Auf einer heute (5. Januar) einberufenen Pressekonferenz anlässlich des gestern beim zuständigen Amtsgericht Halle (Saale) eingereichten Insolvenzantrags in Eigenverantwortung seitens der Mifa-Bike Gesellschaft mbH stellte sich ein Sanierungsexperte vor, den Firmeninhaber Heinrich von Nathusius – bisher auch als Mifa-Geschäftsführer im Einsatz – als sogenannten Sanierungs-Geschäftsführer (CRO) an Bord geholt hat.
Joachim Voigt-Salus (Bild) ist Rechtsanwalt und Namenspartner der sich auf Sanierungs- und Insolvenz-Recht spezialisierten Sozietät Voigt Salus mit Hauptsitz in Berlin. »Heinrich von Nathusius hat mich gebeten, Mifa als sogenannter Sanierungs-Geschäftsführer gemeinsam mit meinem Geschäftsführungs-Kollegen Matthias Herold neu aufzustellen«, erklärte er auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Sangerhausen. Ziel sei es, »die Existenz von Mifa und möglichst vieler Arbeitsplätze hier am Standort Sangerhausen langfristig zu sichern«.
Firmeninhaber Heinrich von Nathusius ist gleichzeitig (und wie bereits berichtet) aus der Geschäftsführung ausgetreten. Dies ist laut Voigt-Salus »in der aktuellen Situation ein Schritt, der sich in der Vergangenheit vielfach bewährt hat: Wenn ein Unternehmen saniert werden muss, beauftragen die Gesellschafter einen Sanierungsexperten, der über die dafür nötige Erfahrung verfügt, und treten selbst in den Hintergrund.«
Wie der Sanierungs-Geschäftsführer weiter erklärte, habe er gestern im Namen der Mifa den (Insolvenz-)Antrag auf Eigenverwaltung beim Amtsgericht Halle gestellt. Die Übergabe der Unternehmensführung an einen Sanierungs-Spezialisten sei dabei eine wichtige Voraussetzung. Entsprechend habe das Gericht »heute morgen diesem Antrag stattgegeben«. Dies sei – so Joachim Voigt-Salus – »ein klarer Vertrauensbeweis in die Pläne der Gesellschafter zur Restrukturierung von Mifa«.
Eigenverwaltung heißt auch, dass neben der weiteren unternehmerischen Verantwortung in den Händen der Geschäftsführung auch seitens des Insolvenzgerichts kein (vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt wird, sondern ein (vorläufiger) Sachverwalter (Anmerkung: Gegenüber dem RadMarkt sprach das zuständige Amtsgericht Halle gestern von einem »Gutachter«, meinte wohl aber auch »Sachverwalter«). Dieser achtet während des laufenden Verfahrens darauf, dass die Interessen der Gläubiger wahrgenommen werden.
Zum vorläufigen Sachwalter hat das Gericht Prof. Dr. Lucas F. Flöther bestellt, der die Mifa bestens kennt. O-Ton Voigt-Salus: »Ich bin sehr froh über diese Entscheidung. Prof. Flöther ist nicht nur einer der profiliertesten deutschen Insolvenzrechts-Experten. Zudem kennt er Mifa und die Beteiligten bereits sehr gut aus dem Insolvenzverfahren, das der Übernahme durch die Familie von Nathusius voranging.« Bei der Mifa-Insolvenz 2014 war Prof. Flöther als vorläufiger Insolvenzverwalter im Einsatz. Unter seiner Aufsicht wurde die Übernahme und Rettung der Mifa seitens der Unternehmer-Familie von Nathusius eingetütet.
Was Sanierungs-Geschäftsführer Joachim Voigt-Salus vor allem wichtig ist: »Lassen Sie mich zunächst betonen, dass wir den Geschäftsbetrieb von Mifa in vollem Umfang fortführen wollen. Wir haben dazu bereits Kontakt mit unseren wichtigsten Gläubigern, Lieferanten und Kunden aufgenommen. Alle haben uns ihre volle Unterstützung bei der Restrukturierung von Mifa zugesagt.«
Was die rund 520 Mifa-Mitarbeiter betrifft (für die die gestrige Insolvenz ziemlich überraschend gekommen sei soll), haben man diese »heute Vormittag ausführlich über das Eigenverwaltungs-Verfahren und die weiteren Schritte unterrichtet«. Sie hätten sehr gefasst und sachlich reagiert: »Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Belegschaft zu 100 Prozent hinter Mifa steht und sich mit vollem Engagement für die Neuaufstellung unseres Unternehmens einsetzt. Dafür möchte ich unseren Mitarbeitern an dieser Stelle aufrichtig danken.«
Durch die Insolvenz in Eigenverwaltung sind (wie bereits vom RadMarkt berichtet) auch die Löhne und Gehälter aller Beschäftigten für drei Monate über das Insolvenzgeld gesichert. Zudem hat Voigt-Salus und sein Team die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes eingeleitet, »damit die fälligen Entgeltzahlungen schnellstmöglich angewiesen werden können. Auch unsere Auszubildenden können ihre Ausbildung fortsetzen.«
Als Grund für die aktuelle Misere und Insolvenz – kurz nachdem die ersten Fahrräder am 23. Dezember aus der neuen Fabrik rollten – seien Umsätze, die in den letzten Monaten hinter den Planungen zurück lagen. Hinzu kam, dass in Herbst und Winter marktbedingt kaum Fahrräder gekauft werden. Zugleich müssten aber nun die Teile beschafft werden, die für den Anlauf der Produktion zum Frühjahrsgeschäft benötigt werden.
Dazu Voigt-Salus: »Angesichts der enormen Investitionen, die bereits getätigt wurden, und den hohen Umzugskosten hier ins neue Werk reichte deshalb die vorhandene Liquidität für einen geordneten Geschäftsbetrieb nicht mehr aus. Das nun beginnende Eigenverwaltungsverfahren war deshalb für Mifa der logische und richtige Schritt, um die Handlungsfähigkeit zurück zu gewinnen.«
In den kommenden Wochen werde man in Gesprächen mit Gläubigern und Gesellschaftern prüfen, welche Optionen zur Sanierung von Mifa infrage kommen. Vorrangig würde dabei die Möglichkeit eines Insolvenzplanes erörtert – also »den Erhalt der Mifa-Bike GmbH auf der Grundlage eines Vergleichs mit den Gläubigern«.
Des Weiteren habe die Familie von Nathusius bereits zugesagt, die Sanierung von Mifa im Eigenverwaltungsverfahren durch frisches Kapital in Millionenhöhe zu unterstützen. Denn wenn die Gesellschafter bereit sind, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, sind laut Voigt-Salus „in aller Regel auch die Gläubiger um so mehr zur Kooperation bereit«. Somit sieht der von Heinrich von Nathusius eingesetzte Sanierungs-Geschäftsführer »gute Chancen, dass hier bei Mifa hier am Standort Sangerhausen nach Abschluss der Sanierung weiter Fahrräder produziert werden«.
Text: Jo Beckendorff, Foto: Mifa-Bike