichts bekannt. Wie auch immer: Mit dem Investment im Rücken will Mobike auch international wachsen. Für dieses Geschäft wurde bereits eine Zentrale in Singapur gegründet.
Für das internationale Wachstum muss aber zuerst einmal die Mietrad-Produktion hochgefahren werden. Mit diesem Wissen im Rücken haben viele Branchenteilnehmer auf der TCS Mietrad-Modelle präsentiert. Auf der größten Fahrradmesse Asiens kursierten aber auch Gerüchte, dass vor allem branchenfremde Mietrad-Systemanbieter mit Blick auf China eher auf Billig-Bikes setzen, die alle zwei Jahre ausgetauscht werden sollen. Mit diesem Konzept wird man aber – so der allgemeine Branchentenor – gewiss nicht in der westlichen Welt punkten können. Ganz im Gegenteil: Bedenken tauchen auf, dass den Bürgern urbaner Ballungsgebiete mit Billig-Mieträdern früher oder später »die Lust am Radeln genommen wird«.
Mehr dazu in einer der kommenden RadMarkt-Ausgaben.
Text/Fotos: Jo Beckendorff